Grenzen für Blockade des Betriebsrats

Vermutlich gehört es sogar dazu, dass sich Betriebsparteien nicht einig sind. Wenn die gegenteilige Meinung allerdings in Blockade übergeht, sodass der Arbeitgeber das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gar nicht wahren kann, ist eine Grenze erreicht. Das entschied nun das BAG.

Nicht immer ist es für Arbeitgeber einfach, sich mit dem Betriebsrat zu einigen, wenn dieser eine gegensätzliche Meinung vertritt, jedoch ein zwingendes Mitbestimmungsrecht besteht. Nach einer aktuellen Entscheidung des BAG darf sich der Betriebsrat dabei allerdings nicht jeglicher Lösung des Konflikts in missbräuchlicher Weise versperren. So kann Unterlassungsansprüchen des Betriebsrats im Einzelfall der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen, wenn der Betriebsrat zuvor sämtlichen innerbetrieblichen Dialog per se verweigert und es dem Arbeitgeber dadurch unmöglich gemacht hat, das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zu wahren.

Der Fall: Betriebsrat verweigert Zustimmung zu Dienstplänen

Die verklagte Arbeitgeberin ist Betreiberin eines Krankenhauses in Niedersachsen und teilt ihr Personal monatlich neu in Dienstplänen ein. Die Aufstellung der Dienstpläne bedarf gem. § 87 I Nr. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) der Zustimmung des Betriebsrats. Seit März 2015 lehnte das Gremium jedoch bestimmte Teile der Dienstpläne mit der pauschalen Begründung ab, die Dienstpläne seien gesetzes- und tarifwidrig. Vorschlägen zur Einigung sowie der Bildung einer einvernehmlichen Einigungsstelle verweigerte sich der Betriebsrat in der Folge.

Betriebsrat: Auch über Einigungsstelle kein Bemühen zur Lösungsfindung

Nachdem die Einigungsstelle sodann gerichtlich eingesetzt wurde, legte der Betriebsrat wiederholt Rechtsmittel ein und zeigte keinerlei Bereitschaft, vor Rechtskraft des Einsetzungsbeschlusses einen Sitzungstermin zu vereinbaren oder Beisitzer zu benennen. Auch jeglichen weiteren Bemühungen einer Lösungsfindung verschloss sich das Gremium konsequent.

Dieser Sachverhalt wiederholte sich in den Folgemonaten weitgehend, sodass die Arbeitgeberin schließlich die Dienstpläne trotz fehlender Einigung bekannt gab. Der Betriebsrat beantragte daraufhin gerichtlich Unterlassung der Aufstellung der Dienstpläne. Das Arbeitsgericht sowie das Landesarbeitsgericht gaben dem Begehren statt.

BAG: Blockade als grob betriebsverfassungswidriges Verhalten

Das BAG hingegen wies den Antrag des Betriebsrats ab. Die Richter betonten zwar, dass die Arbeitgeberin das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates durch die monatliche Aufstellung der Dienstpläne wiederholt verletzt habe. Formal sei der Betriebsrat also im Recht. Das Verhalten des Betriebsrats sei allerdings treuwidrig, sodass der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehe.

Der Betriebsrat habe die Rechtsposition nämlich nur durch ein grob betriebsverfassungswidriges Verhalten erlangt. Er habe weder versucht, in einen innerbetrieblichen Dialog zu treten, noch habe er sich bemüht, eine Konfliktlösung durch die Einigungsstelle herbeizuführen. Zudem sei die Blockadehaltung lediglich auf pauschale Behauptungen gestützt gewesen

Begrenzt übertragbarer Ausnahmefall

All dies habe es laut BAG der Arbeitgeberin letztlich unmöglich gemacht, die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates zu wahren. Eine solche gegen Treu und Glauben verstoßende Ausübung einer formalen Rechtsstellung sei missbräuchlich und daher unzulässig.

Das BAG machte mehrfach deutlich, dass es sich um einen besonders schwerwiegenden und eng begrenzten Ausnahmefall handelt – insbesondere aufgrund der Stellung der Arbeitgeberin als Krankenhausbetreiberin, die eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen hat. Daher ist die Entscheidung mitnichten auf jeden anderen Fall übertragbar.

Erstmals Grenzen für Blockade seitens des Betriebrats definiert

Dem Betriebsrat bleibt es also auch in Zukunft nicht vollständig verwehrt, die Durchsetzung bestimmter Vorhaben hinauszuzögern beziehungsweise zu blockieren. Trotzdem ist es zu begrüßen, dass das BAG einer Blockadehaltung des Betriebsrats erstmals Grenzen setzt und ihn dabei auf seine aus dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit resultierenden Mitwirkungspflichten hinweist.

So heißt es in der Entscheidung, diesen Mitwirkungspflichten sei weder Genüge getan, wenn der Betriebsrat lediglich pauschal behauptet, Dienstpläne seien gesetzes- und tarifwidrig. Es sei ebenfalls nicht ausreichend, wenn sich der Betriebsrat dem Versuch versperrt, in einer Einigungsstelle zu einer einvernehmlichen Lösung zu gelangen – indem das Gremium von vornherein pauschal behauptet, die Einigungsstelle sei angesichts der Komplexität nicht in der Lage, eine sachgerechte Entscheidung zu treffen.

Entscheidung kann im Umgang mit blockierendem Betriebsrat helfen

Auch wenn es sich hier um einen Ausnahmefall handelt: Durch die Entscheidung kann ein dauerhaft blockierender Betriebsrat durchaus darauf hingewiesen werden, dass er seinen betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten nachkommen muss. Er darf sich also einer Lösungsfindung nicht von Anfang an völlig versperren und insbesondere nicht verhindern, dass die Einigungsstelle tätig wird.

Dies gilt vor allem dann, wenn sich der Betriebsrat lediglich auf pauschale Behauptungen stützt. Sinnvoll ist daneben, gerade bei permanent strittigen Themen, auch die Einrichtung einer dauerhaften Einigungsstelle.

Hinweis: BAG, Beschluss vom 12.3.2019, Az. 1 ABR 42/17


Sarah Klachin ist Rechtsanwältin (Schwerpunkt Arbeitsrecht) bei Pinsent Masons in München.


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