Jobsharing: So funktioniert der Trend zum Teilen
Die einen halten Jobsharing für ein überhyptes New-Work-Thema, die anderen für ein Mutti-Modell. Aber Jobsharing kann mehr sein als ein nettes Teilzeit-Goodie – und als handfestes HR-Instrument eingesetzt werden. Während der Corona-Pandemie hat Jobsharing die Nische verlassen und sich mehr und mehr etabliert. Durch strategische Tandemkonstellationen und Zeitmodelle entstehen echte Mehrwerte für Arbeitgeber und Beschäftigte.
Definition: Was ist Jobsharing?
Jobsharing (auch: Arbeitsplatzteilung) ist ein flexibles Arbeitszeitmodell, bei dem sich zwei oder mehr Arbeitnehmende mindestens eine Vollzeitstelle teilen. In der Regel wird der Begriff Jobsharing verwendet, wenn ein Tandem sich die Verantwortung und Aufgaben einer anspruchsvollen Fachfunktion oder eine Führungsposition teilt. Damit grenzt sich Jobsharing auch von klassischer Teilzeitarbeit ab, bei der die Teilzeitstellen in der Regel unabhängig voneinander sind und sich die Kolleginnen oder Kollegen nicht untereinander absprechen müssen.
Jobsharing: Vorteile für Arbeitgeber
Aus Sicht der Mitarbeitenden liegen die Vorteile auf der Hand: Wenn sich zwei Menschen eine Stelle teilen, können sie ihre Arbeitszeit reduzieren und trotzdem verantwortungsvolle Vollzeit-Jobs übernehmen. Daher etabliert sich Jobsharing immer mehr als Arbeitsmodell für Führungskräfte.
Doch wo liegen die Vorteile für Unternehmen? Jobsharing als Work-Life-Balance-Tool steigert die Arbeitgeber-Attraktivität. Dass Unternehmen aber auch abseits des Employer-Branding-Effekts enorm von diesem Arbeitsmodell profitieren, zeigt eine neue Befragung zum Thema, die die Hochschule Heilbronn in Kooperation mit Twise und The Jobsharing Hub durchgeführt hat. Danach werden Jobsharing-Tandems von 92 Prozent ihrer Führungskräfte als produktiver oder mindestens so produktiv wie eine Einzelperson in Vollzeit beurteilt. Befragt wurden 50 Führungskräfte aus unterschiedlichen Fachbereichen, die größtenteils langjährige Erfahrung in der Führung von Jobsharing-Tandems sowie einzelnen Vollzeitkräften haben.
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Jobsharing-Tandems sind agiler und belastbarer
64 Prozent der Befragten finden Jobsharing-Tandems belastbarer (24 Prozent: gleich belastbar) und 54 Prozent agiler (38 Prozent: gleich agil) als eine Einzelperson in Vollzeit. Und 80 Prozent sprechen ihrem Tandem ein größeres Kompetenzspektrum und mehr Fachkenntnisse zu. Diese positive Beurteilung führt dazu, dass 90 Prozent der befragten Führungskräfte gerne wieder ein Tandem führen würden.
"In der heutigen Zeit, in der Krisen die Wirtschaft erschüttern und Aufgaben zunehmend komplexer, eng getakteter und verdichteter werden, fördert das Jobsharing die Innovationskraft und Entscheidungsstärke von Arbeitskräften – und zwar durch das hohe Maß an Kollaboration, das in diesem Modell gefordert ist. Man profitiert von doppeltem Know-how, kann die volle Vertretbarkeit garantieren und den Wissenstransfer fördern", fasst Svenja Christen, Gründerin von The Jobsharing Hub sowie der Recruitingplattform "Pair to Share" die Studienergebnisse zusammen.
Verschiedene Formen des Jobsharing
Job-Splitting: Beim Job-Splitting geht es im Wesentlichen nur um die zeitliche Aufteilung eines Arbeitsplatzes in zwei oder mehrere voneinander unabhängige Teilzeitstellen. Dabei haben beide Teilzeitkräfte identische Aufgabenprofile und es besteht kein Interaktions- oder Kooperationsbedarf.
Job-Pairing: Beim Job-Pairing müssen sich die Partner im Hinblick auf die Aufgabenerfüllung untereinander abstimmen. Sie tragen gemeinsam Verantwortung und treffen gemeinsam wesentliche Entscheidungen.
Top-Sharing: Beim Top-Sharing teilen sich zwei oder mehr Partner eine Führungsposition. Sie tragen gemeinsam Verantwortung für strategische Entscheidungen, Investitionen und die Mitarbeiterführung.
Jobsharing: rechtliche Grundlagen
Die gesetzlichen Regelungen zum Jobsharing finden sich in § 13 Teilzeitbefristungsgesetz (TzBfG). Jobsharing ist eine spezielle Form der Arbeitsplatzteilung im Rahmen eines Teilzeitarbeitsverhältnisses. Die Arbeitnehmenden teilen sich die Arbeitszeit im Wechsel untereinander auf und legen sie auch eigenverantwortlich fest. Dafür müssen sie einen Arbeitsplan erstellen, der dann für alle eine rechtsverbindliche Wirkung hat.
