Wichtige BAG-Urteile aus dem Jahr 2019

Es gab 2019 etliche Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts, die für die tägliche Praxis von großer Bedeutung sind. Urlaub, Arbeitszeit und Befristung waren Themen des BAG im vergangenen Jahr. Unsere Online-Redaktion hat einen Überblick über die wichtigsten Urteile des Jahres und deren Auswirkungen zusammengestellt.

Das Bundesarbeitsgericht hat im Rechtsprechungsjahr 2019 markante Urteile zu arbeitsrechtlichen Dauerbrenner-Themen gefällt. Viele Entscheidungen gehen in ihrer Bedeutung weit über die entschiedenen Einzelfälle hinaus und haben bei genauerer Betrachtung hohe Praxisrelevanz, wie dieser Überblick zeigt.

Hinweispflicht des Arbeitgebers beim Verfall von Urlaub

Urlaub darf nicht mehr automatisch verfallen. Arbeitgeber müssen Beschäftigte zuvor klar und deutlich darauf hinweisen, dass der Urlaub bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu nehmen ist und ansonsten verfällt. Damit hat sich das BAG der Rechtsprechung des EuGH angeschlossen.

(BAG, Urteil v. 19.2.2019 - 9 AZR 423/16)

Urlaubsabgeltungsanspruch der Erben beim Tod eines Arbeitnehmers

Urlaubsansprüche sind vererbbar, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden und sich damit von seiner bisherigen Rechtsprechung verabschiedet. Die Erben eines verstorbenen Arbeitnehmers können vom Arbeitgeber nunmehr eine finanzielle Abgeltung für dessen zum Zeitpunkt des Todes nicht genommenen Jahresurlaub verlangen.

(BAG, Urteil v. 22.1.2019, 9 AZR 328/16)

Arbeitgeber darf Urlaub wegen Elternzeit kürzen

Die Regelung in § 17 BEEG, nach welcher Arbeitgeber bei einer Elternzeit von Mitarbeitern deren Urlaubsanspruch um ein Zwölftel pro vollem Monat Elternzeit kürzen dürfen, steht im Einklang mit europäischem Recht. Dies entschied das BAG mit Hinweis auf eine EuGH-Entscheidung und präzisierte die genauen Voraussetzungen dahingehend, dass der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer erkennbar erklären muss, dass er den Urlaub in der Elternzeit kürzen möchte.

(BAG, Urteil vom 19.3.2019, 9 AZR 495/17)

Ausnahmen vom Vorbeschäftigungsverbot bei sachgrundloser Befristung nur in engen Grenzen

Nach den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesarbeitsgerichts ist eine sachgrundlose Befristung trotz eigentlich verbotener Vorbeschäftigung beim selben Arbeitgeber nur noch in äußerst engen Grenzen möglich. Das BAG hat im August nun einen solchen Ausnahmefall entschieden und dabei geurteilt, dass eine sachgrundlose Beschäftigung jedenfalls dann möglich ist, wenn die Vorbeschäftigung bereits 22 Jahre zurückliegt.

(BAG, Urteil vom 21.8.2019, 7 AZR 452/17)

Saisonbeschäftigung innerhalb eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses

Ein Arbeitgeber kann in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis die Beschäftigung eines Arbeitnehmers erlaubtermaßen auf eine bestimmte Saison begrenzen. Es ist nicht nötig, jedes Jahr ein neues Arbeitsverhältnis abzuschließen. Diese rechtlich interessante Gestaltung ist zumindest dann zulässig, wenn während des restlichen Jahres kein Beschäftigungsbedarf besteht. Das Urteil des BAG erging im Fall eines im Freibad beschäftigten Gemeindemitarbeiters.

(BAG, Urteil vom 19.11.2019, 7 AZR 582/17)

Pauschale Überstundenabgeltung bei Vertrauensarbeitszeit

Eine pauschale Überstundenabgeltungsregelung durch eine Betriebsvereinbarung, nach der Beschäftigte bei vereinbarter Vertrauensarbeitszeit zwar eine festgelegte Zahl an Ausgleichtagen für regelmäßige Mehrarbeit erhalten, aber keine darüberhinausgehende Überstundenvergütung, ist unwirksam. Für das BAG verstieß die Formulierung in der Betriebsvereinbarung gegen das Gebot der Normenklarheit. Für Beschäftigte müsse klar ersichtlich sein, wann regelmäßige Mehrarbeit vorliege und wann nicht.

(BAG, Urteil vom 26.6.2019, 5 AZR 452/18)

Urlaubsabgeltung und Kündigungsschutz bei Heimarbeitern

Ein Heimarbeiter kann, wenn der Auftraggeber sein Auftragsvolumen erheblich verringert, solange sogenannten Entgeltschutz verlangen, wie seine Kündigungsfrist dauern würde. Daneben steht ihm auch ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung zu. Spannend war die Entscheidung des BAG, weil damit  geklärt wurde, wann  bei einem selbständigen, von zuhause arbeitenden Programmierer ein Heimarbeitsverhältnis vorliegt.

(BAG, Urteil vom 20.8.2019, 9 AZR 41/19)

Rückzahlung überzahlter Honorare bei rückwirkender Feststellung eines Arbeitsverhältnisses

Bei einer in einem Statusfeststellungsverfahren festgestellten Scheinselbstständigkeit kann der Arbeitgeber die an den vermeintlich freien Mitarbeiter entrichtete Vergütung in Höhe der Differenz von tatsächlich gezahlten Honoraren zu üblicher Arbeitnehmer-Vergütung zurückfordern. Dabei kann in der Regel nicht davon ausgegangen werden, die für die freie Mitarbeit vereinbarten Honorare seien der Höhe nach auch für eine Beschäftigung als Arbeitnehmer verabredet. Dies kann bei nachträglich festgestellter Scheinselbständigkeit hohe Rückforderungsansprüche des Arbeitgebers auslösen.

(BAG, Urteil vom 26.6.2019, 5 AZR 178/18)

Freistellung führt nicht automatisch zum Abbau der Überstunden auf dem Arbeitszeitkonto

Überstunden aus dem Arbeitszeitguthaben sind ohne eine diesbezügliche Regelung in einem gerichtlichen Vergleich durch eine bezahlte Freistellung des Arbeitnehmers nicht abgegolten. Sofern im Zusammenhang mit der Freistellung keine Regelung zur Überstundenabgeltung getroffen wurde, muss der Arbeitgeber die Überstunden aus dem Gleitzeitkonto des Arbeitnehmers vergüten.

(BAG, Urteil vom 20.11.2019, 5 AZR 578/18)

Kein Unterlassungsanspruch des Betriebsrats bei rechtswidriger Blockadehaltung

Der Betriebsrat darf sich bei der Ausübung seiner Mitbestimmungsrechte nicht jeglicher Lösung eines Konflikts in missbräuchlicher Weise versperren. Tut er dies, kann Unterlassungsansprüchen des Betriebsrats im Einzelfall der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen. Dies ist anzunehmen, wenn der Betriebsrat zuvor jeglichen innerbetrieblichen Dialog verweigert und es dem Arbeitgeber dadurch unmöglich macht, das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zu wahren.

(BAG, Beschl. v. 12.3.2019, 1 ABR 42/17)