Rz. 4

Nur wenige Tage nach dem Vorlagebeschluss des Neunten Senats des BAG vom 16.8.2022 hatten die Fraktionen der Ampelkoalition im Bundestag die Neuregelung des § 59 Abs. 1 IfSG eingebracht.[1] Danach werden die Tage einer Absonderung unter den in der Neuregelung genannten Voraussetzungen nicht auf den Jahresurlaub angerechnet. Dazu muss der Beschäftigte verpflichtet sein, sich während seines Urlaubs nach § 30, auch in Verbindung mit § 32, oder sich aufgrund einer nach § 36 Absatz 8 Satz 1 Nummer 1 erlassenen Rechtsverordnung abzusondern (Absonderungspflicht). Die Neuregelung[2] ist am 17.9.2022 in Kraft getreten.

[1] Änderungsantrag Nr. 5 (Ausschussdrucksache des Gesundheitsausschusses 20(14)50 v. 28.8.2022) zum Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Schutzes der Bevölkerung und insbesondere vulnerablen Personengruppen vor Covid-19, BT-Drucks. 20/2573 v. 5.7.2022.
[2] BGBl. 2022 I S. 1454.

2.2.1 Absonderung nach § 30 IfSG

 

Rz. 5

Voraussetzung für die Nichtanrechnung des Urlaubs ist, dass ein Beschäftigter während seines Urlaubs nach § 30 IfSG abgesondert wird. § 30 Abs. 1 IfSG regelt die behördliche Anordnung der Absonderung. Gemäß § 28 Abs. 3 i. V. m § 16 Abs. 6 IfSG wird die Absonderung (nur) auf Vorschlag des Gesundheitsamts von der nach Landesrecht zuständigen Verwaltungsbehörde, in der Regel dem Ordnungsamt, angeordnet. Dabei wird zwischen 2 Arten der Absonderung differenziert.

  • § 30 Abs. 1 Satz 1 IfSG betrifft die Anordnung der Absonderung für die ausdrücklich genannten übertragbaren Krankheiten der Lungenpest und des hämorrhagischen Fiebers.
  • § 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG betrifft die Absonderungsanordnung für sonstige Kranke[1] sowie Krankheitsverdächtige[2], Ansteckungsverdächtige[3] und Ausscheider.[4]

§ 30 Abs. 2 IfSG regelt die zwangsweise Durchsetzung einer Absonderungsanordnung für Fälle, in denen der Betroffene einer Anordnung nach § 30 Abs. 1 IfSG nicht nachkommt oder anzunehmen ist, dass er der Anordnung nicht nachkommen wird.

[1] Vgl. zur Begriffsbestimmung § 2 Nr. 4 IfSG.
[2] Vgl. zur Begriffsbestimmung § 2 Nr. 5 IfSG.
[3] Vgl. zur Begriffsbestimmung § 2 Nr. 7 IfSG.
[4] Vgl. zur Begriffsbestimmung § 2 Nr. 6 IfSG.

2.2.2 Absonderung in Verbindung mit § 32 IfSG

 

Rz. 6

Von § 59 Abs. 1 IfSG werden auch Absonderungen nach § 30 IfSG in Verbindung mit § 32 IfSG erfasst. § 32 Satz 1 IfSG ermächtigt die Landesregierungen, eine Absonderung zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten auch durch Rechtsverordnung anzuordnen. Nach § 32 Satz 2 IfSG kann diese Ermächtigung von der Landesregierung auch auf andere Stellen (z. B. auf einen einzelnen Minister) übertragen werden, sog. Subdelegation.

Die Landesregierungen der einzelnen Bundesländer machten während der Corona-Pandemie von dieser Möglichkeit des Erlasses von Rechtsverordnungen Gebrauch, indem sie beispielsweise positiv getestete Personen verpflichteten, sich unverzüglich nach Kenntnisnahme eines positiven PCR- oder Schnelltestergebnisses in Absonderung zu begeben.[1]

[1] So z. B. § 3 Abs. 1 der vom 25.7.2022 bis 16.11.2022 in Baden-Württemberg geltenden Verordnung des Sozialministeriums zur Absonderung von mit dem Virus SARS-CoV-2 infizierten Personen und zum beruflichen Tätigkeitsverbot für Beschäftigte in medizinisch-pflegerischen Einrichtungen v. 22.7.2022, der eine mindestens 5- und höchstens 10-tägige Absonderungspflicht vorsah.

2.2.3 Absonderung aufgrund einer nach § 36 Absatz 8 Satz 1 Nr. 1 IfSG erlassenen Rechtsverordnung

 

Rz. 7

Von § 59 Abs. 1 IfSG erfasst werden auch Absonderungen aufgrund einer nach § 36 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 IfSG erlassenen Rechtsverordnung. Sofern der Deutsche Bundestag eine epidemische Lage von nationaler Tragweite festgestellt hat[1], ermächtigt § 36 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 IfSG die Bundesregierung durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrats festzulegen, dass Personen, die in die Bundesrepublik Deutschland einreisen wollen oder eingereist sind und bei denen die Möglichkeit besteht, dass sie einem erhöhten Infektionsrisiko für die Krankheit ausgesetzt waren, die zur Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite geführt hat, insbesondere, weil sie sich in einem entsprechenden Risikogebiet aufgehalten haben, sich unverzüglich nach der Einreise für einen bestimmten Zeitraum in geeigneter Weise abzusondern. Die betroffene Person muss sich dann selbst absondern, d. h. in "Quarantäne" begeben. Einer gesonderten Anordnung durch eine bestimmte Behörde bedarf es nicht. Der Absonderungstatbestand greift mit Einreise in die Bundesrepublik aus einem in der Rechtsverordnung benannten (Risiko-)Gebiet.

2.2.4 Absonderung "während des Urlaubs"

 

Rz. 8

Der Arbeitgeber ist Schuldner des Urlaubsanspruchs des Arbeitnehmers. Er hat den Urlaubszeitraum nach § 7 Abs. 1 BUrlG festzulegen.[1] Voraussetzung für die Nichtanrechnung der Tage der Absonderung ist, dass der Arbeitnehmer während des Urlaubs erkrankt. § 59 IfSG setzt damit voraus, dass die Absonderung für den zuvor vom Arbeitgeber festgelegten Urlaubszeitraum bzw. eines Teils davon behördlich angeordnet wird oder sich der Arbeitnehmer aufgrund einer Rechtsverordnung innerhalb dieses Zeitraums absondern muss.

[1] S. hierzu ausführlich Arnold, § 7 Rz. 7 ff...

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