a) Vergütung – weitere Vergütung

 

Rz. 90

Der Anwalt erhält die Vergütung nach der Tabelle zu § 49 RVG und die weitere Vergütung im Sinne einer Aufstockung auf die Gebühren gem. § 13 RVG nach § 50 RVG. Die Verfahrenskostenhilfegebühren entsprechen den Gebühren des § 13 RVG bis zu einem Verfahrenswert von 4.000,00 EUR, bleiben dann deutlich hinter diesen Gebühren zurück und steigen bei einem Verfahrenswert von mehr als 30.000,00 EUR gar nicht mehr.[93] Die weitere Vergütung kommt in Betracht, wenn entweder von Anfang an Verfahrenskostenhilfe gegen Raten bewilligt war oder die ratenfreie Verfahrenskostenhilfe während des Verfahrens oder im Laufe der 48 Monate nach Beendigung des Verfahrens in eine Verfahrenskostenhilfe mit Raten umgewandelt wurde oder Leistungen aus dem Vermögen zu erbringen waren (z.B. weil die bedürftige Partei eine größere Summe aus dem Zugewinnausgleich erstritten hat). (Zur Anrechnung von Zahlungen, die der Rechtsanwalt erhalten hat, vgl. Rdn 111 ff.)

[93] Bei mehreren Auftraggebern wird sowohl, wenn mehrere Gegenstände geltend gemacht sind als auch wenn es nur ein gemeinsamer Gegenstand ist, Nr. 1008 VV RVG mit der jeweils günstigeren Lösung analog angewandt, Einzelheiten bei AnwK-RVG/Fölsch, § 49 Rn 15; vgl. auch BGH JurBüro 1981, 1658.

b) Die einzelnen Gebühren

aa) Gebühren im (hier) anhängigen Verfahren

 

Rz. 91

Ist Verfahrenskostenhilfe für das Verfahren bewilligt, erstattet die Staatskasse im Rahmen dieser Bewilligung die Verfahrensgebühr, Terminsgebühr und ggf. Einigungsgebühr. Es kommt weder für die Terminsgebühr noch für die Einigungsgebühr darauf an, ob der Tatbestand dieser Gebühren vor Gericht oder außerhalb des Gerichts verwirklicht wurde.

 

Rz. 92

Der Gesetzgeber hat eine Terminsgebühr (auch) ohne Gericht geschaffen (Vorb. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV RVG). Wird ein Gespräch zur Erledigung oder Vermeidung[94] außerhalb des Gerichts geführt, ist die Terminsgebühr aus der Staatskasse zu erstatten. Es muss nur das Entstehen glaubhaft gemacht werden (§ 55 Abs. 5 RVG). Die beiderseitige Erklärung der Anwälte, ein solches Gespräch geführt zu haben, ist, wenn sie in einem Gerichtstermin abgegeben wird, im Protokoll festzuhalten. Sonst empfiehlt sich die beiderseitige schriftliche Bestätigung.

Auch eine Einigung muss nicht vor Gericht abgeschlossen werden.[95]

[94] "Zur Vermeidung" ist ein solches Gespräch denkbar, wenn zunächst noch kein Antrag auf das Hauptverfahren eingereicht war, sondern nur die Verfahrenskostenhilfe bewilligt ist und in diesem Zeitpunkt versucht wird, das Hauptsacheverfahren zu verhindern.
[95] Heute unstreitig, Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, § 48 RVG Rn 129 ff.

bb) Der Mehrvergleich außerhalb § 48 Abs. 3 RVG

 

Rz. 93

Mehrvergleiche werden auch außerhalb der Reichweite von § 48 Abs. 3 RVG abgeschlossen. Wird z.B. im Ehescheidungsverfahren der Trennungsunterhalt vergleichsweise geregelt, ist das ein Vertrag i.S.d. § 48 Abs. 3 RVG. Die Vergütung der Anwaltsgebühren erfolgt ohne ausdrücklichen Antrag und ohne Bewilligung. Wird dagegen im Verfahren über den Trennungsunterhalt der nacheheliche Unterhalt verglichen, ist dies kein Fall des § 48 Abs. 3 RVG, ebenso wenig, wenn im Scheidungstermin eine Einigung über die Beendigung des Ehegattenarbeitsverhältnisses getroffen wird. Für diese Mehrvergleiche erhält der Anwalt Gebühren aus der Staatskasse nur dann,[96] wenn die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe für den Trennungsunterhaltsprozess/den arbeitsrechtlichen Streit auf diesen Mehrvergleich erstreckt wird[97] (die Beiordnung braucht nicht eigens beantragt werden, wenn Vertretung durch den Anwalt geboten ist, § 114 Abs. 1 FamFG, wohl aber die Bewilligung!).

Der Anwalt darf also auf keinen Fall versäumen, noch vor Vergleichsabschluss den Antrag auf Erweiterung der Verfahrenskostenhilfe zu stellen.[98]

 

Rz. 94

Es war streitig, welche Gebühren bei welcher Formulierung der Bewilligung und Beiordnung erstattungspflichtig sind.[99] Es ist nicht abzusehen, ob die Änderung des § 48 Abs. 3 RVG dazu führt, dass auch bei den Mehrvergleichen außerhalb des § 48 Abs. 3 RVG die Gebühren komplett erstattet werden. Müller-Rabe[100] begründet ausführlich, dass die neue Fassung des § 48 Abs. 3 RVG auch für den Mehrvergleich außerhalb der Reichweite des § 48 Abs. 3 RVG und für die Einigung im VKH-Bewilligungsverfahren gilt.[101] Dem kann nur zugestimmt werden. Es ist aber bis zur Klärung weiterhin auf eine unzweideutige Formulierung zu achten.[102]

 

Rz. 95

Solange mit Anwendung der bisherigen Rechtsprechung gerechnet werden muss, gilt Folgendes:

Die 0,8 Verfahrensgebühr als notwendige Begleitgebühr (Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG) wird nach entsprechender Antragstellung erstattet. Die Erstattungsfähigkeit der 1,2 Terminsgebühr (Vorb. 3 Abs. 3, Nr. 3104 VV RVG) hängt vom Wortlaut des Beschlusses ab, mit dem die Bewilligung und ggf. Beiordnung erstreckt wurde.[103] Vorgeschlagen wird,[104] zu beantragen, die "Beiordnung für nicht anhängige mitverglichene Gegenstände". Denkbar wäre auch, die Formulierung des neu gefassten § 48 Abs. 3 zu übernehmen und zu beantragen eine "Beiordnung für alle zur Herbeiführung der Einigung erforderlichen Tätigkeiten" oder "die Verfahrenskos...

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