Fünf Tipps für schlechte Führungskräftetrainings

Führungskräftetrainings sind ohne Zweifel ein wichtiger Baustein der HR-Arbeit. Darum gibt es sie mittlerweile in allen Formen und Farben, von Meditations-Retreat bis Kletterparcours. Wie diese Trainings garantiert ohne Mehrwert bleiben, erklärt - in gekonnt ironischem Ton - unser Kolumnist Uwe P. Kanning.

Schlechte Führung kann viel Schaden anrichten und Gute bisweilen auch einigen Nutzen entfalten. So verwundert es nicht, dass die Beratungsszene eine riesige Vielfalt an Methoden zur Verfügung stellt, mit denen Führungskräfte ihre Wirkung auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter optimieren sollen. Vom Meditationsseminar im Kloster über einen Nachmittag im Klettergarten bis hin zur quantenphysikalischen Beratung ist hier für jeden Geschmack etwas dabei. Das gute alte Training scheint fast schon ausgedient zu haben – zu old school, zu intellektuell, zu wenig effektiv. Doch ist es wirklich schon an der Zeit, die Totenglocke zu läuten? 

Minimale Wirksamkeit von Trainings garantiert

Eine Metastudie zur Wirksamkeit von Führungskräftetrainings zeigt einen durchschnittlichen Effekt von etwa 14 Prozent bezogen auf das spätere Verhalten am Arbeitsplatz. Das klingt nach wenig, dürfte aber immer noch mindestens 14 Prozentpunkte über der Wirkung von Meditationsseminaren, Klettertouren und Quantenphysik liegen.

Schaut man sich an, wie Trainings in der Praxis gestaltet werden, könnte man fast schon den Eindruck gewinnen, die Verantwortlichen legten es geradezu darauf an, die Wirksamkeit von Trainings zu minimieren. Und das geht am besten so:

Tipp 1: Setzen Sie auf Druckbetankung

Frühen Sie Führungstrainings am besten an einem Stück und nicht verteilt auf mehrere Termine durch. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer treffen sich an einem oder maximal zwei Tagen unmittelbar hintereinander. Nach dem Prinzip der Druckbetankung sollen so alle Verhaltensroutinen der letzten 15 Berufsjahre einfach beiseitegeschoben werden. Dies gelingt natürlich nicht, da es sehr schwierig ist, eingeschliffene Verhaltensweisen zu verändern. Fast jeder, der schon mal versucht hat, sich gesünder zu ernähren oder mehr Sport zu treiben, weiß das. Viel sinnvoller wäre es, den Stoff auf vielleicht vier Sitzungen über einige Wochen zu verteilen. Der Metastudie zufolge ist die Wirkung verteilter Trainings rund dreimal größer als die von massierten Trainings.

Tipp 2: Virtuell ist immer besser

In Zeiten der voranschreitenden Digitalisierung sollten Sie auch sämtliche Führungstrainings digitalisieren. Das ist viel billiger und trifft den Zeitgeist. Dumm nur, dass nach der Metastudie Führungstrainings, die Face-to-Face ablaufen, zwanzigmal mehr Wirkung auf das Alltagsverhalten entfalten als digitale Trainings. Vielleicht liegt das ja unter anderem. daran, dass die Führungskräfte ihren eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch heute noch hin und wieder persönlich gegenübertreten.

Tipp 3: One size fits all

Um Geld zu sparen, sollten Sie alle Führungskräfte in dasselbe Training schicken. Zum einen haben sicherlich alle dieselben Probleme, zum anderen ist Führung unabhängig vom Kontext ja ohnehin immer dasselbe. Die Metastudie zeigt, dass Trainingsmaßnahmen, die auf die individuellen Bedürfnisse der Betroffenen zugeschnitten sind, etwa 19-mal effektiver sind als Trainings, die nach dem Gießkannenprinzip arbeiten. Da lohnt es sich natürlich, die Kosten für eine gründliche Bedarfsanalyse zu sparen.

Tipp 4: Bleiben Sie nebulös

Sorgen Sie dafür, dass die Führungskräfte im Training kein konkretes Führungsverhalten zeigen müssen und auch kein klares Feedback bekommen. Bleiben Sie lieber im Nebulösen. Diskutieren Sie viel, lassen Sie ruhig Berge an Metakarten vollschreiben, aber vermeiden Sie unbedingt Rollenspiele. Wer möchte schon gern seine eigene Unbeholfenheit offen zur Schau stellen und dann auch noch dafür kritisiert werden? Nach den Ergebnissen der Metastudie sind Führungstrainings, die den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ein Feedback für eigenes Verhalten geben, mehr als fünfmal so effektiv.

Tipp 5: Führungskräfte sind Einzelkämpfer, und das ist gut so

Lassen Sie die Führungskräfte nach dem Training allein. Schließlich gehört das Einzelkämpfertum zum Wesen einer guten Führungskraft. Zwar illustriert eine weitere Metastudie, dass die Unterstützung bei der Umsetzung der Lerninhalte in den Arbeitsalltag durch Kollegen und Kolleginnen oder die eigenen Vorgesetzten die Wirkung von Trainingsmaßnahmen im Durchschnitt um etwa 25 Prozent verbessert, aber das muss man nicht so ernst nehmen.

Sofern es Ihnen gelingt, alle Tipps umzusetzen, dürften die Tage der Führungskräftetrainings in Ihrem Haus schon bald gezählt sein. Je früher Sie starten, desto besser, denn dann ist der Weg endlich frei für noch mehr erlebnisreiche und emotionale Maßnahmen der Managementbespaßung.


Der Kolumnist  Prof. Dr. phil. habil. Uwe P. Kanning ist seit 2009 Professor für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Osnabrück. Seine Schwerpunkte in Forschung und Praxis: Personaldiagnostik, Evaluation, Soziale Kompetenzen und Personalentwicklung.

Schauen Sie auch einmal in den  Youtube-Kanal "15 Minuten Wirtschaftspsychologie" hinein. Dort erläutert Uwe P. Kanning zum Beispiel zusammenfassend, wie Sie gute von schlechten Testverfahren unterscheiden warum Manager scheitern, wie ein Akzent die Bewertung von Bewerbern beeinflusst oder wie "smart" gesetzte Ziele für eine Leistungssteigerung sein müssen.