Zurück ins Büro, aber nicht ohne den Betriebsrat
"Return to office"? In vielen Unternehmen wächst derzeit der Wunsch nach einer Präsenzpflicht für Bürobeschäftigte. Im vorliegenden Fall führte dies zu einer Auseinandersetzung zwischen Arbeitgeber, der Allianz Reinsurance am Standort München und dem dortigen Betriebsrat. Mit einer Anordnung von 4 Tagen Präsenz im Büro im Monat wollte der Arbeitgeber die bestehenden Möglichkeiten zu mobiler Arbeit und Homeoffice ändern. Hiergegen sprach sich der Betriebsrat aus, denn seiner Ansicht nach hätte der Arbeitgeber dies mit ihm abstimmen müssen. Das LAG München gab ihm recht - Grund war auch eine noch gültige Betriebsvereinbarung aus 2016.
Der Fall: Arbeitgeber ordnet Präsenztage im Büro an
Diese Betriebsvereinbarung über eine flexible Arbeitszeitregelung in der Allianz SE Reinsurance sah mobiles Arbeiten für Mitarbeitende in Abstimmung mit ihren Vorgesetzten vor, wobei Arbeit grundsätzlich primär im Büro geleistet werden sollte. Aufgrund der Coronapandemie wurden Mitarbeitende zeitweise angewiesen im Homeoffice zu arbeiten, zuletzt galt völlige Freiwilligkeit im Unternehmen in Bezug auf eine Homeoffice-Tätigkeit. Dies wollte der Arbeitgeber im April 2023 ändern. Nachdem eine Kontaktaufnahme mit dem Betriebsrat über ein "Ende der Freiwilligkeit" und der Umsetzung eines "Return to Office" ohne Ergebnis verlaufen war, konkretisierte der Arbeitgeber einseitig die Betriebsvereinbarung und ordnete vier Präsenztage pro Monat für Mitarbeitende auf Basis eines Präsenzkatalogs an, sowie Präsenz bei Vorliegen bestimmter betrieblicher Gründe.
Betriebsrat widerspricht der Präsenz-Anordnung
Dieser Anordnung widersprach der Betriebsrat und rügte, dass sein Mitbestimmungsrecht in der Angelegenheit verletzt worden sei. Per Eilverfahren beantragte er vor dem Arbeitsgericht, den Arbeitgeber zu verpflichten, die Anordnung wieder zurückzunehmen. Er machte geltend, dass bei der Änderung der während der Corona-Pandemie geschaffenen Regeln, die aus seiner Sicht einen Anspruch auf mobiles Arbeiten eingeschlossen hätten, ein Mitbestimmungsrecht bestehe. Selbst wenn die Betriebsvereinbarung von 2016 noch gelten sollte, seien die getroffenen neuen Regelungen jedenfalls nicht von dieser gedeckt.
Anordnung der Präsenzpflicht nicht ohne Abstimmung mit Betriebsrat
Das Landesarbeitsgericht München hat anders als zuvor das Arbeitsgericht dem Betriebsrat im zweiten Punkt recht gegeben. Es hat festgestellt, dass dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 BetrVG ein Anspruch auf Unterlassung der Anordnung zu Präsenzpflichten zusteht. Diese sei ohne seine Mitbestimmung getroffen worden und war von der bestehenden Betriebsvereinbarung nicht gedeckt. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Ausgestaltung von mobiler Arbeit, also auch der Arbeit im Homeoffice. Dieses Recht habe der Arbeitgeber vorliegend verletzt. Das Gericht wies daraufhin, dass aus dem allgemeinen Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit gemäß § 2 BetrVG als Nebenpflicht das Gebot abgeleitet werden könne, alles zu unterlassen, was der Wahrnehmung der erzwingbaren Mitbestimmung gemäß § 87 BetrVG entgegensteht.
Betriebsrat kann Rücknahme der Anordnung zur Präsenzpflicht verlangen
Es sei der eindeutige Willen des Gesetzgebers, dass der Arbeitgeber Maßnahmen in diesem Bereich nur mit Zustimmung des Betriebsrats durchführen könne. Wenn er dagegen verstoße, indem er den Betriebsrat übergehe, entstehe eine betriebsverfassungswidrige Lage. Daher könne der Betriebsrat die Beseitigung der betriebsverfassungswidrigen Anweisung verlangen, argumentierte das LAG München.
Der Beschluss ist als Entscheidung im einstweiligen Rechtschutz unanfechtbar und damit rechtskräftig.
Hinweis: LAG München, Beschluss vom 10.8.2023, Az: 8 TaBVGa 6/23
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