Rz. 29

Gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 ruht der Anspruch auf Krankengeld wegen einer verspäteten Meldung der Arbeitsunfähigkeit nicht, wenn die Arbeitsunfähigkeitsdaten vom Vertragsarzt etc. im elektronischen Verfahren nach § 295 Abs. 1 Satz 10 an die Krankenkasse gemeldet werden (eAU).

Die eAU ist eine AU-Bescheinigung, die per Datensatz an die Krankenkasse übermittelt wird. Dieses Verfahren ist seit dem 1.1.2021 von allen

  • Vertragsärzten,
  • Vertragszahnärzten und
  • Vertragskrankenhäusern

anzuwenden (Art. 2 i. V. m. Art. 17 Abs. 5 des Terminservice- und Versorgungsgesetz –TSVG – vom 6.5.2019, BGBl. I S. 646) . Dieses elektronische Meldeverfahren ersetzt die bisherige Papierform (vgl. Rz. 28).

Das Verfahren ist nicht anzuwenden,

  • von Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, die nicht an die Telematikinfrastruktur angeschlossen sind (§ 295 Abs. 1 Satz 10) oder
  • wenn die Arbeitsunfähigkeit von einem Privat(zahn)arzt festgestellt wird oder
  • wenn die Arbeitsunfähigkeit im Ausland festgestellt wird;

dann gelten weiterhin die Ausführungen zu Rz. 24 bis 28.

 

Rz. 29a

Die Übermittlung der Daten erfolgt über die Telematikinfrastruktur. Die Daten selbst werden vom Verlassen der Arztpraxis etc. bis zur Krankenkasse verschlüsselt übertragen.

Im Fall der Ausstellung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen im Rahmen von Hausbesuchen erfolgt die Übermittlung der Daten an die Krankenkassen so zeitnah wie möglich, jedoch spätestens bis zum Ende des folgenden Werktags (vgl. Ziff. 4.1.3. der Vereinbarung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und des GKV-Spitzenverbandes als Anlage 2b zum Bundesmantelvertrag-Ärzte; "Vordruck-Vereinbarung digitale Vordrucke"; abrufbar auf den Internetseiten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung).

Wenn die Datenübermittlung von der Vertragsarztpraxis etc. an die Krankenkasse nicht möglich ist (z. B. technische Störung), werden die Daten durch die Praxisverwaltungssoftware gespeichert und der Versand erfolgt, sobald dies wieder möglich ist. Wenn dem Vertragsarzt zum Zeitpunkt der Ausstellung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bekannt ist, dass die digitale Erstellung oder Datenübermittlung an die Krankenkasse aktuell nicht möglich ist, erhalten Versicherte eine mittels Stylesheet erzeugte papiergebundene Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Ausfertigungen Krankenkasse, Versicherter und Arbeitgeber). Stellt der Vertragsarzt nachträglich fest, dass die digitale Erstellung oder Datenübermittlung an die Krankenkasse nicht möglich ist und kann diese nicht bis zum Ende des nachfolgenden Werktags nachgeholt werden, sendet der Vertragsarzt die Bescheinigung "Ausfertigung für die Krankenkasse" an die zuständige Krankenkasse. ... Auch bei einer nicht elektronischen Erstellung und Übermittlung der Arbeitsunfähigkeitsdaten gilt § 49 Abs. 1 Nr. 5 letzter Halbsatz SGB V (Ziff. 4.1.4, a. a. O.).

Damit wird klargestellt, dass der Versicherte aufgrund § 49 Abs. 1 Nr. 5 keine Nachteile erleidet, wenn der Vertrags(zahn)arzt bzw. das Vertragskrankenhaus das eAU-Verfahren anwendet. Der Grund: Mit der Einführung der eAU wird die Obliegenheit zur Meldung der (fortbestehenden) Arbeitsunfähigkeit auf die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten und Einrichtungen übertragen. Soweit sich bei der elektronischen Übermittlung der Arbeitsunfähigkeitsdaten Verzögerungen ergeben, liegen sie insoweit nicht mehr im Einflussbereich der Versicherten, sodass die Versicherten keine sich aus der verspäteten Übermittlung ergebenden Rechtsfolgen zu tragen haben (vgl. auch Ziff. 6.4. des Gemeinsame Rundschreiben vom 3.12.2020 (Fundstelle: Rz. 35)).

 

Rz. 29b

Genau so urteilte das LSG Nordrhein-Westfalen am 16.11.2022, L 10 KR 245/22. Bei dem Sachverhalt war der Arzt, der an der Vertragsärztlichen Versorgung teilnahm, trotz Verpflichtung zur Abgabe der elektronischen Übermittlung technisch nicht in der Lage, die Arbeitsunfähigkeitsdaten elektronisch zu übermitteln. Auch hatte der Arzt den Versicherten auf das Fehlen der technischen Voraussetzungen nicht hingewiesen. Am 26.7.2021 teilte der Kläger der Krankenkasse telefonisch mit, er sei seit Ostern 2021 durchgehend arbeitsunfähig. Das Einreichen der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sei ihm aufgrund von Bettlägerigkeit und zuletzt wegen Hochwasser durchgegangen. Die notwendigen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen wurden später lückenlos nachgereicht.

Das LSG entschied, dass der Anspruch auf Krankengeld nicht ruht und begründete sein Urteil wie folgt:

"Nach dem Wortlaut des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V und unter Berücksichtigung des systematischen Zusammenhangs mit § 295 Abs. 1 SGB V traf den Kläger ab dem 1.1.2021 keine Meldeobliegenheit für seine Arbeitsunfähigkeit gegenüber der Beklagten (vgl. SG Dresden, Urteil vom 19.1.2022 – S 45 KR 575/21 – in juris Rn 18 ff. und Urteil vom 28.3.2022 – S 25 KR 651/21 – in juris Rn 21 ff. ... jeweils mwN; Knorr, KrV 2021,9-13, Seite 8; Schifferdecker in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 116. Ergänzungslieferung, September 2021, § 49 SGB V, Rn 36a; Rieke ...

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