3.5.1 Erlass eines Haftungsbescheids

Wird der Arbeitgeber für zu wenig erhobene Lohnsteuer haftungsweise in Anspruch genommen, erteilt ihm das Finanzamt einen Haftungsbescheid mit Rechtsbehelfsbelehrung und Erläuterung der Steuerfestsetzung. Auf einen schriftlichen Haftungsbescheid verzichtet das Finanzamt, soweit der Arbeitgeber die einzubehaltende Lohnsteuer angemeldet hat oder nach Abschluss einer Lohnsteuer-Außenprüfung seine Zahlungsverpflichtung schriftlich anerkennt.[1] Hat das Finanzamt einen Haftungsbescheid bekannt gegeben, tritt für diesen eine Änderungssperre ein.[2] Nach dieser Vorschrift können Steuerbescheide, die aufgrund einer Außenprüfung ergangen sind, nur bei Vorliegen einer Steuerhinterziehung oder Steuerverkürzung geändert werden. Ein anderer lohnsteuerpflichtiger Sachverhalt kann deshalb nur dann zum Erlass eines weiteren Haftungsbescheids für den gleichen Zeitraum führen, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt.[3] Für die durch Haftungsbescheid angeforderten Steuerbeträge ist eine Zahlungsfrist von einem Monat anzusetzen.

 
Wichtig

Pflichtangaben im Haftungsbescheid

In dem Haftungsbescheid muss das Finanzamt angeben:

  • den Namen des Arbeitnehmers,
  • die Höhe der auf den Arbeitnehmer entfallenden Steuer für die einzelnen Kalenderjahre und
  • die Berechnungsgrundlagen für die Nachforderung.

3.5.2 Aufteilung der Haftungsschuld bei mehreren Arbeitnehmern

Wird der Arbeitgeber für die Lohnsteuer mehrerer Arbeitnehmer in Anspruch genommen, muss im Haftungsbescheid oder in einer Anlage hierzu (z. B. im Prüfungsbericht), die auf den einzelnen Arbeitnehmer entfallende Steuerschuld angegeben werden, damit der Arbeitgeber die Höhe der nachgeforderten Lohnsteuer überprüfen und von den Arbeitnehmern Ersatz der verauslagten Lohnsteuern fordern kann. Zur Angabe der auf den einzelnen Arbeitnehmer entfallenden Steuerschuld im Haftungsbescheid ist das Finanzamt aber nur dann verpflichtet, wenn dies möglich und für das Finanzamt zumutbar ist.[1] Das Finanzamt kann deshalb von der getrennten Angabe absehen, wenn im Haftungsbescheid ein durchschnittlicher Bruttosteuersatz zugrunde gelegt werden konnte.[2]

3.5.3 Nachforderungs- statt Haftungsbescheid

Steuerübernahme nach betriebsindividuellem Pauschsteuersatz

Die in einer größeren Zahl von Fällen nachzuerhebende Lohnsteuer kann auch mit einem betriebsindividuellen Pauschsteuersatz berechnet werden.[1] Voraussetzung hierfür ist, dass der Arbeitgeber dies beantragt. In diesem Fall ergeht kein Haftungsbescheid, sondern ein Nachforderungsbescheid (= Steuerbescheid gemäß § 155 AO), weil der Arbeitgeber die pauschalierte Lohnsteuer selbst schuldet. Die Nacherhebung der Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz ist sowohl für laufenden Arbeitslohn als auch für sonstige Bezüge möglich. Die Pauschalierungsgrenze von 1.000 EUR, die bei der Pauschalbesteuerung sonstiger Bezüge durch den Arbeitgeber anzuwenden ist, gilt hier nicht. Soweit kein fester Pauschsteuersatz anzuwenden ist, wie es z. B. der Fall wäre bei nachzuversteuernden Arbeitslöhnen für Teilzeitbeschäftigte oder nachzuversteuernden Zukunftssicherungsleistungen, ist für die Nachversteuerung ein besonderer Pauschsteuersatz zu ermitteln. Dazu wird für das jeweilige Zuflussjahr des nachzuversteuernden Arbeitslohns der Bruttosteuersatz ermittelt und dieser auf den Nettosteuersatz hochgerechnet.[3]

Schätzung der nachzuerhebenden Lohnsteuer

Kann der Außenprüfer bzw. das Finanzamt die Höhe der nachzuversteuernden Beträge oder ihre individuelle Zuordnung auf die einzelnen Arbeitnehmer nicht feststellen, ist die nachzuerhebende Lohnsteuer nach § 162 AO in Anlehnung an § 40 Abs. 1 EStG i. d. R. mit dem Bruttosteuersatz zu schätzen.

Übernimmt der Arbeitgeber die Lohnsteuerabzugsbeträge endgültig, führt dies im Kalenderjahr der Zahlung zu einem weiteren geldwerten Vorteil, der mit dem Nettosteuersatz zu versteuern und vom Arbeitgeber zu tragen ist.

Ablauf der Festsetzungsfrist

Die Festsetzung von Lohnsteuern gegenüber dem Arbeitgeber ist nicht mehr zulässig, wenn eine Nachforderung vom Arbeitnehmer nicht mehr möglich ist, z. B. weil die Festsetzungsfrist für seine Einkommensteuererklärung abgelaufen ist. Deshalb ist gesetzlich geregelt, dass die gegenüber dem Steuerschuldner (Arbeitnehmer) geltende Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen (Arbeitgeber) geltenden Festsetzungsfrist endet.[4]

Diese Regelung vermeidet, dass durch Verzögerungen seitens des Arbeitgebers Steuernachforderungen und Handlungen der Finanzverwaltung so lange hinausgeschoben werden können, bis die für die Einkommensteuerveranlagung des Arbeitnehmers maßgebende Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Zugleich wird damit Steuerausfällen vorgebeugt, die sich bei Anwendung der aktuellen BFH-Rechtsprechung ergeben könnten.[5]

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