Rz. 96

Bei den im Verbund stehenden Verfahren kann es sich regelmäßig nur um den Ausgleich bei der Scheidung betreffende Verfahren handeln, weil nur dieser bereits zwingend im Scheidungsverfahren durchzuführen ist (Verfahren nach §§ 10 bis 17 VersAusglG).

 

Rz. 97

Der Ausgleich nach der Scheidung (§§ 20 bis 26 VersAusglG) findet dagegen erst nach dem Eintritt des Versorgungsfalles aufseiten des Versorgungsberechtigten und dem Eintritt ähnlicher ­Voraussetzungen aufseiten des Ausgleichsberechtigten statt (§ 20 VersAusglG). Er zeichnet sich gerade dadurch aus, dass der Versorgungsausgleich noch nicht bei der Scheidung durch die Teilung der Anwartschaft intern in demselben System oder extern in einem anderen Leistungssystem ein Ausgleich stattfinden kann. Es kann deswegen nur Ausnahmekonstellationen geben, in welchen schon bei einer Scheidung die Voraussetzungen für einen Ausgleich nach der Scheidung gegeben sein werden, sodass dieser Ausgleich im Verbund mit entschieden werden kann.

 

Rz. 98

Der Versorgungsausgleich bei der Scheidung nach §§ 10 bis 17, 28 VersAusglG steht immer im Zwangsverbund; d.h. die Ehe darf grds. nicht geschieden werden, ohne dass gleichzeitig über den Versorgungsausgleich entschieden wird, selbst wenn kein dahin gehender Antrag der Eheleute gestellt wird (§ 137 Abs. 2 Satz 2 FamFG). Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Versorgungsausgleich durch Ehevertrag wirksam ausgeschlossen wurde (§§ 6 bis 8 VersAusglG). Zu beachten ist, dass es in Ausnahmefällen zu einem Zwangsverbund erst dann kommt, wenn ein Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs gestellt wurde. Das sind die Fälle des Art. 17 Abs. 3 Satz 2 EGBGB und die Fälle des Ausgleichs, wenn die Ehe nur von kurzer Dauer (unter drei Jahre) war (§ 3 Abs. 3 VersAusglG). In diesen Fällen kommt das Verfahren zwar erst durch den Antrag zustande; wenn dieser aber gestellt wurde, fällt das Verfahren zwingend in den Verbund.

 

Rz. 99

Ausnahmsweise kann es aber auch zu nicht im Verbund stehenden Verfahren über den Ausgleich bei der Scheidung kommen, nämlich, wenn der Versorgungsausgleich im Zusammenhang mit der Aufhebung einer Ehe erfolgt (§§ 1314 ff. BGB), wenn zuvor eine Scheidung im Ausland ohne Regelung des Versorgungsausgleichs erfolgt ist oder wenn im Inland geschieden wurde, ohne dass es zu einem Versorgungsausgleichsverfahren gekommen ist (Hauptfall: fehlender Antrag nach Art. 17 Abs. 3 EGBGB). Der Ausgleich nach der Scheidung (§§ 20 ff. VersAusglG, vgl. § 9 Rdn 1 ff.) ist regelmäßig ebenso ein nicht im Verbund stehendes Verfahren wie alle Verfahren über die Abänderung von Entscheidungen (§§ 225 f. FamFG) wie die Verfahren in Bezug auf die Anpassung nach Rechtskraft (§§ 33 f. VersAusglG). Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Anpassung wegen Unterhalts bereits im Verfahren über den Ausgleich bei der Scheidung verlangt wird, weil schon zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen dafür vorliegen.[22]

 

Rz. 100

Die Einbeziehung des Versorgungsausgleichs in den Verbund bedeutet v.a., dass die Versorgungsausgleichssache zusammen mit der Ehesache und den anderen Folgesachen zu verhandeln und zu entscheiden ist. Deswegen erstreckt sich auch die Verfahrenskostenhilfe für die Ehesache auf die Versorgungsausgleichssache (§ 149 FamFG). Das Verfahren in Versorgungsausgleichssachen unterliegt im Regelfall dem Anwaltszwang, soweit die Ehegatten betroffen sind (§ 114 Abs. 1 FamFG, vgl. Rdn 115 ff.) Die Entscheidung in der Versorgungsausgleichssache wird nicht wirksam, bevor die Rechtskraft in der Scheidungssache eintritt (§ 148 FamFG).

[22] OLG Karlsruhe FamRB 2016, 226 m. Anm. Kemper; OLG Hamm FamRZ 2013, 1905; OLG Köln FamRZ 2012, 1814; OLG Zweibrücken FamRZ 2012, 722, 723 f.; a.A. OLG Stuttgart FamRZ 2013, 1304; OLG Celle FamRZ 2013, 1313.

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