Ausbildung und Weiterbildung: BMBF-Studie digitales Lernen

PCs, Laptops, Smartphones: Darüber verfügen heute die meisten Unternehmen, viele Mitarbeiter nutzen digitale Geräte im Arbeitsalltag. Doch in der Aus- und Weiterbildung sind digitale Medien weiter Fehlanzeige, vermeldet das Bildungsministerium in einer Studie - und stellt Gegenmaßnahmen vor.

Für die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in Auftrag gegebene Untersuchung zur Bedeutung digitaler Medien in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung haben das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) und TNS Infratest 3.000 Betriebe in Deutschland zur Nutzung digitaler Medien befragt. Die Befragung ist die erste repräsentative ihrer Art, die das BMBF beauftragt hat.

Digitale Technologie ist da – aber nicht alle dürfen sie nutzen

Demnach haben sich digitale Geräte größtenteils in den Firmen etabliert: So berichtet jeweils eine Mehrheit der Befragten darüber, dass in ihrem Unternehmen nicht nur Desktop-PCs (92 Prozent), sondern auch mobile internetfähige Geräte wie Laptops (78 Prozent) oder Smartphones (76 Prozent) zum Einsatz kommen.

Betrachtet man allerdings die Nutzung nach Mitarbeitergruppen, relativieren sich die Zahlen etwas: So stehen Smartphones nur in 48 Prozent der Unternehmen allen Mitarbeitern zur Verfügung. In den anderen Unternehmen sind sie Führungskräften beziehungsweise bestimmten Mitarbeiterfunktionen vorbehalten. Auch Tablets werden bislang nur in 47 Prozent der befragten Unternehmen genutzt, davon nur in 28 Prozent von allen Mitarbeitern.

Neuere Geräte wie Wearables, Datenbrille und Co. haben sich bislang noch nicht etablieren können: Nur eine kleine Minderheit (zwischen einem und drei Prozent) setzt schon auf sie.

Lehrbücher und schriftliche Unterlagen am beliebtesten

"Der digitale Wandel schafft neue Anforderungen an die Qualifizierung von Fachkräften, eröffnet aber auch neue Möglichkeiten, Wissen mit digitalen Lern- und Lehrformaten zu vermitteln", sagte Bundesbildungsministerin Johanna Wanka bei der Vorstellung der Studie – und wies damit auf ein weniger erfreuliches Ergebnis hin.

Denn die Vermittlung von Lerninhalten mit digitalen Formaten, die Wanka als "Berufsbildung 4.0" bezeichnet, findet bislang offenbar in den wenigsten Firmen statt: Lehr- und Fachbücher stehen auf der Liste der meistgenutzten Lernmedien weiter vorne – gefolgt von schriftlichen Unterlagen und Handouts. Auf Platz drei folgen Präsenzveranstaltungen in Form von Gruppen- und Teamarbeit und Präsenzunterricht im Betrieb. Erst auf dem fünften Rang findet sich mit fachspezifischer Software ein digitales Medium.

Zudem legt die Frage nach der Nutzung digitaler Lern- und Medienformate in der betrieblichen Ausbildung nahe, dass dort wenige speziell auf die Lernerbedürfnisse ausgerichtete Medien zum Einsatz kommen: Am häufigsten werden demnach generelle Informationsangebote im Internet sowie Wikis und andere Onlineforen genutzt. Didaktisch aufbereitete, fachspezifische Medien wie Lernplattformen und Lernprogramme spielen dagegen eine geringere Rolle.

Da überrascht es nicht, dass sich in der Befragung jeder zweite Betrieb unzufrieden zeigt mit den IT-Kenntnissen seiner Auszubildenden – und diese lediglich mit "ausreichend" bewertet. Weniger als ein Drittel bewertet die Kenntnisse als sehr gut oder gut.

Digitale Geräte vorhanden – aber nicht immer genutzt

Zu einem ähnlichen Ergebnis ist kürzlich eine Studie der Bertelsmann Stiftung gekommen: Auch deren Autoren schlussfolgerten, dass digitale Medien nicht nur in der Berufsschule, sondern auch bei der Ausbildung im Betrieb noch eine untergeordnete Rolle spielen – und das, obgleich sich die Jugendlichen mit digitalen Medien wohl gut zum Lernen motivieren lassen würden. Schließlich sind sie oft in ihrer Freizeit im Netz unterwegs.

Zudem zeigt die Bertelsmann Studie auch, dass das Vorhandensein von digitalen Geräten nicht gleichbedeutend ist mit der Nutzung digitaler Geräte: Denn die Studienautoren fanden auch heraus, dass die Nutzung digitaler Medien in Berufsschulen oft schon an der Internetverbindung scheitert.

In der nun vorliegenden BMBF-Studie wurde auch untersucht, wie die Betriebe die künftige Bedeutung von digitalen Medien in der Aus- und Weiterbildung einschätzen. In den kommenden drei Jahren sieht die Mehrzahl der befragten Betriebe demnach bei allen betrieblichen Tätigkeiten einen weiteren Bedeutungszuwachs digitaler Geräte.

"Berufsbildung 4.0": So soll sie gefördert werden

Angesichts der ernüchternden Ergebnisse und dem prognostizierten Bedeutungszuwachs digitaler Geräte hatte Wanka bei der Vorstellung der Ergebnisse vergangene Woche auch gleich Gegenmaßnahmen parat. Das BMBF lege einen besonderen Schwerpunkt darauf, die Digitalisierung in der beruflichen Bildung zu fördern. "Besonders für dieses Thema sensibilisieren und unterstützen wollen wir dabei kleine und mittlere Unternehmen", sagte die Bildungsministerin.

Im Mittelpunkt der BMBF-Förderung steht das Programm "Digitale Medien in der beruflichen Bildung". Dabei sollen neue digitale Lösungsansätze entwickelt und erprobt, wie beispielsweise Lernen am Arbeitsplatz, E-Portfolios und offene Bildungsmaterialien (Open Educational Resources). Auch die Stärkung der Medienkompetenz betrieblicher Ausbilderinnen und Ausbilder soll gefördert werden.

Darüber hinaus fördert das BMBF Fachkräfte insbesondere für kleine- und mittlere Unternehmen mit einem Sonderprogramm für die Digitalisierung in den Überbetrieblichen Berufsbildungsstätten (ÜBS). Mit der Initiative "Fachkräftequalifikation und Kompetenzen für die digitalisierte Arbeit von morgen" wird in Kooperation mit dem BIBB anhand von 13 exemplarisch ausgewählten Berufen untersucht, wie sich die Digitalisierung auf Arbeitsprozesse und Qualifizierungsanforderungen auswirkt und wie die Ausbildung entsprechend angepasst werden sollte.

Netzwerk für digitales Lernen geplant

Mit einer neuen Förderung sollen ab dem kommenden Jahr auch die Verbreitung und Transfer guter Konzepte zum digitalen Lernen gefördert werden. Ziel ist ein Netzwerk für digitales Lernen, über das Unternehmen gemeinsam die notwendigen technischen Infrastrukturen und digitalen Lernangebote bereitstellen und nutzen können.

Gefördert werden sollen auch die gemeinsame Entwicklung von Standards und Verfahren zur Qualitätssicherung sowie die Bereitstellung von hochwertigen Qualifizierungsangeboten. Zusätzlich zielt eine weitere neue Initiative ab dem kommenden Jahr darauf ab, die digitale Medienkompetenz in der Weiterbildung zu verbessern.
 

Zur kompletten Studie: " Digitale Medien in Betrieben – heute und morgen. Eine repräsentative Bestandsanalyse"

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