Corona-Booster durch Betriebsärzte

Betriebsärzte können jetzt auch die dritte Coronaimpfung, den sogenannten Corona-Booster, übernehmen. Eine entsprechende Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) zur Impfung aller Personen ab 18 Jahren liegt seit 18. November 2021 vor. Für Unternehmen ergeben sich dabei einige Besonderheiten.

Um der mit der Zeit nachlassenden Wirkung der Covidimpfungen zu begegnen, haben sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, für eine schnellere Auffrischungsimpfung bei allen bereits Covid-Immunisierten ab 18 Jahre ausgesprochen. Bislang haben rund vier Millionen Menschen eine solche Booster-Impfung erhalten, berichtet die dpa unter Hinweis auf Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI).

Booster-Impfung: Betriebsärzte stehen in den Startlöchern

Während der Deutsche Hausärzteverband Auffrischungsimpfungen für alle Interessierten zum jetzigen Zeitpunkt noch ablehnt - laut dpa-Berichten unter Hinweis auf "desolate Krisenkommunikation" und "unnötigen Stress in den Hausarztpraxen" - , stehen die Betriebsärzte für die dritte Impfung bereit. Auch die ständige Impfkommission Stiko empfiehlt nun allen Personen ab 18 Jahren den sogenannten Corona-Booster. "Wir Betriebsärzte beteiligen uns an der Booster-Impfung. Vorbereitungen dazu haben zahlreiche Kollegen schon getroffen," erklärt Dr. Anette Wahl-Wachendorf, Vizepräsidentin des Verbands Deutscher Betriebs- und Werksärzte e.V.  (VDBW)

Pflichten des Arbeitsgebers bei Coronaimpfung

In einer gemeinsamen Erklärung haben auch die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) an die Arbeitgeber appelliert, den Beschäftigten betriebliche Erst- und Auffrischungsimpfungen sowie Testungen anzubieten. "Impfen ist und bleibt der Königsweg aus der Pandemie", heißt es in dem Schreiben. Ziel müsse sein, die Impfkampagne gegen Covid-19 weiter voranzutreiben. Insbesondere Booster-Impfungen könnten einen wesentlichen Beitrag zur weiteren Eindämmung der Pandemie leisten.

Eine Pflicht des Arbeitgebers, eine Coronaimpfung anzubieten, besteht nicht, jedoch gelten für Arbeitgeber nach § 5 Corona-ArbSchV bestimmte Pflichten zur Unterstützung der Impfung. Im Einzelnen müssen Arbeitgeber:

  • ihren Beschäftigten die Impfung gegen das Coronavirus während der Arbeitszeit ermöglichen.
  • die Betriebsärzte, die Schutzimpfungen nach der Coronavirus-Impfverordnung durchführen, organisatorisch und personell unterstützen.
  • ihre Beschäftigten über die Risiken einer Covid-19-Erkrankung aufklären und über die Möglichkeit einer Impfung informieren.

Impfquote erhöhen durch Booster-Impfung im Betrieb

"Die Effektivität zur Senkung des Ansteckungsrisikos durch Impfungen ist für Betriebe deutlich höher als durch Masken, Abstandsregelungen, Trennwände und ähnliche Vorkehrungen," erklärt Professor Dr. Volker Nürnberg, Partner und Berater Gesundheitswirtschaft bei BDO. "Deshalb", so der Gesundheitsexperte, der vom Personalmagazin als "Gesundheitspapst" in die Liste der "40 führenden HR-Köpfe 2021" aufgenommen wurde, "muss das Impfen in allen Settings, auch im Betrieb, vorangetrieben werden."

Seine Empfehlung ist, gerade Impfzögerern und Unentschlossenen logistisch wie argumentativ entgegenzukommen, indem die Impfung dort angeboten werde, "wo der Beschäftigte sich sowieso schon aufhält – sprich: am Arbeitsplatz." Über Erfolge der betriebsärztlichen Impfung - gerade bei Skeptikern - berichtet auch Wahl-Wachendorf: "Wir haben im Sommer und Herbst große Dankbarkeit bei der Unterstützung zum Thema Coronaimpfung erlebt. Es konnten auch Beschäftigte in Unternehmen erreicht werden, die noch zurückhaltend waren und sich schließlich mit den Kolleginnen und Kollegen mitimpfen ließen."

