Rz. 12

Die Vorsorgevollmacht hat sich zu einem Rechtsinstitut entwickelt. Die Vorsorgevollmacht wird insbes. mit der Patientenverfügung und der Betreuungsverfügung unter dem Begriff der Vorsorgeverfügungen zusammengefasst.[39] Das Recht der Vorsorgeverfügungen kann aufgrund seiner praktischen Bedeutung und besonderen Behandlung in Rechtsprechung und Literatur als besonderes Rechtsgebiet betrachtet werden. Der Begriff der Vorsorgevollmacht dürfte auf Müller-Freienfels zurückgehen (1982), der wohl als erster von einer sog. Altersvorsorge-Vollmacht sprach.[40] Die Bezeichnung "Altersvorsorge-Vollmacht" greift mittlerweile zu kurz. Der allgemeine Begriff der Vorsorgevollmacht ist mittlerweile im Gesetz fest "verankert" (siehe nach der Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts zum 1.1.2023 insbes. § 1820 BGB).[41] Eine Legaldefinition der Vorsorgevollmacht gibt es nicht.[42] Unter einer Vorsorgevollmacht wird heute i.d.R. eine umfassende Vollmacht verstanden, die im Hinblick auf eine künftige Geschäftsunfähigkeit oder Betreuungsbedürftigkeit als Generalvollmacht in Vermögensangelegenheiten und in persönlichen Angelegenheiten (insbes. Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung/Unterbringung) erteilt wird. Die Vorsorgevollmacht dient "insbesondere" der Vermeidung der Einrichtung einer Betreuung; siehe § 1 Abs. 2 in Grundmuster I (Rdn 8) und Grundmuster II (Rdn 9).[43]

 

Rz. 13

Zum Erfordernis einer Betreuung bzw. zum Grundsatz der Subsidiarität der Betreuung gegenüber der (Vorsorge-)Vollmacht siehe § 4 Rdn 2.

 

Rz. 14

Vielfach soll die "Vorsorgevollmacht" als Generalvollmacht auch außerhalb des Vorsorgefalles Verwendung finden. Mitunter tritt die Motivation der Vorsorge sogar in den Hintergrund (siehe Rdn 84).

[39] Siehe z.B. Lipp, Handbuch der Vorsorgeverfügungen, 2009; Müller-Engels/Braun, Betreuungsrecht und Vorsorgeverfügungen in der Praxis, 6. Aufl. 2022; Limmer u.a./Müller-Engels, WürzbNotar-HdB, Teil 3 Kap. 3.
[40] Lipp/Lipp, Vorsorgeverfügungen, § 1 Rn 3 (Fn 4) mit Hinweis auf Müller-Freienfels, Festschrift für Coing, Bd. II, 1982, S. 395 ff.; Lipp/Spalckhaver, Vorsorgeverfügungen, § 8 Rn 1.
[41] Der Begriff der Vorsorgevollmacht war bereits vor der Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts zum 1.1.2023 im Gesetz fest verankert, siehe im BGB § 1908f Abs. 1 Nr. 2a BGB a.F. mit Wirkung vom 1.1.1999, § 1908f Abs. 4 BGB a.F. mit Wirkung vom 1.7.2005 und § 1901c BGB a.F. mit Wirkung vom 1.9.2009. Siehe neben dem BGB § 4 Abs. 1 BtBG und § 6 Abs. 2 BtBG sowie § 278 Abs. 2 S. 2 BGB und § 285 FamFG a.F. Siehe dazu 1. Auflage 2020, § 1 Rn 12.
[42] Müller-Engels/Braun/Renner/Braun, BetreuungsR, Kap. 2 Rn 589; Limmer u.a./Müller-Engels, WürzbNotar-HdB, Teil 3 Kap. 3 Rn 9.

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