Kompetenztransfer von älteren zu jüngeren Arbeitnehmenden

16 Millionen Erwerbtätige werden bis 2035 in Rente gehen. Ein systematischer Kompetenztransfer zwischen älteren und jüngeren Arbeitnehmenden kann dazu beitragen, dem Wissensverlust im Unternehmen entgegenzuwirken und den Unternehmenserfolg nachhaltig zu steigern. Dieser Beitrag zeigt sechs Wege auf.

Ältere Arbeitnehmende haben in Unternehmen sehr viel Potenzial. Sie kennen das jeweilige Unternehmen wie ihre Westentasche, manche von ihnen können sogar auf eine regelrechte Geschichte zurückgreifen, denn viele sind bereits seit Ausbildungsbeginn in bestimmten Unternehmen beschäftigt. Sie haben oft etliche Führungswechsel und Umstrukturierungen miterlebt. Ohne Frage handelt es sich dabei um Fachkräfte, die nicht nur auf eine langjährige Erfahrung zurückblicken können, sondern auch Kompetenzen und Expertise in hohem Maße besitzen.

Drohender Know-how-Verlust durch Renteneintritt der Babyboomer

Was aber geschieht, wenn diese langjährigen Arbeitnehmenden in Rente gehen? Dann geht wertvolle Expertise verloren. Laut Prognosen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) werden bis 2035 rund 16 Millionen "Babyboomer" aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Deshalb sollten Unternehmen rechtzeitig dafür sorgen, dass das Wissen und die Erfahrungen dieser Menschen an jüngere Arbeitnehmende weitergegeben werden. Der systematisches Kompetenzmanagement sowie der gezielte Kompetenztransfer von älteren zu jüngeren Mitarbeitenden bietet die große Chance, langjährige Berufserfahrung an nachfolgende Generationen weiterzugeben.

1. Kompetenztransfer durch Projektarbeiten

Die Projektarbeit bietet eine gute Möglichkeit, den Kompetenztransfer sinnvoll zu gestalten. In diesem Fall bilden jüngere Mitarbeitende mit den älteren zusammen eine Einheit in einem Projekt. Durch die enge Zusammenarbeit können gemeinsam Lösungen entwickelt werden und die jüngeren Arbeitnehmenden profitieren von der fundierten Erfahrung der älteren Arbeitnehmenden. Auf diese Weise können nicht nur fachliche Expertise übertragen werden, sondern auch überfachliche Kompetenzen.

2. Metoring und Reverse Mentoring als effektive Mittel zum Kompetenztransfer

Eine weitere Möglichkeit, die sich vor allem für neue Arbeitnehmende und Berufseinsteiger eignet, ist das Mentoring. Idealerweise besitzen Mentorinnen und Mentoren herausragende soziale Kompetenzen wie Empathie, können aktiv zuhören und es gelingt ihnen, die Stärken ihrer Mentees ausfindig zu machen und das Entwicklungspotenzial zu erkennen. In Mentoring-Programmen werden Mentees von älteren Arbeitnehmenden angeleitet und in das Unternehmen integriert. Der Kompetenztransfer kann auch in umgekehrter Weise erfolgen (Reverse Mentoring). Hierbei profitieren ältere Arbeitnehmenden von dem aktuellen Wissen der jüngeren Arbeitnehmenden.

3. Kompetenztransfer durch Job-Tandems und Jobsharing

Beim Jobsharing (auch Job-Tandem genannt) wird eine Vollzeitstelle unter zwei Mitarbeitenden aufgeteilt – eine Variante, die nicht nur den Arbeitnehmenden, sondern auch dem Unternehmen zugutekommt: die Hälfte der Arbeitszeit für jeden, dafür aber mit doppelter Kompetenz. Im Gegensatz zur traditionellen Teilzeitarbeit zeichnet sich das Job-Tandem oder Jobsharing dadurch aus, dass die Beschäftigten miteinander kommunizieren und sich gegenseitig über anstehende Aufgaben informieren. Auch die Arbeitszeiten werden zwischen den Beschäftigten abgestimmt. Beim Jobsharing können jüngere Mitarbeitende von den Kenntnissen der älteren Mitarbeitenden sowohl auf fachlicher als auch auf organisatorischer Ebene profitieren. Durch den intensiven Austausch findet ein kontinuierlicher Lernprozess statt.

