Leitsatz (amtlich)

Der Träger des Jugendamtes haftet, wenn er es unterlässt, im Rahmen einer Beistandschaft gegenüber dem Unterhaltspflichtigen einen seinem Einkommen entsprechenden Unterhalt durchzusetzen und entsprechende Ermittlungen durchzuführen. Der Schadensersatzanspruch des Unterhaltsberechtigten beginnt erst mit dem Ende der Beistandschaft zu verjähren.

 

Normenkette

BGB §§ 207, 839, 1712, 1833

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 26.08.2010; Aktenzeichen 4 O 129/07)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 26.8.2010 verkündete Urteil des LG Saarbrücken (4 O 129/07) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

"1. Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger 27.232,34 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.2.2007 zu zahlen.

2. Der Beklagte zu 1) wird weiter verurteilt, an den Kläger außergerichtlich entstandene Kosten i.H.v. 1.196,43 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.11.2008 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen."

Die weitergehende Berufung des Beklagten zu 1) und die Berufung des Klägers werden zurückgewiesen.

II. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen der Kläger zu 71 % und der Beklagte zu 1) zu 29 %. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) tragen der Kläger zu 43 % und der Beklagte zu 1) zu 57 %. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) alleine.

III. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Schuldner darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht der jeweilige Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Der am ... geborene Kläger ist der Sohn der Zeugin ... und des Zeugen ..., die nicht miteinander verheiratet waren.

Mit Schreiben vom 18.4.1986 wies das Jugendamt des beklagten LKs die Kindesmutter darauf hin, dass kraft Gesetzes Amtspflegschaft bestehe. Die Amtspflegschaft wurde ab dem Jahr 1998 als Beistandschaft fortgeführt, weil ihre Beendigung nicht beantragt worden war. Der Zeuge ... erkannte am 27.5.1986 gegenüber dem Kreisjugendamt in öffentlicher Urkunde die Vaterschaft an und verpflichtete sich zu Unterhaltszahlungen von 215,- DM bis zum 6. Lebensjahr, von 265,- DM bis zum 12. Lebensjahr und von 320,- DM bis zum 18. Lebensjahr.

Aus der beigezogenen Verwaltungsakte ergibt sich, dass am 17.7.1986 beim Arbeitsgeber des Zeugen ..., den damaligen ... AG, eine Verdienstbescheinigung für den Zeitraum vom 1.10.19985 bis zum 31.3.1986 angefordert wurde, die am 25.7.1986 erteilt wurde.

Am 5.12.1988 wurde auf Grund einer Änderung der Regelbedarfsverordnung der Unterhalt für die vorgenannten Altersstufen auf 226,- DM, 279,- DM und 335,- DM festgesetzt (Bl. 63 d.A.).

Am 2.6.1982 stimmte der Kindesvater der Neufestsetzung des Unterhalts auf Grund von Änderungen des Bundeskindergeldgesetzes für die Zeit bis zum 12. Lebensjahr auf 318,- DM und für die Zeit bis zum 18. Lebensjahr auf 383,- DM zu (Bl. 64 d.A.).

Am 25.1.1993 wurde erneut bei den ...-werken nach dem Verdienst des Zeugen ... nachgefragt. Die Verdienstbescheinigung wurde am 10.2.1992 erteilt.

Das AG ... erließ am 23.8.1993 auf Antrag des Kreisjugendamtes vom 6.7.1993 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen den Kindsvater auf Grund mehrfach angemahnter Unterhaltsrückstände aus der Zeit vom 4.4.1986 bis zum 30.6.1993. Dem Antrag war ausweislich einer Gesprächsnotiz vom 28.4.1993 eine Besprechung mit der Kindsmutter vorangegangen. In diesem Gespräch bestand diese bei nicht regelmäßiger Abtragung des Rückstandes von 972,59 DM auf Lohnpfändung. Der Rückstand war am 11.7.1994 zurückgeführt.

Am 13.10.1993 wurde erneut eine Verdienstbescheinigung angefordert, die am 21.10.1993 erteilt wurde.

Am 12.12.1995 verpflichtete sich der Zeuge ... gegenüber dem Kreisjugendamt zur Zahlung eines Unterhaltsbetrags von 324,- DM bis zum 12. Lebensjahr und von 402,- DM bis zum 18. Lebensjahr (Bl. 65 d.A.).

Am 24.1.1997 verpflichtete sich der Zeuge ... zur Zahlung eines Unterhaltsbetrags von 314,- DM bis zum 12. Lebensjahr und von 392,- DM bis zum 18. Lebensjahr (Bl. 66 d.A.).

Zum 1.7.1999 wurde der Unterhaltsbetrag auf 385,- DM festgesetzt. Mit Urkunde vom 19.12.2000 verpflichtete sich der Zeuge ... zur Zahlung von Unterhalt i.H.v. 510 DM (Bl. 68 d.A.).

Ab dem 1.1.2002 wurde der Unterhalt auf 269,- EUR festgesetzt und ab dem 1.7.2003 auf 284,- EUR.

Die Beistandschaft wurde bis zur Beendigung der Schulausbildung des Klägers im August 2005 fortgeführt.

Das AG ... sprach dem Kläger mit Urteil vom 16.2.2007 für den Zeitraum vom 1.7.2005 bis zum 28.2.2006 einen Unterhaltsrückstand von 2.169,- EUR zu, wobei es von einem Monatsbetrag von 478,- EUR ausging, den es dem Kläger ab dem 1.3.2006 weiterhin zusprach.

Der Kläger hat Schadensersatzansprüche mit der Behauptung geltend gemacht, dass der Beklagte zu 1) - der Beklagte zu...

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