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Booster-Impfungen in Unternehmen: besondere Herausforderungen

Hinsichtlich der Booster Impfung weist Nürnberg auf besondere Herausforderungen für das Gesundheitsmanagement im Unternehmen hin: "Die Stiko empfiehlt, unabhängig vom Impfstoff, der für die Grundimmunisierung verwendet wurde, einen mRNA-Impfstoff zu verwenden. Bei Personen, die bereits in der vorausgegangenen Impfung mit einem RNA-Impfstoff immunisiert wurden, sollte nach Empfehlung der Stiko möglichst derselbe Impfstoff verwendet werden." Im Unterschied zu den vorausgegangen Impfungen, erklärt Nürnberg, müssten so also im Unternehmen beide RNA-Impfstoffe, sowohl Biontech wir auch Moderna, vorgehalten und dementsprechend unterschiedliche Kühl- und Lieferketten eingehalten werden.

Hinzu komme, dass die Meinungen über Kreuzimpfungen auseinandergehen. Nürnberg verweist dabei auf den Mediziner und Gesundheitsökonomen Karl Lauterbach, der sich beispielsweise für eine Booster-Impfung mit Biontech ausspreche, wenn die Grundimmunisierung mit Moderna erfolgte. Nürnberg dazu: "Kurzum: Die Betriebsärzte müssen in dieser Hinsicht dringend geschult werden und ausreichend Zeit für eine individuelle Beratung der Mitarbeitenden einplanen, die dieses Mal auch die Wirkungen, Risiken und Chancen der möglichen Kreuzimpfungen beinhaltet."

Rolle der Betriebsärzte in der Impfstrategie

Seit Mitte Juli 2021 ist die Impfung durch Betriebsärzte Teil der nationalen Impfstrategie der Bundesregierung. Gerade große Konzerne konnten für die Coronaimpfung durch Betriebsärzte auf eine bereits im Gesundheitsmanagement des Unternehmens verankerte Strategie und Logistik zurückgreifen - beispielsweise aufgrund der jährlich angebotenen Grippeimpfungen. Kleine Unternehmen haben, so Arbeitgeberpräsident Dr. Rainer Dulger, "zur Vereinfachung der Logistik Impfallianzen gebildet." Betriebe ohne eigenen Betriebsarzt können die benötigten Kapazitäten auch über eine Vereinbarung mit der Kommune sichern, die Impfung der Beschäftigten über den Arbeitsschutz-Dienstleister organisieren oder den eigenen Hausarzt fragen, ob er die betriebsweite Impfung übernimmt.

Betriebsärzte, erklären Arbeitgeberverbände und der Deutsche Gewerkschaftsbund, hätten dabei geholfen, die Impfkampagne in die Breite zu tragen und noch mehr Menschen zu erreichen. "Erstmals kam so die Impfung zu den Menschen", heißt es in dem am 17. November veröffentlichten gemeinsamen Apell von BDA und DGB zur Impfung. "Das hat noch einmal zu einem Schub nach vorne geführt und gezeigt, wie wichtig niedrigschwellige und aufsuchende Impfangebote sind."

Die bisher erreichten Impfquoten durch betriebsärztliche Impfungen werden vom RKI auf fünf Prozent geschätzt. Eine dritte Säule der Impfungen, wie im Frühjahr 2021 erhofft, haben die Coronaimpfungen im Unternehmen damit bisher nicht gebildet. Die geringe Quote findet aber auch ihre Gründe im verzögerten Start der Impfungen durch die späte Freigabe durch die Bundesregierung und den Mangel an Impfdosen im Frühsommer. Hinzu kommt eine Dunkelziffer von durch Betriebsärzte geimpfte Mitarbeitende und deren Familienangehörige, da viele Unternehmen die korrekte Meldung der Impfung an die Behörden versäumt hatten. Hier sieht Wahl-Wachendorf noch Handlungsbedarf: "Ein Benefit wäre neben dem niederschwelligen Angebot an Unternehmen eine unkomplizierte 'surveillance' durch tagesgleiche Meldungen an das RKI in Form von quantitativen Meldungen."