
Drei Fahrradkurieren des Berliner Lieferdienst-Startups Gorillas wurde zu Recht gekündigt, entschied das Arbeitsgericht Berlin. Zumindest zwei der drei "Rider" hatten sich geweigert, einen nicht gewerkschaftlich organisierten Streik zu beenden.
Der Streik der Berliner Fahrradkuriere des Lebensmittel-Lieferdienstes Gorillas für bessere Arbeitsbedingungen hat weit über Berlin hinaus Aufsehen erregt. Die Streikmaßnahmen wurden nicht gewerkschaftlich organisiert, sondern vom sogenannten "Gorillas Workers Collective" (GWC), das sich innerhalb der Belegschaft gegründet hatte. Der Arbeitgeber kündigte zahlreichen Mitarbeitenden daraufhin fristlos und begründete dies mit der Teilnahme an "illegalen Streiks". Das Arbeitsgericht Berlin hatte sich nun mit der Zulässigkeit der Teilnahme an diesem Streik zu beschäftigen. Die verhandelten drei Kündigungsschutzklagen von Fahrradkurieren wies es im Ergebnis ab.
Kündigungen wegen Teilnahme an rechtswidrigem Streik
Der Arbeitgeber hatte die Arbeitsverhältnisse der Betroffenen außerordentlich und fristlos gekündigt, nachdem er die Teilnehmenden des Streiks mehrfach aufgefordert hatte, ihre Arbeit wieder aufzunehmen. Dieser Aufforderung waren die "Rider" nicht gefolgt. Der Streik bei Gorillas dauerte vier Tage und wurde von Mitarbeitenden des Fahrradkurierdienstes organisiert, unter anderem um pünktliche Bezahlung sowie die Ausstattung mit Regenkleidung zu erreichen.
Teilnahme an nicht gewerkschaftlichem Streik zulässig?
Die Beschäftigten des Kurierdienstes wehrten sich gegen ihre fristlosen Kündigungen. In den vorliegend verhandelten Fällen argumentierten sie, dass auch die Teilnahme an einem verbandsfreien Streik eine zulässige Rechtsausübung darstelle. Dies garantiere unter anderem die grundgesetzlich geschützte Koalitionsfreiheit (Artikel 9 Abs. 3 GG). Ihrer Ansicht nach schütze die Koalitionsfreiheit auch Arbeitskampfmaßnahmen, die nicht den Abschluss eines Tarifvertrages zum Ziel hätten und deshalb auch nicht gewerkschaftlich organisiert sein müssten.
Arbeitsgericht Berlin: Streik ohne Gewerkschaft ist rechtswidrig
Dieser Auffassung hat sich das Arbeitsgericht Berlin jedoch nicht angeschlossen. Es entschied in zwei Fällen, dass die außerordentlichen Kündigungen wirksam waren. In seiner Begründung machte das Gericht deutlich, dass die Teilnahme an einem Streik nur dann rechtmäßig sei, wenn dieser von einer Gewerkschaft organisiert werde. Die außerordentliche fristlose Kündigung eines weiteren Fahrradkuriers hielt das Gericht für unwirksam. Der Grund lag darin, dass in diesem Fall eine Arbeitsverweigerung nicht hinreichend habe festgestellt werden können. Der betroffene Arbeitnehmer sei in der Zeit des Streiks zu Abendschichten eingeteilt gewesen, die er aufgrund der Schließung eines sogenannten Warehouses nicht habe wahrnehmen können.
Auch Probezeitkündigung wirksam
Das Kündigungsschutzgesetz fand in diesem Fall keine Anwendung, da der Fahrradkurier weniger als sechs Monate bei dem Lieferdienst beschäftigt gewesen sei. Damit wurde das Arbeitsverhältnis jedoch mit einer Zwei-Wochen-Frist im Rahmen der Probezeit beendet, entschied das Gericht. Nach § 612 a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmenden bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmende in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Das Gericht wies in seinem Urteil noch darauf hin, dass kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot vorlag.
Gegen beide Entscheidungen ist die Berufung zum Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg möglich.
Hinweis: Arbeitsgericht Berlin, Urteile vom 6. April 2022, Az: 20 Ca 10257/21, 20 Ca 10258/21 und 20 Ca 10259/21
Das könnte Sie auch interessieren:
Gorillas-Belegschaft darf Betriebsrat wählen
Bundesverfassungsgericht: Keine Leiharbeiter als Streikbrecher