Amazon darf Mitarbeiterdaten mit Handscannern erheben

Amazon darf weiterhin Handscanner einsetzen, mit deren Hilfe bestimmte Arbeitsschritte von Mitarbeitenden in der Logistik erfasst werden. Das Persönlichkeitsrecht der Beschäftigten überwiegt in dem Fall nicht die unternehmerischen Interessen, entschied das Verwaltungsgericht Hannover.  

Beim Einsatz von technischen Tools am Arbeitsplatz stellt sich häufig die Frage, wo die Grenzen einer Datenverarbeitung von Beschäftigten liegen. Vorliegend hatte das Verwaltungsgericht Hannover die Erhebung und Auswertung von Daten beim Onlineversandhändler Amazon zu beurteilen.

In seinem Logistikunternehmen im niedersächsischen Winsen setzt Amazon Handscanner ein. Mit diesen werden ununterbrochen Daten zu Arbeitsschritten der Beschäftigten von Wareneingang bis Warenausgang erfasst. Das Verwaltungsgericht Hannover kam zu dem Ergebnis, dass die Verwendung nicht gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstößt.

Der Fall: Amazon erhebt Mitarbeiterdaten per Handscanner

Die Landesbeauftragte für Datenschutz (LfD) Niedersachsen hatte der Amazon Logistik Winsen GmbH per Verfügung untersagt, ununterbrochen und jeweils aktuell und minutengenau Qualitäts- und Quantitätsleistungsdaten der Mitarbeitenden zu erheben und weiterzuverarbeiten. Der Hintergrund war, dass Beschäftigte dort in bestimmten Arbeitsbereichen Handscanner benutzen, mittels derer bestimmte Arbeitsschritte erfasst werden. Die Daten werden mit einer Softwareanwendung ausgewertet und dienen in erster Linie der Steuerung logistischer Prozesse. Daneben werden mit den Daten auch Bewertungsgrundlagen für Qualifizierungsmaßnahmen sowie für Feedbackgespräche und Personalentscheidungen gelegt.

Datenschutzbehörde untersagt Vorgehensweise bei Amazon

Aus Sicht der Datenschutzbehörde ist die ununterbrochene Erhebung der entsprechenden Leistungsdaten der Beschäftigten rechtswidrig und verstößt gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen. Amazon hielt dagegen, dass das Unternehmen ein berechtigtes Interesse an der Datenerhebung und Datenverarbeitung habe. Die aktuellen und minutengenauen individuellen Leistungswerte würden bei der Steuerung der Logistikprozesse kurzfristig dazu benötigt, um auf Schwankungen in einzelnen Prozesspfaden durch Verschiebungen reagieren zu können. Amazon erklärte dazu, dass sich anhand der aktuellen Leistungswerte erkennen lasse, wer an einem bestimmten Tag besonders schnell oder besonders langsam arbeite. Somit sei es möglich, hierauf entsprechend durch Umverteilung zu reagieren.

Datenschutzverstoß oder notwendige Bewertungsgrundlage?

Mittelfristig würden zurückliegende individuelle Leistungswerte benötigt, um die konstanten Stärken und Schwächen der Mitarbeitenden zuverlässig erfassen und bei der flexiblen Einsatzplanung berücksichtigen zu können. Zudem schaffe diese Vorgehensweise objektive und faire Bewertungsgrundlagen für Feedback und Personalentscheidungen. Den Mitarbeitenden könne damit ein objektives und individuell leistungsbezogenes Feedback gegeben werden, das nicht durch subjektive Wahrnehmungen beeinflusst sei.

VG Hannover: Zulässige Datenerhebung für Logistikkontrolle, Feedback und Personalentscheidungen

Das Verwaltungsgericht Hannover urteilte, dass die ununterbrochene Erhebung von Leistungsdaten der Beschäftigten bei Amazon keinen Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen darstellt. Die Untersagungsverfügung der Datenschutzbehörde hob es auf. In der Begründung erklärte das Gericht, dass personenbezogene Daten von Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigtenverhältnisses verarbeitet werden dürften, wenn dies für die Durchführung des Beschäftigtenverhältnisses oder die Beendigung erforderlich sei. Die Datenverarbeitung sei für alle drei Zwecke – Steuerung der Logistikprozesse, Steuerung der Qualifizierung und Schaffung von Bewertungsgrundlagen für individuelles Feedback und Personalentscheidungen – erforderlich.

Keine heimliche Mitarbeiterüberwachung

Bei der Abwägung berücksichtigte das Gericht, dass der Hauptzweck der Datenerhebung nicht der (heimlichen) Überwachung und Kontrolle der Beschäftigten diene, sondern der Steuerung der Logistikabläufe. Zudem habe das Ergebnis der Hauptverhandlung ergeben, dass die Möglichkeit objektiven Feedbacks und fairer Personalentscheidungen von vielen Beschäftigten als positive Wirkung der Überwachung gewertet würde.

Das Gericht hat die Berufung an das Oberverwaltungsgericht Lüneburg zugelassen.

Hinweis: Verwaltungsgericht Hannover, Urteil vom 9. Februar 2023, Az.: 10 A 6199/20


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Schlagworte zum Thema:  Datenschutz, Mitarbeiterüberwachung, Urteil