Während des laufenden Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung auf den vereinbarten Arbeitsplatz. Dieser Anspruch endet mit dem Zugang einer fristlosen Kündigung oder dem Ablauf der Kündigungsfrist bei einer ordentlichen Kündigung.

Setzt der Arbeitnehmer sich gegen die ausgesprochene Kündigung mittels einer Kündigungsschutzklage gemäß § 4 KSchG zur Wehr, kann ihm ein Weiterbeschäftigungsanspruch zustehen. Vom Weiterbeschäftigungsanspruch zu unterscheiden ist der Anspruch auf Wiedereinstellung, wenn der ursprüngliche Kündigungsgrund noch innerhalb der Kündigungsfrist wegfällt.

Betriebsverfassungsrechtlicher Weiterbeschäftigungsanspruch

Unter bestimmten Voraussetzungen räumt § 102 Abs. 5 BetrVG während eines laufenden Kündigungsschutzprozesses als Folge des Betriebsratswiderspruchs einen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung ein. Dieser Anspruch führt zur Weiterbeschäftigung unabhängig vom Ausgang des Kündigungsschutzprozesses bis zu dessen rechtskräftigem Abschluss.

Nur in den Fällen

  • in denen die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
  • die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
  • der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war,

kann der Arbeitgeber nach einem entsprechenden Antrag beim Arbeitsgericht im Kündigungsschutzprozess von der Weiterbeschäftigungspflicht befreit werden.

Eine entsprechende Regelung findet sich in den Personalvertretungsgesetzen.[1]

Allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch

Der gekündigte Arbeitnehmer hat auch außerhalb des § 102 Abs. 5 BetrVG einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung über den Ablauf der Kündigungsfrist oder bei einer fristlosen Kündigung über deren Zugang hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsprozesses,

  • wenn die Beschäftigungsinteressen des Arbeitnehmers überwiegen. Das ist anzunehmen bei offensichtlich unwirksamer Kündigung oder bei erstinstanzlichem Obsiegen des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess und
  • wenn keine überwiegenden schutzwerten Interessen des Arbeitgebers einer solchen Beschäftigung entgegenstehen.

Vor der erstinstanzlichen Entscheidung im Kündigungsschutzprozess

Ein schutzwertes Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers sieht das Bundesarbeitsgericht[2] bereits darin, dass der Ausgang des Kündigungsschutzprozesses für den Arbeitgeber ungewiss ist. Dieses überwiegt in der Regel das Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers bis zu dem Zeitpunkt, in dem im Kündigungsprozess ein die Unwirksamkeit der Kündigung feststellendes Urteil ergeht.

Etwas anderes gilt nur, wenn die Kündigung offensichtlich unwirksam ist. Für diesen Fall überwiegen die Beschäftigungsinteressen des Arbeitnehmers.

Nach der erstinstanzlichen Entscheidung im Kündigungsschutzprozess

Ist ein solches Urteil gefällt, kann die Ungewissheit des Prozessausgangs für sich allein ein überwiegendes Gegeninteresse des Arbeitgebers nicht mehr begründen. Hinzu kommen müssen dann zusätzliche Umstände, aus denen sich im Einzelfall ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers ergibt, den Arbeitnehmer nicht zu beschäftigen, z. B. bei Verdacht des Verrats von Betriebsgeheimnissen oder bei strafbarem oder schädigendem Verhalten des Arbeitnehmers sowie bei unzumutbarer wirtschaftlicher Belastung des Arbeitgebers. Ob im Einzelfall die Interessen des Arbeitgebers, den gekündigten Arbeitnehmer nicht wieder im Betrieb zu haben, oder die Interessen des Arbeitnehmers, während des monate- oder jahrelangen Kündigungsrechtsstreits den Bezug zu seiner Arbeit und den Kontakt zu seiner Arbeitsstelle nicht zu verlieren, überwiegen, ist Frage einer Interessenabwägung.

Liegen Ausnahmefälle, die ein Gegeninteresse des Arbeitgebers an der Beschäftigung des Arbeitnehmers begründen, nicht vor und hat der Arbeitnehmer in erster Instanz erfolgreich gegen eine Kündigung geklagt, muss der Arbeitgeber ihn auffordern, seine Tätigkeit wieder aufzunehmen. Ansonsten muss der Lohn auch ohne dafür geleistete Arbeit bis zum Abschluss des Kündigungsrechtsstreits gezahlt werden.

Das überwiegende Interesse des Arbeitnehmers an der Weiterbeschäftigung entfällt wiederum, wenn der Arbeitgeber eine neue Kündigung ausgesprochen hat, die aber regelmäßig auf neue Gründe gestützt werden muss oder welche formelle Mängel der ersten Kündigung behebt.[3]

Weiterbeschäftigungsanspruch nach einer Änderungskündigung

Stimmt der Arbeitnehmer den geänderten Arbeitsbedingungen, die ihm mit der Änderungskündigung mitgeteilt werden, zu, so kommt durch die Änderungskündigung eine Änderung der Arbeitsbedingungen zustande mit der Folge, dass der Arbeitnehmer verpflichtet ist, nach Ablauf seiner individuellen Kündigungsfrist unter Berücksichtigung der Änderungen der Arbeitsbedingungen weiterzuarbeiten. In diesem Rahmen steht ihm unter Berücksichtigung seines Arbeitsvertrags a...

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