Unternehmen halten an Corona-Maßnahmen fest

Mit dem Ende der gesetzlichen Vorgaben zu Homeoffice und 3G am Arbeitsplatz tragen Arbeitgeber künftig die Verantwortung für den Corona-Schutz im Betrieb. Volle Büros ohne Abstand, Test- oder Maskenpflicht wird es aber so schnell nicht geben, wie die Überlegungen einiger großer Unternehmen zeigen.

Statt gesetzlicher Vorgaben geht der neue Kurs in der Coronapandemie zur Eigenverantwortung in den Betrieben: Mit dem neuen Infektionsschutzgesetz endeten zum 19. März 2022 die bisher zwingenden Corona-Maßnahmen wie Homeoffice-Pflicht oder 3G-Regelung am Arbeitsplatz. Trotz hoher Corona-Infektionszahlen liegt die Verantwortung für den Corona-Schutz der Beschäftigten nun in den Händen der Arbeitgeber. Viele Unternehmen verlängern jedoch die Maßnahmen wie wöchentliche Coronatests und ermöglichen weiterhin das Arbeiten im Homeoffice.

Infektionsschutz: Mehr Eigenverantwortung in Betrieben gefragt

Mit der neuen Corona-Arbeitsschutzverordnung gibt es für Unternehmen weniger festgelegte Regeln. Welche Maßnahmen sinnvoll sind, um Beschäftigte im Betrieb vor dem Coronavirus zu schützen, müssen Arbeitgeber künftig im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung prüfen. Sie müssen die Infektionsgefahr selbst einschätzen und ihr Hygienekonzept daran anpassen. Sofern im Unternehmen Betriebsräte vorhanden sind, haben diese ein Mitbestimmungsrecht bei der Gefährdungsbeurteilung und dem Hygienekonzept.

Tests, Masken, Homeoffice: Viele große Unternehmen halten an Maßnahmen fest

Ein Zurück in die Normalität vor Beginn der Coronapandemie wird es in den Büros womöglich nie geben. Zumindest so schnell ändert sich auch jetzt noch nichts: Viele große Unternehmen in Deutschland wollen zunächst an kostenlosen Tests und Masken für ihre Beschäftigten festhalten, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab. Auch eine Rückkehr in die Büros wird flexibel gehandhabt.

Die Deutsche Telekom etwa setzt weiterhin auf Masken und will Arbeitnehmenden zwei Coronatests pro Woche anbieten. Man plane eine vermehrte Rückkehr ins Büro, teilte das Unternehmen mit. "Klar ist aber auch, dass es kein Zurück zum alten Status quo geben wird. Mobiles Arbeiten hat seine Vorteile und ist gekommen, um zu bleiben", heißt es weiter.

Die Commerzbank fährt einen etwas anderen Kurs: "Bei uns können Mitarbeitende grundsätzlich bis zu 50 Prozent ihrer Arbeitszeit von zu Hause arbeiten, sofern dies mit ihrer Tätigkeit vereinbar ist", teilt die Bank mit. Angesichts der Corona-Lage dürften Angestellte auch in den kommenden Wochen überwiegend von zu Hause aus arbeiten.

Auch beim Pharma- und Pflanzenschutzkonzern Bayer wird ein Hybrid-Modell aus Homeoffice- und Präsenz-Arbeit angestrebt. "In der momentanen Situation mit steigenden Infektionszahlen, aber auch infolge des Kriegs in der Ukraine exorbitant gestiegenen Kraftstoffpreisen ist es für alle Beteiligten nur vernünftig, vorläufig weiter überwiegend im Homeoffice zu arbeiten", so Bayer.

Die Allianz erlaubt bis zu 50 Prozent der Belegschaft die Rückkehr in die Büros. Es gelte das Prinzip der Freiwilligkeit, hieß es von dem Dax-Konzern. Zuletzt hatten nach Konzernangaben rund 80 Prozent der Beschäftigten von zu Hause gearbeitet.

Auch der Autovermieter Sixt baut auf eine 50:50-Regelung. Man setze auf die Entscheidungsfreiheit der Mitarbeitenden und werde nicht kontrollieren, wer wie viel von zu Hause aus oder im Büro arbeite, erklärt eine Sprecherin.

Bei Siemens bleibe die Empfehlung, im Homeoffice zu arbeiten, bestehen, so ein Unternehmenssprecher. Eine hundertprozentige Rückkehr in die Büros sei nicht das Ziel. Nach der Pandemie hätten die Beschäftigten grundsätzlich die Möglichkeit, zwei bis drei Tage die Woche mobil zu arbeiten.

Bei der Deutschen Post ist das Arbeiten vor Ort nach Konzernangaben überwiegend erforderlich. Mitarbeitende der Verwaltung hätten seit Jahren die Möglichkeit, von zu Hause zu arbeiten. "Die Erfahrungen aus der Coronapandemie haben die Deutsche Post DHL Group darin bestärkt, dass hybride Arbeitsmodelle, die sowohl das Arbeiten im Büro als auch von zu Hause umfassen, zukünftig noch stärker an Relevanz gewinnen werden", erklärt eine Sprecherin.

Das Telekommunikationsunternehmen Telefónica Deutschland mit seiner Marke O2 öffnet seine Standorte schrittweise und geht in ein hybrides Arbeitsmodell über, bei dem es sowohl Austausch vor Ort als auch digitale Zusammenarbeit gibt. Wie ein Sprecher sagt, werden die Standorte zunächst mit einer Auslastung von 33 bis 50 Prozent der verfügbaren Arbeitsplätze geöffnet.

Kommt das Ende der Corona-Maßnahmen zu früh?

Angesichts der anhaltend hohen Infektionszahlen gehen die Meinungen zum Ende der gesetzlichen Vorgaben auseinander. Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reiner Hoffmann, warnt davor, dass der Arbeitsplatz wieder zu einem Infektionsherd wird. Er fordert angesichts der "Rekord-Inzidenzen und einer möglichen Verschlechterung im Herbst" eine rasche Rücknahme von Corona-Lockerungen, wie er Zeitungen der Funke Mediengruppe (Online Sonntag/Print Montag) gegenüber sagte. Zudem plädiert er dafür, das Infektionsschutzgesetz und auch die Corona-Arbeitsschutzverordnung rasch nachzuschärfen. Auch die Homeoffice-Pflicht solle beibehalten werden.

Rund 55 Prozent der Menschen in Deutschland halten das Ende der Homeoffice-Pflicht ebenfalls für verfrüht. Das geht aus einer vom Nachrichtenmagazin Focus veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Kantar hervor. Nur ein Drittel der insgesamt 1.003 Befragten hält den Zeitpunkt für richtig, sechs Prozent der Befragten hätten sich ein früheres Auslaufen der Regel gewünscht. Weitere sechs Prozent waren unentschlossen oder machten keine Angabe.


Das könnte Sie auch interessieren: 

Lässt sich 3G am Arbeitsplatz fortführen?

St. Galler Längsschnittstudie zu Hybrid Work - Empirische Bilanz und Perspektiven

Vom Homeoffice zum "Working from Anywhere"

dpa