aa) Beratung und Unterstützung bei der Personensorge sowie Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen (§ 18 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4 SGB VIII)

 

Rz. 23

§ 18 Abs. 1 SGB VIII sieht kostenfreie Unterstützungsleistungen für alleinerziehende Elternteile sowohl bei der Ausübung der Personensorge als auch der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen der von ihnen betreuten Kinder vor (Abs. 1 Nr. 1). Ferner ist eine Unterstützung bei der außergerichtlichen Umsetzung von eigenen Unterhaltsansprüchen nach § 1615l BGB vorgesehen (Abs. 1 Nr. 2). Durch den Gesetzestext wird dabei klargestellt, das Leistungsadressaten hier allein Mütter und Väter sein können und damit – abweichend von den §§ 16, 17 SGB VIII – sonstige Personen ausgeschlossen sind.

 

Rz. 24

Entscheidend für die Leistungsberechtigung nach Abs. 1 Nr. 1 ist die rechtliche Alleinsorge (z.B. gem. § 1671 BGB) oder die tatsächliche Sorge, d.h. die faktisch allein ausgeübte Sorge eines Elternteils. Dieser Elternteil hat Anspruch auf Beratung und Unterstützung zu Fragen der tatsächlichen und rechtlichen Ausübung der Personensorge. Darüber hinausgehend kann er eine Beratung und Unterstützung bei der Umsetzung von Unterhalts- oder Unterhaltsersatzansprüchen (z.B. § 7 UVG, § 94 SGB XII, §§ 38 ff. BVG, § 48 SGB VI, § 844 BGB) des von ihm betreuten Kindes geltend machen. Im Zuge der Beratung muss das Jugendamt auf die Möglichkeit der Einrichtung einer Beistandschaft nach § 1712 BGB verweisen.[102] Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass – in Abgrenzung zu den Leistungen nach den §§ 16, 17 SGB VIII – in § 18 SGB VIII ein verbindlicher Rechtsanspruch verankert ist, der gegebenenfalls auch gerichtlich durchgesetzt werden kann. Daneben können im Fall der fehlerhaften Beratung, insbesondere bei der Umsetzung von Unterhaltsansprüchen – Schadensersatzansprüche aus Amtshaftung (Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB) drohen. (Vgl. hierzu auch Rdn 11).[103]

 

Rz. 25

Nicht verheiratete Elternteile können nach Abs. 2 eine kostenfreie Beratung und Unterstützung im Zusammenhang mit der Abgabe einer Sorgeerklärung in Anspruch nehmen, wobei im Zuge der Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern (vgl. hierzu § 1 Rdn 36 ff.) nunmehr auch über die Möglichkeiten der gerichtlichen Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge beraten werden soll.

 

Rz. 26

Bei der Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen sieht § 18 Abs. 4 SGB VIII eine ebenfalls kostenfreie Beratung und Unterstützung junger Volljähriger bis zu deren vollendetem 21. Lebensjahr vor. Mit dieser Unterstützung soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass diese Personengruppe in der Regel nicht über die notwendigen Informationen verfügt, welche Ansprüche ihnen zustehen und wie diese umgesetzt werden können. Daneben stehen aber auch sog. privilegiert Volljährige im Sinn des § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB Minderjährigen in ihrer Schutzbedürftigkeit gleich, so dass sich die Anpassung der für Minderjährige bestehenden Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten auch für junge Volljährige rechtfertigt.

[102] Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, § 18, Rn 15.

bb) Beratung und Unterstützung bei der Ausübung des Umgangsrechts (§ 18 Abs. 3 SGB VIII)

(1) Beratungs- und Unterstützungsanspruch von Kindern und Jugendlichen

 

Rz. 27

§ 18 Abs. 3 SGB VIII sieht Beratungs- und konkrete Unterstützungsleistungen der Jugendhilfe im Zusammenhang mit Umgangskontakten vor, wobei sich dieses Angebot nach dem Gesetzeswortlaut primär an Kinder und Jugendliche richtet (§ 18 Abs. 3 S. 1 SGB VIII). Dieses Leistungsangebot ist im Zusammenhang mit dem für Minderjährige gesetzlich verankerten höchstpersönlichen Recht auf Umgang mit dem nicht betreuenden Elternteil gem. § 1684 Abs. 1 BGB zu sehen (vgl. hierzu § 2 Rdn 8 ff.). Da im Zusammenhang mit einer Trennung oder Scheidung der Eltern leider häufig gerade der Umgangskontakt als Spielfeld nicht gelöster Probleme auf der Elternebene genutzt oder sogar missbraucht wird – in eindeutigem Verstoß gegen die Wohlverhaltenspflicht nach § 1684 Abs. 2 BGB (siehe dazu § 2 Rdn 33 ff.) – macht das Angebot der Jugendhilfe nur dann Sinn, wenn das Kind oder der Jugendliche die Möglichkeiten der Beratung und Unterstützung – unabhängig von seinem Alter und seiner Einsichtsfähigkeit[104] – in Anspruch nehmen kann, ohne dass der betreuende Elternteil mitwirken muss und insbesondere hiervon zunächst Kenntnis erlangt. In diesem Sinn ist auch die Regelung des § 18 Abs. 3 SGB VIII ausgestaltet. Diese Struktur korrespondiert mit der seit dem BKiSchG geltenden Fassung von § 8 Abs. 3 SGB VIII. Danach haben Kinder und Jugendliche Anspruch auf eine Beratung ohne Kenntnis des Personensorgeberechtigten, wenn die Beratung aufgrund einer Not- und Konfliktlage erforderlich ist und solange durch die Mitteilung an den Personensorgeberechtigen der Beratungszweck vereitelt würde. Zwar wurde diese Fassung des § 8 Abs. 3 SGB VIII primär vor dem Hintergrund eines stärkeren Schutzes vor sexuellem Kindesmissbrauch veranlasst,[105] doch bringt sie sehr deutlich die Zielsetzung zum Ausdruck, dass das Kind einen ausdrücklichen Anspruch auf den staatlichen Schutzauftrag nach Art. 6 Abs. 2 S. 2 i.V.m. Art. 1, 2 GG hat. Auch wenn aus Art. 6 Abs. 2 GG für die Eltern ein Informa...

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