4. Working out Loud (WOL): Kompetenztransfer jenseits von Hierarchien

Working out loud (WOL) ist eine von John Stepper entwickelte Methode zum selbstorganisierten Lernen. Dabei treffen sich vier bis fünf Personen (ein so genannter WOL-Circle) zwölf Wochen lang regelmäßig und arbeiten gemeinsam an individuellen Lernzielen. Es geht darum, die eigene Arbeit sichtbar zu machen, Wissen zu teilen und Netzwerke innerhalb des Unternehmens aufzubauen – jenseits von Abteilungen und Hierarchien. Jüngere Arbeitnehmende profitieren von Älteren (und umgekehrt), indem sie beobachten und dabei lernen, wie Kolleginnen und Kollegen an eine Aufgabe herangehen und wie deren Denkprozesse zur Lösungsfindung ablaufen.

5. Job-Shadowing: Orientierung beim (internen) Stellenwechsel

Job-Shadowing, wörtlich übersetzt "Arbeitsplatzbeschattung", ist eine Methode zur Personalentwicklung und beruflichen Orientierung (zum Beispiel bei einem Jobwechsel innerhalb des Unternehmens). Die an einem Job interessierte Person begleitet dabei einige Zeit eine erfahrenenMitarbeiterin oder Mitarbeiter im Arbeitsalltag. So kann er oder sie Arbeitsabläufe, Interaktionen und den Tagesablauf genau beobachten und sich ein Bild von den mit dem Job verbundenen Anforderungen und Arbeitsumgebungen machen. Der erfahrenere Mitarbeitende übernimmt die Rolle eines Coaches. Job-Shadowing kann einmalig erfolgen oder Teil einer längerfristigen Mentoring-Beziehung sein.

Job-Shadowing kann auch dazu genutzt werden, um von anderen Unternehmensbereichen zu lernen, die Arbeitsabläufe in der anderen Abteilung besser zu verstehen und die Zusammenarbeit zu verbessern. Es kommt zu einem Erfahrungs- und Ideenaustausch und die Beziehungen zwischen den Mitarbeitenden unterschiedlicher Abteilungen verbessern sich.

Job-Shadowing wird auf jeder Stufe von Unternehmen und in allen Bereichen eingesetzt. Nachwuchsführungskräfte profitieren ebenso wie Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger. Moderne digitale Kommunikationstools ermöglichen es sogar, im Homeoffice den Bildschirm des beschatteten Mitarbeitenden zu teilen, ohne seine oder ihre Privatsphäre zu verletzen.

6. Gemeinsame Teilnahme an Weiter- und Fortbildungen schließt Generationenlücke

Auch Schulungs- und Entwicklungsprogramme tragen dazu bei, die Generationslücke zu schließen. Jüngere Arbeitnehmende profitieren hier in besonderem Maße von den älteren Arbeitnehmenden, wenn die Weiterbildungen gemeinsam absolviert werden. Für neue Mitarbeitende sind Themen zu Beginn teilweise sehr komplex und schwer zu durchschauen. Werden die Fortbildungen gemeinsam absolviert, können ältere Arbeitnehmende ihre jüngeren Kolleginnen und Kollegen entsprechend unterstützen, so dass diese sich besser in ihrem Aufgabengebiet zurecht finden und das in den Fortbildungskursen Gelernte im Anschluss auch effizienter umsetzen können. Auf der anderen Seite profitieren natürlich auch die älteren Arbeitnehmenden von diesen Maßnahmen. Denn gerade junge Arbeitnehmende bringen durch ihr Studium die neusten Erkenntnisse aus ihrem Fachgebiet mit und können diese aktuelle Fachwissen an die ältere Generation übertragen. So profitieren beide voneinander und können gegenseitig ihre Qualitäten ausbauen.

Fazit: Wissen festhalten und Generationenvielfalt nutzen

Bei allen Wegen des Kompetenztransfers sollte eine Komponente nicht fehlen: Das Wissen sollte festgehalten werden, damit es mit dem Weggang von Arbeitnehmenden nicht verloren geht. Denn nicht nur ältere Arbeitnehmende können in Rente gehen, sondern auch die jüngere Generation kann sich jederzeit für einen Stellenwechsel entscheiden. Die Vielfalt der Generationen ist eine Stärke, die Unternehmen sich zunutze machen sollten. Durch die Förderung der generationsübergreifenden Zusammenarbeit und Kommunikation können Unternehmen ein Umfeld schaffen, in dem alle voneinander lernen können. Dadurch wird nicht nur der Kompetenztransfer zwischen den Generationen verbessert, sondern der Arbeitsplatz wird auch für alle angenehmer und produktiver.

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