Widerspruch bei Betriebsübergang

Bei Ausübung des Widerspruchsrechts nach einem erfolgten Betriebsübergang (§ 613a Abs. 6 BGB) entsteht rückwirkend kein Arbeitsverhältnis zum Betriebserwerber, weil der Widerspruch auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs zurückwirkt.[1]

Der Arbeitnehmer hat bei tatsächlich erbrachter Arbeitsleistung dennoch einen Vergütungsanspruch gegen den Betriebserwerber.[2] Ansprüche, die nicht auf der erbrachten Arbeitsleistung beruhen (z. B. Ansprüche auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Weihnachtsgratifikationen o. ä.), können hingegen nur gegenüber dem Betriebsveräußerer als dem weiterhin rechtlichen Arbeitgeber geltend gemacht werden – insoweit unterscheiden sich die Rechtsfolgen gegenüber den sonstigen Fällen faktischer Arbeitsverhältnisse, in denen jegliche vertragliche Grundlage fehlt.

Fortsetzung der Tätigkeit nach Ablauf eines befristeten Arbeitsverhältnisses

Ein faktisches Arbeitsverhältnis entsteht auch dann, wenn das befristete Arbeitsverhältnis aufgrund eines wirksamen Widerspruchs des Arbeitgebers nach § 15 Abs. 6 TzBfG an sich beendet wurde, der Arbeitnehmer danach jedoch noch seine Tätigkeit für den Arbeitgeber fortgesetzt hat. Die gesetzliche Fiktion einer unbefristeten Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 15 Abs. 6 TzBfG greift nicht.[3]

 
Praxis-Beispiel

Fortsetzung der Tätigkeit nach Ablauf eines befristeten Arbeitsverhältnisses

Die Parteien haben einen befristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen. Vor Fristablauf fordert der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf, eine schriftliche Verlängerung des Vertrags zu vereinbaren und weist ihn darauf hin, dass anderenfalls keine Verlängerung zustande kommt. Setzt der Arbeitnehmer daraufhin die Tätigkeit fort, ohne zu unterschreiben, gilt das Arbeitsverhältnis nicht nach § 15 Abs. 5 TzBfG auf unbestimmte Zeit verlängert. Vielmehr entsteht ein faktisches Arbeitsverhältnis, welches der Arbeitgeber jederzeit kündigen kann.[4]

Weiterbeschäftigung während eines Kündigungsschutzprozesses

Die freiwillige Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers während des Kündigungsschutzprozesses aufgrund eines Prozessarbeitsverhältnisses ist dagegen nicht nach den Grundsätzen des faktischen Arbeitsverhältnisses zu beurteilen; von besonderer Bedeutung ist dabei, dass es sich regelmäßig um ein befristetes Arbeitsverhältnis handelt, welches dem Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG unterliegt.[5] Der gerichtlich erzwungene Weiterbeschäftigungsanspruch während des laufenden Kündigungsrechtsstreits allein zur Abwendung der Zwangsvollstreckung begründet dagegen kein Arbeitsverhältnis – vielmehr entsteht ein faktisches Beschäftigungsverhältnis.[6] Es ist nach allgemeinem Zivilrecht abzuwickeln: Hat der Arbeitnehmer trotz wirksamer Kündigung weiter gearbeitet, hat der Arbeitgeber den Wert der erbrachten Arbeitsleistung gemäß § 812 Abs. 2 BGB zurück zu gewähren. Dieser besteht in der üblichen Vergütung.[7] U. U. kann dieser Bereicherungsanspruch unter dem gezahlten Lohn liegen, der Arbeitnehmer ist dann zur Rückerstattung verpflichtet.[8]

[1] BAG, Urteil v. 14.12.2006, 8 AZR 763/05: keine "ex-nunc"-Modifikation des § 142 Abs. 1 BGB, weil dies gerade dem Sinn und Zweck des Widerspruchsrechts widerspricht.
[2] LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 20.11.2013, 21 Sa 866/13; LAG München, Urteil v. 24.2.2011, 4 Sa 1056/10.
[4] Vgl. BAG, Urteil v. 7.10.2015, 7 AZR 40/14; ergänzend BAG, Urteil v. 15.2.2017: anders, wenn der Arbeitgeber im Widerspruch zu seiner Erklärung dem Arbeitnehmer einen Arbeitsplatz zur Verfügung stellt und die Arbeitsleistung entgegennimmt.

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