0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift wurde durch das Gesetz v. 23.12.1976 (BGBl. I S. 3845) mit Wirkung zum 1.7.1977 eingeführt und seither mehrfach geändert. Die Abs. 2 und 3 sind am 1.1.1990 infolge des Gesetzes zur Einführung des Sozialversicherungsausweises und zur Änderung anderer Sozialgesetze v. 6.10.1989 (BGBl. I S. 1822) in Kraft getreten. Absatz 1 Satz 3 wurde durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt dahin geändert, dass die Worte "Bundesanstalt für Arbeit" durch "Bundesagentur für Arbeit" mit Wirkung zum 1.1.2004 ersetzt wurden. Mit Wirkung zum 1.1.2005 wurde in § 1 Abs. 2 die Worte "und die Grundsicherung für Arbeitssuchende; außerdem gelten die §§ 18f und 18g für die Grundsicherung für Arbeitssuchende" durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleitungen am Arbeitsmarkt ergänzt.

§ 1 Abs. 2 wurde ferner geändert durch Art. 3 Abs. 9 Nr. 2 des Gesetzes v. 14.8.2006 (BGBl. S. 1897) mit Wirkung zum 18.8.2006 und durch Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 19.12.2007 (BGBl. I S. 3024) mit Wirkung zum 1.1.2008. Absatz 4 wurde mit Wirkung zum 2.4.2009 angefügt durch das Gesetz über das Verfahren des elektronischen Entgeltnachweises v. 28.3.2009 (BGBl. I S. 634). Das SGB IV ist einschließlich des § 1 durch Bekanntmachung v. 12.11.2009 (BGBl. I S. 3710) neu gefasst worden. § 1 Abs. 4 wurde durch Art. 4 Nr. 2 des Gesetzes v. 23.11.2011 (BGBl. I S. 2298, 2300) mit Wirkung zum 3.12.2011 aufgehoben. Dies war erforderlich, weil die Vorschriften des SGB IV infolge der Aufhebung des Verfahrens des elektronischen Entgeltnachweises (ELENA) angepasst werden mussten (hierzu Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie v. 28.9.2011, BT-Drs. 17/7200 S. 9).

1 Allgemeines

 

Rz. 2

In Abs. 1 wird der sachliche Geltungsbereich der gemeinsamen Vorschriften dahin bestimmt, dass sie für die gesetzliche Kranken-, Unfall-, Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung für Landwirte sowie die soziale Pflegeversicherung gelten.Der Sinn der Legaldefinition des Begriffs "Versicherungszweige" erhellt sich allerdings nicht, weil es dieser terminologischen Klarstellung nicht bedarf (zutreffend Grüner/Dalichau, Sozialgesetzbuch, SGB IV, § 1 Rz. 1). Im Ergebnis werden damit in § 1 Abs. 1 Satz 1 die verschiedenen Versicherungszweige der Sozialversicherung umschrieben und insoweit lediglich das wiederholt, was durch § 4 SGB I bereits vorgegeben ist. Insoweit wäre es ausreichend gewesen, wenn der Gesetzgeber sich auf die Formulierung beschränkt hätte: Die Vorschriften dieses Buches gelten für die Sozialversicherung i. S. d. § 4 Abs. 1 SGB I. Die Einbeziehung der Alterssicherung für Landwirte durch das Wort "einschließlich" stellt klar, dass das SGB IV rechtssystematisch nicht von einer berufsbezogenen Gliederung der Sozialversicherung ausgeht (Seewald, in: KassKomm-SGB IV, § 1 Rz. 2). Durch das KSVG v. 27.7.1981 (BGBl. I S. 705) werden auch die "selbstständigen Künstler und Publizisten" in den Schutzbereich der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung einbezogen. Insoweit ergänzt das KSVG die Regelungen des SGB V und SGB VI (vgl. hierzu §§ 5 Abs. 1 Nr. 4, 250 Abs. 2 SGB V, §§ 2 Nr. 5, 169 Nr. 2 SGB VI).

 

Rz. 2a

Im Ergebnis bedeutet die Eröffnung des sachlichen Geltungsbereichs, dass die Vorschriften des SGB IV dann heranzuziehen sind, wenn die Bücher des SGB ausfüllungsbedürftige und dort nicht konkretisierte Rechtsbegriffe enthalten. So ist für die nähere Bestimmung des Begriffs "Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit" auf § 15 SGB IV zurückzugreifen, der über § 1 Satz 1 SGB IV auch für die Rentenversicherung gilt, weil § 34 Abs. 2 SGB VI hierzu keine nähere Bestimmung enthält (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 24.7.2013, L 3 R 173/11). Die Vorschriften des SGB IV gelten für die im SGB VI geregelte gesetzliche Rentenversicherung auch insoweit, als die die Durchführung der Nachversicherung regelnden §§ 181ff. SGB VI keine eigenständigen Vorgaben über die Erhebung von Säumniszuschlägen für fällig gewordene Nachversicherungsbeiträge enthalten.

 

Rz. 3

Sachlich grenzt § 1 Abs. 1 den Anwendungsbereich zur Privatversicherung, zur betrieblichen und überbetrieblichen Altersversorgung sowie zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen ab (vgl. Grüner/Dalichauzuberufsständische Versorgungssysteme siehe auch BSG, Urt v 13.6.1989, 2 RU 50/88). Die Gemeinsamen Vorschriften beziehen sich nach § 1 Abs. 1 Satz 1 in erster Linie auf die Sozialversicherung, für die sie bis zur Einfügung des Abs. 2 Satz 2 und 3 ausschließlich galten. Vom sachlichen Geltungsbereich nicht erfasst ist ferner das soziale Entschädigungsrecht (§ 5 SGB I).

 

Rz. 4

Mittels des durch § 1 festgelegten sachlichen Geltungsbereichs werden die allgemeinen Vorschriften des SGB I verdrängt. So sind z. B. unbeschadet des in § 30 Abs. 1 SGB I verankerten Wohnsitzprinzips gemäß § 37 Satz 1 SGB I die in § 3 SGB IV aufgestellte Bestimmungen für den persönlichen und räumliche...

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