Inflationsausgleichsprämie: schwierige Frage der Verteilung

Die Inflationsausgleichsprämie, kurz IAP, hält derzeit manche Unternehmen auf Trab, manche wissen noch nicht einmal, wofür und an wen sie überhaupt ausgezahlt werden kann. Unsere Kolumnistin Christiane Droste-Klempp hat sich für Sie umgehört und wissenswerte Fakten zur IAP zusammengetragen.

Lauschen Sie folgender Unterhaltung, die ich kürzlich auf einem sogenannten "Kaminabend mit Personalverantwortlichen" geführt habe: "Zahlen Sie die Inflationsausgleichsprämie?", fragte dort ein älterer Herr, Personalleiter eines mittelständischen Unternehmens. Die Antworten waren unterschiedlich. Von "haben wir bereits" bis "wir überlegen noch", von "nein – eher nicht" bis hin zu "Was ist das genau, diese Inflationsausgleichsprämie?" war alles dabei. Und was ist mit Ihnen? Zahlen Sie die IAP?

Klarer Sinn und Zweck der IAP

In jedem Fall lässt sich – auch bei mir – folgender Gedanke nicht unterdrücken: erneut etwas Neues und welche Voraussetzungen hierfür gelten, das weiß man wieder nicht so ganz genau. Aber ganz bestimmt gibt es wieder eine tolle FAQ. Und ja, die gibt es selbstverständlich. Sie ist mit Datum 7. Dezember 2022 auf der Seite des Bundesministeriums für Finanzen zu finden.

Der Sinn und Zweck der IAP ist es, die wirtschaftlichen Folgen des russischen Angriffskrieges abzufedern und zugleich sicherzustellen, dass die Inflation nicht zu dauerhaften Lohnerhöhungen führt, da bekanntermaßen dauerhafte Lohnerhöhungen die Inflation weiter vorantreiben würde. Also wurde im "Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz" eine IAP verabschiedet und in den § 3 Nr. 11c EStG neu eingefügt. Diese Prämie soll es Arbeitgebern grundsätzlich ermöglichen, in der Zeit von 26. Oktober 2022 bis 31. Dezember 2024 einen Betrag von bis zu 3.000 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei an ihre Arbeitnehmenden auszuzahlen. Ob die IAP gezahlt wird, hängt von einer arbeitsrechtlichen Anspruchsgrundlage ab (ggf. Regelung im Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung). Auf gesetzlicher Grundlage gibt es keinen Anspruch auf die IAP.

Schwierige Frage nach der Verteilung

Hingegen ist das "Wie" - also die Frage, wie die IAP bei Zahlung verteilt wird - zweifelsfrei arbeitsrechtlich anspruchsvoll und nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitbestimmungspflichtig. Somit liegt der Ball in diesem Fall mehr beim Arbeitsrecht. Denn damit hier nicht im Nachgang mit unschönen Überraschungen zu rechnen ist, sollte jeder Arbeitgeber bei der Umsetzung die Anforderungen des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes beachten.

Der Gleichbehandlungsgrundsatz wiederum …

  • ist eine Schranke der Ausübung der Vertragsfreiheit.
  • ist ein Gebot der Verteilungsgerechtigkeit.
  • verlangt, Gleiches gleich und Ungleiches entsprechend seiner Eigenart ungleich zu behandeln.
  • verbietet die willkürliche/sachfremde Differenzierung zwischen Beschäftigten in einer bestimmten Gruppe.
  • verbietet eine sachfremde Gruppenbildung.

Keine Differenzierung nach Leistungskriterien

So mancher Arbeitgeber wird womöglich nicht allen Arbeitnehmenden seines Unternehmens den Höchstbetrag der Inflationsausgleichsprämie gewähren wollen. Er könnte beispielsweise die Höhe und Auszahlungsmodalitäten der Prämie an weitere Kriterien knüpfen wollen, um diese gegebenenfalls für unterschiedliche Arbeitnehmergruppen unterschiedlich auszugestalten. Wie bereits im oberen Teil angesprochen ist bei dem "Ob" und "Wie" zu überprüfen, ob sachliche Gründe eine Ungleichbehandlung rechtfertigen.

Klar ist, dass die IAP die wirtschaftliche Belastung abfedern soll. Damit liegt es nicht fern, als Ansatzpunkt heranzuziehen, welche Arbeitnehmenden durch die gestiegenen Preise besonders betroffen sind. Das Anknüpfen an die Einkommenssituation oder an soziale Gesichtspunkte wäre somit denkbar. Hingegen verbietet sich ausdrücklich eine Differenzierung nach Leistungskriterien.

IAP muss zusätzlich gewährt werden

Um die Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit der IAP sicherzustellen, ist es grundsätzlich nicht möglich, entgelt- oder sonstige vergütungsrelevante Leistungen zu kürzen und stattdessen eine Inflationsausgleichsprämie zu zahlen. Denn gemäß § 3 Nr. 11c EStG muss die Inflationsausgleichsprämie "zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" gewährt werden. Demnach sind folgende Voraussetzungen für die Anwendung des § 3 Nr. 11c EStG zwingend einzuhalten:

  • Der Begünstigungszeitraum ist zeitlich befristet - vom Tag nach der Verkündung des Gesetzes (26. Oktober 2022) bis zum 31. Dezember 2024. Der großzügige Zeitraum soll den Arbeitgebern Flexibilität geben.
  • Bei den 3.000 Euro soll es sich um einen Freibetrag handeln. Begünstigt sind Barzuschüsse und Sachbezüge.
  • Die Leistungen soll der Arbeitgeber auch in mehreren Teilbeträgen erbringen können.
  • Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass die Leistung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt wird (§ 8 Abs. 4 EStG).

An den Nachweis, dass die Sonderzahlung im Zusammenhang mit den allgemeinen Preissteigerungen steht, sind keine besonderen Anforderungen gestellt. Es reicht grundsätzlich aus, wenn der Arbeitgeber bei Gewährung der Leistung in beliebiger Form (z. B. durch einen entsprechenden Hinweis auf dem Überweisungsträger im Rahmen der Lohnabrechnung) deutlich macht, dass diese im Zusammenhang mit der Preissteigerung steht.

Kein Rechtsanspruch, aber Gestaltungsspielraum

Zusammenfassend kann für die Nutzung der Inflationsausgleichsprämie festgehalten werden, dass es Unternehmen gibt, die diese schon gezahlt haben, andere diese noch zahlen werden und wieder andere noch nicht wissen, ob sie die IAP nutzen werden. Einen Rechtsanspruch auf gesetzlicher Grundlage gibt es eben nicht!

Allerdings muss dem Arbeitgeber bewusst sein, dass im Fall der Gewährung der IAP nicht allein die steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Voraussetzungen eingehalten werden müssen. Der Arbeitgeber sollte sich unbedingt auch der arbeitsrechtlichen Risiken bewusst sein. Darüber hinaus besteht ein sehr gut nutzbarer Gestaltungsspielraum, der insbesondere im Rahmen von Tarifverhandlungen durch die Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit der IAP eine Rolle spielen kann, um Kompromisse einzugehen und ein für beide Seiten akzeptables Gesamtergebnis erzielen zu können.


Lesen Sie zu diesem Thema auch unseren Beitrag "Inflationsausgleichsprämie: Bis zu 3.000 Euro steuerfrei".


Christiane Droste-Klempp arbeitet im eigenen Unternehmen als Trainerin, Beraterin und Projektleiterin für sämtliche Themen des Lohnsteuer- und Sozialversicherungsrechts und berät seit vielen Jahren Unternehmen bei der Auswahl und Umsetzung strategischer Personalmodelle.