Rz. 214

Die Vorsorgevollmacht ist stets widerruflich (§ 168 S. 2 BGB); als Generalvollmacht und als Vollmacht ausschließlich im Interesse des Vollmachtgebers lässt sie sich nicht als unwiderruflich gestalten (d.h. vereinbaren).[319] Der Widerruf durch den Vollmachtgeber (§§ 167 Abs. 1 BGB, 168 Abs. 1 BGB) setzt allerdings dessen Geschäftsfähigkeit voraus (bzgl. der persönlichen Angelegenheiten dürfte Einwilligungsfähigkeit ausreichen, siehe dazu Rdn 18); bei Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers kommt der Widerruf durch einen Kontrollbetreuer (§§ 1815 Abs. 3, 1820 Abs. 3 BGB) in Betracht (siehe dazu auch § 14 Rdn 20 ff.). Da sich eine Vorsorgevollmacht nicht unwiderruflich vereinbaren lässt, dürfte es nicht möglich sein, die Einrichtung einer Kontrollbetreuung – mit der Folge einer Unwiderruflichkeit der Vollmacht bei Geschäftsunfähigkeit – auszuschließen. Angesichts der Schwere des Eingriffs in das Selbstbestimmungsrecht des Vollmachtgebers – Grundsatz der Subsidiarität der Vollmacht (Rdn 13 und § 4 Rdn 2) – darf der Kontrollbetreuer die Vollmacht nur widerrufen, wenn das Festhalten an der Vollmacht eine künftige Verletzung der Person oder des Vermögens des Vollmachtgebers mit hinreichender Wahrscheinlichkeit und in erheblicher Schwere befürchten lässt und mildere Maßnahmen nicht zur Abwehr eines Schadens für den Vollmachtgeber geeignet erscheinen (§ 1820 Abs. 5 S. 1 BGB). Mit der Reform zum Vorschundschafts- und Betreuungsrecht zum 1.1.2023 bedarf der Widerruf der Genehmigung des Betreuungsgerichts (§ 1820 Abs. 5 S. 2 BGB); die "Genehmigung" muss vor dem Widerruf erteilt sein (§ 1858 BGB).[320] Seit der Reform hat das Betreuungsgericht zudem die (mildere) Möglichkeit, die Vollmacht zu "suspendieren" (§ 1820 Abs. 4 BGB).[321]

 

Rz. 215

Die Vorsorgevollmacht hat "kein Verfallsdatum"; bei Vorsorgevollmachten älteren Datums lässt sich kein zwischenzeitlicher Widerruf der Vollmacht "unterstellen".[322]

Siehe zum Widerruf bei mehreren Bevollmächtigten mit Musterbaustein Rdn 46, 47 und § 14 Rdn 26 ff.[323]

Siehe zum Widerruf der Untervollmacht Rdn 74–77.

Siehe allgemein zum Widerruf § 14.

[319] Siehe nur Limmer u.a./Müller-Engels, WürzbNotar-HdB, Teil 3 Kap. 3 Rn 40 m.w.N.
[320] Die Zuständigkeit liegt beim Richter (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 RPflG). Das Gericht hat von Amts wegen zu ermitteln, wenn der Betreuer seine Absicht erklärt hat, die Vorsorgevollmacht ganz oder teilweise widerrufen zu wollen. Der Vollmachtgeber ist vom Gericht vor der Genehmigung des Widerrufs persönlich anzuhören (§ 299 S. 1 FamFG).
[321] Zur Reform: Limmer u.a./Müller-Engels, WürzbNotar-HdB, Teil 3 Kap. 3 Rn 77; Müller-Engels, DNotZ 2021, 84; dies., FamRZ 2021, 645.
[322] Limmer u.a./Müller-Engels, WürzbNotar-HdB, Teil 3 Kap. 3 Rn 47; Müller-Engels/Braun/Renner/Braun, BetreuungsR, Kap. 2 Rn 357.
[323] Ausführlich dazu Renner, ZNotP 2004, 388.

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