2.1 Überblick

 

Rz. 5

Versicherte einer gesetzlichen Krankenkasse konnten bisher Krankengeld beanspruchen

  • wegen ihrer Arbeitsunfähigkeit (§ 44),
  • wegen eines ihnen entstandenen Arbeits- und Entgeltausfalls als Spender von Organen, Geweben oder Blut/Blutbestandteilen (§ 44a) und
  • während der Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege eines erkrankten Kindes (§ 45).

Ab dem 1.11.2022 kann der Versicherte von seiner Krankenkasse gemäß § 44b zusätzlich auch Krankengeld beanspruchen, wenn er einen Menschen mit Behinderung während dessen vollstationärer Krankenhausbehandlung aus medizinischer Sicht notwendig begleitet. Der Anspruch auf dieses Krankengeld besteht im Einzelnen, wenn

  1. die begleitende Person einen anderen Krankenversicherten bei dessen stationärer Krankenhausbehandlung i. S. d. § 39 aus medizinischen Gründen begleitet und in diesem Zusammenhang mit aufgenommen wird (der Mitaufnahme steht die ganztägige Begleitung gleich; Rz. 11 ff., 25 ff.),
  2. sowohl die begleitende Person als auch der zu begleitende Mensch krankenversichert sind (Rz. 10, 25) – und zwar ohne Rücksicht darauf, ob diese Versicherungsverhältnisse mit oder ohne Anspruch auf Krankengeld ausgestattet sind,
  3. der zu Begleitende i. S. d. § 2 SGB IX behindert ist (Rz. 28 f.),
  4. der zu begleitende Mensch wegen der Behinderung (im Alltag) zur Förderung der selbstbestimmten Lebensführung Leistungen, die der Eingliederungshilfe zuzuordnen sind (= §§ 90 bis 150 SGB IX, § 35a SGB VIII oder § 27d Abs. 1 Nr. 3 BVG bzw. ab 1.1.2024: § 66 SGB XIV), erhält (Rz. 30),
  5. die begleitende Person im Verhältnis zu dem begleiteten Versicherten entweder ein naher Angehöriger i. S. v. § 7 Abs. 3 des Pflegezeitgesetzes (PflegeZG) oder alternativ eine Person aus dem engsten persönlichen Umfeld ist (Rz. 14),
  6. die begleitende Person oder deren Arbeitgeber selbst für seine "Assistenz"-Dienste im Krankenhaus keine entgeltlichen Leistungen der Eingliederungshilfe nach oder entsprechend § 113 Abs. 6 SGB IX erhält (Rz. 19 ff.),
  7. der begleitenden Person ausschließlich durch die Begleitung/Mitaufnahme ein Verdienstausfall entsteht, wobei als Verdienstausfall neben einem Ausfall an Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen auch ein Ausfall an Sozialleistungen (z. B. Arbeitslosengeld) gilt (Rz. 15),
  8. die begleitende Person bei ihrer Krankenkasse einen Antrag auf Zahlung des Krankengeldes nach § 44b stellt (Rz. 46) und
  9. die begleitende Person weder Krankengeld wegen eigener Arbeitsunfähigkeit (wegen Krankheit oder Organspende i. S. d. §§ 44, 44a) noch wegen der Erkrankung ihres Kindes (§ 45) beanspruchen kann (Rz. 23).

Für die Zahlung des Krankengeldes sind alle Voraussetzungen zu erfüllen.

Dieser Krankengeldanspruch soll ausschließlich bei vollstationären Krankenhausaufenthalten von Menschen mit Behinderung (= eng begrenzter Personenkreis) entstehen, wenn aufgrund der besonderen Bedürfnisse der Behinderung die Begleitung medizinisch notwendig ist. Hintergrund für die Regelung ist die Erkenntnis, dass bereits für Menschen ohne Behinderung ein Krankenhausaufenthalt mit Ängsten und Unsicherheiten verbunden ist. Wenn aber körper- und mehrfachbehinderte Menschen aufgrund einer akuten Erkrankung oder eines geplanten Eingriffs in ein Krankenhaus stationär aufgenommen werden müssen, kann das für die Patienten hochgradig beängstigend und bedrohlich sein – abgesehen von evtl. hinzukommenden behinderungsbedingten Kommunikationsbarrieren. Viele Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung benötigen daher die Begleitung durch eine vertraute Bezugsperson. Ziel ist, den Begleitern von diesen betroffenen Krankenhauspatienten auf Basis einer gesetzlichen Grundlage einen einheitlich geregelten Ausgleich des durch die Betreuung ausgefallenen Verdienstes zu bieten.

Das Krankengeld hat die Krankenkasse, bei der die begleitende Person versichert ist, zu zahlen.

 

Rz. 6

Das Krankengeld i.S.d. § 44b berechnet sich wie das Krankengeld bei Arbeitsunfähigkeit. Für die Zeit der Mitaufnahme/Begleitung werden somit 70 v.H. des täglichen Bruttoarbeitsentgelts oder -arbeitseinkommens (höchstens aber 90 % des Höchstregelentgelts) gezahlt. Bei Arbeitnehmenden ist das täglich zu zahlende Krankengeld zusätzlich auf 90 % des Nettoarbeitsentgelts begrenzt. Das Krankengeld wird für Kalendertage berechnet und gezahlt.

Vom Krankengeld sind auch Beiträge zur Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung zu berechnen und zu zahlen, wenn die begleitende Person vorher in diesen Versicherungszweigen versichert war. Ihr wird dann ihr Beitragsanteil direkt vom Krankengeldzahlbetrag einbehalten.

 

Rz. 7

Das Krankengeld wird grundsätzlich für die Dauer der Begleitung – also ohne vorherige zeitliche Begrenzung auf eine Höchstanspruchsdauer – gezahlt. Erkrankt die begleitende Person selbst arbeitsunfähig, hat sie für die gleiche Zeit vorrangig Anspruch auf Krankengeld nach den §§ 44 bzw. 44a.

Handelt es sich bei dem zu begleitenden Patienten um ein behindertes Kind der begleitenden Person und sind gleichzeitig die Anspruchsvoraussetzungen für einen Anspruch auf Krankenge...

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