Umfang der zu berücksichtigenden Arbeitnehmer

In der betrieblichen Praxis bereitet die Ermittlung des in die soziale Auswahl einzubeziehenden Personenkreises besondere Schwierigkeiten. Während die Weiterbeschäftigungspflicht auf anderen freien Arbeitsplätzen unternehmensbezogen ausgestaltet ist, beschränkt sich die soziale Auswahl auf den jeweiligen Beschäftigungsbetrieb.[1]

Werden kündigungsschutzrechtlich maßgebliche Entscheidungen in Bezug auf die wesentlichen personellen und sozialen Angelegenheiten jedoch betriebsübergreifend von einer Stelle aus entschieden und in der Umsetzung gesteuert, bilden diese Betriebe einen kündigungsschutzrechtlichen Betrieb im Sinne des § 23 KSchG. Dieser kündigungsschutzrechtliche Betrieb ist dann auch Grundlage der Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG.

Völlig unerheblich ist, ob diese Strukturen auch betriebsverfassungsrechtlich mit entsprechenden Betriebsratswahlen abgebildet werden.[2] Die betriebs- bzw. standortübergreifende Betrachtungsweise ist hingegen ausgeschlossen, wenn die Betriebe bzw. Standorte jeweils getrennt geführt werden. Dies gilt selbst dann, wenn in den Arbeitsverträgen eine standortübergreifende Direktionsbefugnis (Versetzungsvorbehalt) vereinbart wurde.[3]

Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer

Zu dem auswahlrelevanten Personenkreis zählen alle von einer betrieblichen Maßnahme (z. B. Einführung von neuen Produktionsmethoden) betroffenen vergleichbaren Arbeitnehmer. Die Vergleichbarkeit der in die soziale Auswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer richtet sich in erster Linie nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen.[4]

Der Arbeitgeber muss zunächst feststellen, welche Arbeitsplätze durch innerbetriebliche Maßnahmen oder durch außerbetriebliche Ursachen ganz oder teilweise wegfallen.

Arbeitsplätze mit identischen oder vergleichbaren Aufgabengebieten stellen die objektive Komponente des Auswahlverfahrens dar. Bei völliger Identität der Aufgabenstellung ist die Vergleichbarkeit von Arbeitnehmern zu bejahen. Bei einer nur partiellen Identität der Aufgabenbereiche hängt die Vergleichbarkeit davon ab, ob die betreffenden Arbeitnehmer in der Weise ausgetauscht werden können, dass sie unter Berücksichtigung ihrer beruflichen Qualifikation und bei Beachtung ihrer seitherigen betrieblichen Aufgabenstellung in der Lage sind, die andersartige, aber gleichwertige Arbeit auszuüben. In die soziale Auswahl sind danach grundsätzlich nur diejenigen Arbeitnehmer einzubeziehen, die gegenseitig austauschbar sind.[5]

Die Austauschbarkeit der Arbeitnehmer ist stets im Einzelfall zu ermitteln. Kriterien hierfür sind die Berufsausbildung sowie die im Laufe der Beschäftigung gewonnenen beruflichen Erfahrungen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass jeder Arbeitnehmer auf seinem Arbeitsplatz einen Routinevorsprung hat, sodass eine erforderliche Einarbeitungszeit der Austauschbarkeit nicht entgegensteht. Man spricht insofern von einer "qualifikationsmäßigen Austauschbarkeit".[6]

Erforderlich ist allerdings eine alsbaldige Substituierbarkeit, die bei einer Einarbeitungszeit von 3 Monaten nicht mehr vorliegt.[7] Auch wenn die Arbeitnehmer aufgrund ihrer beruflichen Qualifikation und Berufserfahrung austauschbar sind, ist Vergleichbarkeit nach der Rechtsprechung des BAG nur dann gegeben, wenn die Zuweisung des anderen Arbeitsplatzes ohne Änderung des Arbeitsvertrags einseitig kraft Direktionsrechts möglich ist[8], d. h. der Arbeitgeber den Arbeitnehmer ohne Änderungskündigung einseitig auf den anderen Arbeitsplatz umsetzen oder versetzen kann. Man spricht insofern auch von einer "arbeitsvertraglichen Austauschbarkeit".[9]

Nach einem Urteil des LAG Köln[10] vom 28.9.2007 steht der Einbeziehung von Mitarbeitern in die Sozialauswahl nicht entgegen, dass diese die Tätigkeit des wegen Wegfalls seines Arbeitsplatzes bedrohten Arbeitnehmers nicht verrichten können. Vielmehr kommt es umgekehrt darauf an, ob der kündigungsbedrohte Arbeitnehmer in der Lage ist, die Tätigkeiten eines anderen Arbeitnehmers, dessen Arbeitsplatz nicht wegfällt, ordnungsgemäß zu verrichten. Ob dies mit der ständigen Rechtsprechung des BAG[11] zu vereinbaren ist, ist allerdings fraglich.

In der Praxis empfiehlt sich, den Kreis der in die soziale Auswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer nach qualifikationsmäßiger und arbeitsvertraglicher Austauschbarkeit in der Weise vorzunehmen, dass die betreffenden Arbeitnehmer nach ihren bisherigen Tätigkeiten miteinander verglichen werden können und damit gegeneinander austauschbar sind.

 
Hinweis

Vergleichbare Tätigkeit

Einen Anhaltspunkt für das Vorliegen einer vergleichbaren Tätigkeit stellt die tarifliche Eingruppierung dar.[12]

Vergleichbarkeit auf einer Hierarchieebene

Die Festlegung des auswahlrelevanten Personalkreises erfolgt auf derselben Ebene der Betriebshierarchie[13] (sog. horizontale Vergleichbarkeit, z. B. auf der Ebene der Ingenieure, Techniker, Meister, Maschinisten). Arbeitnehmer auf höheren und niedrigeren Betriebsebenen sind nicht in die Sozialauswahl einzubeziehen. Ein sog. vertikaler Vergleich...

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