Urlaub nach Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses?

Ein befristetes Arbeitsverhältnis verlängert sich nicht dadurch, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmenden Urlaub über die Befristung hinaus gewährt. Das hat das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil erneut klargestellt.

Ein befristet vereinbartes Arbeitsverhältnis kann trotz Befristung fortbestehen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin über diesen Zeitpunkt hinaus beschäftigt. § 15 Abs. 6 TzBfG sieht für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Zeit, für die es eingegangen wurde, oder nach Zweckerreichung mit Wissen des Arbeitgebers fortgesetzt wird, eine gesetzliche Fiktion vor: Wenn der Arbeitgeber nicht unverzüglich widerspricht oder dem Arbeitnehmer die Zweckerreichung nicht unverzüglich mitteilt, gilt das Arbeitsverhältnis "als auf unbestimmte Zeit verlängert".

Anders sieht es nach ständiger BAG-Rechtsprechung aus, wenn der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer Urlaub über den Ablauf der Befristung hinaus gewährt. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte vorliegend einen solchen Fall zu beurteilen.

Der Fall: Urlaubsgewährung über Befristung hinaus

Arbeitgeber und Arbeitnehmer stritten darüber, ob zwischen beiden ein unbefristetes Arbeitsverhältnis als Rechtsfolge von § 15 Abs. 6 TzBfG entstanden ist. Der Arbeitnehmer war seit Juli 1999 aufgrund einer Reihe befristeter Arbeitsverträge mit unterschiedlichen Aufgaben in einem Arbeitsverhältnis bei einem Postnachfolgeunternehmen beschäftigt. Eigentlich ist er Beamter der Bundespost und wurde für die jeweiligen Tätigkeiten beurlaubt.

Zuletzt stand er in einem befristeten Arbeitsverhältnis, das zum 30. September 2020 enden sollte. Der Arbeitgeber gewährte ihm Anfang September noch Urlaubstage im Oktober. Zu einem Anschlussvertrag kam es nicht. Der Arbeitnehmer klagte vor Gericht auf Feststellung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses ab dem 1. Oktober 2020, da sein Arbeitsverhältnis mit Wissen des Arbeitgebers über den 30. September 2020 hinaus fortgesetzt worden sei. 

BAG: Ohne Weiterarbeit keine gesetzliche Fiktion eines Arbeitsverhältnisses

Das BAG war anderer Ansicht und entschied, dass zwischen den Parteien kein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstanden ist. Es stellte klar, dass der Tatbestand des § 15 Abs. 6 TzBfG nicht erfüllt ist, wenn einem Arbeitnehmer für die Zeit nach Ablauf seines befristeten Arbeitsverhältnisses Urlaub gewährt wird.

In der Begründung führte es aus, dass die gesetzliche Regelung auf der Erwägung beruhe, dass die Fortsetzung der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer mit Wissen des Arbeitgebers im Regelfall der Ausdruck eines stillschweigenden Willens der Parteien zur Verlängerung des Arbeitsverhältnisses ist. Dafür müsse der Arbeitnehmer aber auch tatsächlich weiterarbeiten. Es genüge nicht, dass der Arbeitgeber einseitig Leistungspflichten erfülle, während er Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung erbringe. Die bloße Urlaubsgewährung, wie im vorliegend Fall, reiche daher grundsätzlich nicht aus.


Hinweis: BAG, Urteil vom 9. Februar 2023, Az: 7 AZR 266/22; Vorinstanz: LAG Hamburg, Urteil vom 30. Juni 2022, Az: 3 Sa 19/21


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Schlagworte zum Thema:  BAG-Urteil, Urlaub, Befristung, Arbeitsverhältnis