Rz. 16

Nach dem Gesetzeswortlaut ist erforderlich, dass der Arbeitnehmer eine eigene Beeinträchtigung rügt. Er muss sich selbst betroffen fühlen, Beschwerdegegenstand ist eine individuelle Benachteiligung, ungerechte Behandlung oder sonstige Beeinträchtigung. Eine Popularbeschwerde, mit der ein Arbeitnehmer sich zum Fürsprecher anderer Belegschaftsmitglieder macht, wird von § 84 Abs. 1 BetrVG nicht erfasst und ist daher unzulässig (BAG, Beschluss v. 22.11.2005, 1 ABR 50/04[1]; ArbG Mannheim, Beschluss v. 20.12.1978, 2 BV 11/78[2]; LAG Hamm, Beschluss v. 21.8.2001, 13 TaBV 78/01[3]; LAG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 21.12.1989, 6 TaBV 49/89[4]). Ob eine Popularbeschwerde vorliegt, bemisst sich jedoch nicht allein nach der Anzahl der Beschwerdeführer[5], sondern allein nach dem Inhalt der Beschwerde. Eine Popularbeschwerde liegt nicht allein deswegen vor, weil mehrere Arbeitnehmer sich gleichzeitig über dieselben Zustände beschweren. Für eine zulässige Individualbeschwerde ist nur erforderlich, dass diese jeweils eigene Beeinträchtigungen geltend machen. In diesem Fall handelt es sich um eine zulässige Bündelung von Individualbeschwerden. Nach Auffassung des LAG Hamm (Urteil v. 3.9.2014, 4 Sa 235/14[6]) kann ein Arbeitnehmer gestützt auf sein Erörterungs- und Beschwerderecht nach § 84 Abs. 1 BetrVG eine Unterschriftenaktion, mit der der Wunsch auf Wiedereinführung einer 35-Stunden-Woche zum Ausdruck gebracht wird, auch in Betrieben mit Betriebsrat initiieren.

 

Rz. 17

An der Beschwerdebefugnis fehlt es außerdem, wenn der Arbeitnehmer Beeinträchtigungen rügt, die andere Arbeitskollegen erlitten haben, sofern der Arbeitnehmer hierdurch nicht selbst (mittelbar) betroffen wird. In einem solchen Fall verbleibt dem Arbeitnehmer nur die Möglichkeit, Anregungen nach § 80 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG bzw. Vorschläge im Sinne des § 86a BetrVG an den Betriebsrat zu richten.

[1] NZA 2006, 803, 805.
[2] BB 1979, 833.
[3] NZA-RR 2002, 139, 140.
[4] NZA 1990, 703 f.; Fitting, § 84 BetrVG Rz. 4; ErfK/Kania, § 84 BetrVG Rz. 4.
[5] Zutr. Nebendahl/Lunk, NZA 1990, 676, 677.
[6] NZA-RR 2015, 131.

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