Zwischen den einzelnen Beschäftigten, die sich den Arbeitsplatz teilen, entstehen keine Rechtsbeziehungen. Unproblematisch behält jeder unabhängig vom anderen seinen eigenen Anspruch auf Zahlung des im Arbeits- oder Tarifvertrag vereinbarten Arbeitsentgelts gegenüber dem Arbeitgeber. Auch für die Berechnung des Urlaubsanspruchs, des Urlaubsgelds und Urlaubsentgelts gelten beim Jobsharing keine Besonderheiten.
Jobsharing im Arbeitsvertrag genau regeln
Im Unterschied zu klassischen Teilzeitarbeitsverhältnissen verzichtet der Arbeitgeber beim Jobsharing teilweise auf sein Direktionsrecht. Er kann sich die Ausübung des Direktionsrechts aber zur Sicherstellung dringender betrieblicher Belange im Arbeitsvertrag vorbehalten.
Arbeitgeber sollten auch darauf achten, in Jobsharing-Arbeitsverträgen die entsprechenden Klauseln zur Vereinbarung der grundsätzlichen Bereitschaft der Beschäftigten zur Übernahme von Vertretungen einzufügen. Wenn ein Arbeitnehmender ausfällt, ist der andere Arbeitnehmende gemäß § 13 Abs. 1 TzBfG nur dann zur Vertretung verpflichtet, wenn er der Vertretung im Einzelfall zugestimmt hat.
Sonderkündigungsschutz beim Jobsharing
Für den Fall, dass einer der Beschäftigten aus dem Jobsharing ausscheidet, spricht § 13 Abs. 2 TzBfG den verbliebenen Arbeitnehmenden – zusätzlich zu den üblichen Kündigungsrechten und -beschränkungen – einen begrenzten Sonderkündigungsschutz zu. Eine Kündigung darf nicht aus diesem Grund erfolgen, vielmehr muss der Arbeitgeber zunächst geeignete personelle oder organisatorische Maßnahmen ergreifen, um den ausgeschiedenen Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin zu ersetzen. Dies kann beispielsweise durch eine Neueinstellung oder eine Versetzung geschehen.
Jobsharing-Modelle zur Aufteilung der Arbeitszeit
Beim Jobsharing sind verschiedene Zeitaufteilungen möglich. Klassisch wäre die 50/50 Aufteilung einer 100-Prozent-Stelle. In der Praxis sind aber auch andere Konstellationen zu beobachten: 30/70, 40/60 oder 20/80.
Ebenso üblich sind Aufteilungen von 60/60 oder 70/70. Hier wird insgesamt also mehr als eine volle Stelle besetzt. Die zeitliche Überschneidung erleichtert Kommunikation und Abstimmungsprozesse. Diese Variante eignet sich besonders gut für komplexe Aufgabenbereiche wie anspruchsvolle Expertenfunktionen oder Führungspositionen.
Jobsharing: Vor- und Nachteile
Im Idealfall profitieren beim Jobsharing Arbeitgeber wie Arbeitnehmer von der doppelten Erfahrung, Kompetenz und Motivation. Jobsharing bietet flexible Möglichkeiten, die Arbeitsaufteilung anzupassen, Arbeitszeiten zu variieren und somit auch kurzfristigen Arbeitsanforderungen gerecht zu werden. Somit können Unternehmen auch das Potenzial von Teilzeitkräften besser ausschöpfen, wenn sie Jobsharing-Modelle anbieten. Grundsätzlich ist jedoch mit einem erhöhten Organisationsaufwand zu rechnen. Es sollte Zeit eingeplant werden für Überschneidungen, damit die Abläufe gewährleistet bleiben.
Jobsharing Beispiele
Es gibt viele Möglichkeiten, wie Jobsharing aus strategischen Überlegungen seitens des Unternehmens umgesetzt werden kann. Die Beratung The Jobsharing Hub unterscheidet folgende Jobsharing-Modelle:
Peertandems: In diesem Tandem arbeiten zwei Fachkräfte gemeinsam auf einer Stelle. Besonders sinnvoll ist dieses Modell zur Talentbindung, bei schwer zu besetzenden Schlüsselpositionen und bei Stellen mit vielfältigen Kompetenzanforderungen oder einem hohen Arbeitsvolumen.
Zeitlich befristete Tandems:
Beim Succession Tandem gehen ein erfahrener Mitarbeiter und eine Nachwuchskraft eine Tandempartnerschaft ein. Ziel: Der Juniorpartner übernimmt am Ende des zeitlich befristeten Jobsharings die Stelle des Seniorpartners, welcher sich seinerseits während der Tandem-Phase in eine neue Zielposition entwickelt.
Ähnlich funktioniert das Legacy Tandem: Hier bildet ein ausscheidender Mitarbeiter mit seinem Nachfolger ein temporäres Tandem. Ziel: ein optimaler Onboarding-Prozess für den Nachfolger und die Sicherung des zentralen Fachwissens des Vorgängers oder der Vorgängerin.
Ein sogenanntes Hop-on-Tandem kann zur Bindung von Talenten sinnvoll sein wie z. B. von Studenten während ihrer Abschlussarbeit oder aber zur Re-Integration von Müttern oder Vätern in oder nach der Elternzeit.
Crossfunktionale Tandems: Diese eignen sich besonders dafür, Synergien zu schaffen, Silodenken aufzubrechen und Schnittstellenfunktionen sinnvoll zu besetzen. In Cross-Company-Tandems arbeiten Mitarbeitende zweier Unternehmen - zum Beispiel Startup und Konzern - gemeinsam auf einer Stelle, sodass beide vom Know-how und den Kompetenzen des jeweils anderen profitieren.
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