Rz. 1

Als dem Ausgleich bei der Scheidung subsidiäre Ausgleichsform sieht das VersAusglG in den §§ 20 ff. VersAusglG den Ausgleich nach der Scheidung vor. Diese Art des Ausgleichs findet nur statt, soweit ein Ausgleich bei der Scheidung wegen mangelnder Ausgleichsreife (§ 19 Vers­AusglG) nicht in Betracht kommt oder wenn die Ehegatten durch Vereinbarung Anrechte dem Ausgleich nach der Scheidung überlassen haben, die sonst im Ausgleich bei der Scheidung auszugleichen gewesen wären (vgl. § 6 VersAusglG). Ist der Ausgleich bei der Scheidung dagegen wegen der Geringwertigkeitsklausel in § 18 VersAusglG ausgeschlossen, findet auch ein Ausgleich nach der Scheidung nicht statt.

 

Rz. 2

Von der Struktur her hat sich am Ausgleich nach der Scheidung im Vergleich zum bisherigen Recht (dort als schuldrechtlicher Versorgungsausgleich bezeichnet, vgl. §§ 1587f ff. BGB a.F.) kaum etwas geändert. Die Ausgleichsform dient der Lückenfüllung für die Fälle, in denen ein Ausgleich bei der Scheidung nicht möglich ist. Ausgeglichen wird in diesen Fällen nicht durch die originäre Begründung von eigenständigen Anrechten des Ausgleichsberechtigten beim Versorgungsträger des Ausgleichspflichtigen oder bei einem anderen Versorgungsträger, sondern vielmehr dadurch, dass im Leistungsfall der Ausgleichspflichtige den Teil der Leistung, der dem auszugleichenden Anrecht entspricht, an den Ausgleichsberechtigten weiterleiten muss. Das kann eine Rente betreffen, sodass in diesen Fällen ein unterhaltsähnliches Dauerschuldverhältnis entsteht (vgl. § 20 VersAusglG, siehe dazu Rdn 74 ff.), aber auch eine Einmalkapitalleistung, wenn das auszugleichende Anrecht den Anspruch auf eine Einmalzahlung begründet und diese dann an den Ausgleichspflichtigen auszahlt (§ 22 VersAusglG, siehe dazu Rdn 95 ff.). Als Sicherung gegen die Zahlungsunfähigkeit des Ausgleichspflichtigen räumt das Gesetz dem Ausgleichsberechtigten einen Anspruch auf Abtretung der Ansprüche auf die laufende Versorgung ein (vgl. § 21 VersAusglG, siehe dazu Rdn 114 ff.). Dadurch entsteht aber kein eigenständiges Anrecht; die Abtretung wird vielmehr automatisch wieder unwirksam, wenn der Ausgleichspflichtige stirbt (§ 21 Abs. 4 Vers­AusglG, siehe dazu Rdn 123 ff.). Nur ausnahmsweise hat der Ausgleichsberechtigte Teil an einer Hinterbliebenenversorgung (§§ 25 f. VersAusglG, siehe dazu Rdn 175 ff.). Weil der Ausgleichsberechtigte beim Versorgungsausgleich nach der Scheidung eine nur sehr schwache Stellung hat, kann er die Abfindung seiner Ausgleichsansprüche verlangen (§ 23 VersAusglG). Die wirtschaftlichen Voraussetzungen für einen derartigen Ausgleich werden in den meisten Fällen aber nicht vorliegen.

 

Rz. 3

Die Voraussetzungen des Ausgleichs nach der Scheidung sind im Vergleich zum früheren Recht nahezu gleich geblieben: Die Versorgung des ausgleichsberechtigten Ehegatten tritt in jedem Fall erst ein, wenn der Ausgleichspflichtige selbst seine Versorgung bezieht (§ 20 Abs. 1 Satz 1 Vers­AusglG). Das setzt neben dem Erreichen der Altersgrenze v.a. voraus, dass der Ausgleichspflichtige selbst die nötigen Voraussetzungen für eine Altersversorgung erfüllt. Darauf hat der Ausgleichsberechtigte keinen Einfluss. Aufseiten des Ausgleichsberechtigten wird der Ausgleichsanspruch (mit Ausnahme des Abfindungsanspruchs) erst dann fällig, wenn der Ausgleichsberechtigte seinerseits die Voraussetzungen für den Leistungsbezug einer Versorgung wegen Alters oder Erwerbsunfähigkeit erfüllt oder selbst schon entsprechende Leistungen bezieht (vgl. § 20 Abs. 2 VersAusglG).

 

Rz. 4

Zu beachten ist, dass die Ausgleichsvoraussetzungen jeweils für jedes einzelne Anrecht erfüllt sein müssen. Das kann bedeuten, dass zwar von der einen Seite schon ein Ausgleich nach der Scheidung verlangt werden kann, von der anderen aber noch nicht oder dass der Ausgleich nach der Scheidung nicht für alle Anrechte gleichzeitig geltend gemacht werden kann.

 

Rz. 5

 

Hinweis

Der Ausgleich nach der Scheidung ist für den Ausgleichsberechtigten i.d.R. nachteiliger als ein Ausgleich bei der Scheidung, v.a., weil er nur zu einem unterhaltsähnlichen Anspruch des Berechtigten gegen den Verpflichteten führt, nicht dagegen zu einer eigenständigen sozialversicherungsrechtlichen Stellung des Berechtigten. Das wirkt sich in folgender Weise aus:

Der Ausgleichsberechtigte muss einen Antrag auf die Durchführung des Ausgleichs nach der Scheidung stellen; von Amts wegen findet dieser Ausgleich nicht statt. Wird der Antrag also vergessen, erhält der Ausgleichsberechtigte nichts.
Der Ausgleich ist abhängig vom Leistungsbezug durch den Ausgleichspflichtigen. Kommt es nicht zum Leistungsbezug, dann kommt es auch nie zum Ausgleich nach der Scheidung – und zwar unabhängig davon, ob der Leistungsbezug nur deswegen nicht stattfindet, weil der Ausgleichsberechtigte verstorben ist, weil er sich weigert, die Leistungen in Anspruch zu nehmen und deswegen keinen Antrag stellt oder weil das Anrecht zu dem Zeitpunkt, zu dem der Ausgleichspflichtige die für ihn relevante Alters...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge