Art. 1 Abs. 1 GG (Würde des Menschen)

Der Begriff "Würde" geht davon aus, dass der Mensch als geistig-sittliches Wesen darauf angelegt ist, in Freiheit und Selbstbewusstsein sich selbst zu bestimmen und auf die Umwelt einzuwirken. Die "Menschenwürde" lässt sich am ehesten vom Verletzungsvorgang her bestimmen: Der Mensch darf keiner Behandlung ausgesetzt werden, die ihn zum bloßen Objekt degradiert[1], ihn als Subjekt infrage stellt oder Ausdruck der Verachtung des Wertes ist, der dem Menschen kraft seines Personseins zukommt.[2]

Art. 2 GG

Die Vorschrift enthält vier Grundrechte:

  1. Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Abs. 1)
  2. Recht auf Leben (Abs. 2)
  3. Recht auf körperliche Unversehrtheit (Abs. 2)
  4. Recht auf Freiheit der Person (Abs. 2)

Im Arbeitsrecht werden meist Art. 1 und Art. 2 GG gemeinsam zu überprüfen sein.

 
Praxis-Beispiel

Schikanierende Weisungen sind unwirksam; die heimliche Video- oder Tonbandüberwachung von Arbeitnehmern ist unzulässig, dadurch gewonnene Erkenntnisse dürfen nicht verwertet werden[3]; der Arbeitgeber darf nicht untätig zusehen, wenn einzelne Arbeitnehmer "gemobbt" werden. Der Schutz vor sexuellen Belästigungen, welches früher in §§ 2 ff. Beschäftigtenschutzgesetzgeregelt war, ist seit 2006 im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz aufgenommen, § 3 ff. AGG. Ein anderes Beispiel ist die ungehörige Form einer Kündigung, etwa durch Ausspruch auf der Toilette[4] oder die Bekanntgabe eines Diebstahlsverdachts am schwarzen Brett.

Art. 3 GG

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zählt zu den elementarsten Verfassungsgrundsätzen. Er enthält als Grundrecht einen Anspruch auf Gleichbehandlung.[5] Abs. 1 fordert keine schematische Gleichbehandlung, sondern eine angemessene, d. h. Gleiches ist gleich und Verschiedenes nach seiner Eigenart zu behandeln.[6] Unterscheidungen dürfen nur aus sachlichen Gründen vorgenommen werden. Der Gleichheitsgrundsatz ist verletzt, wenn ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst sachlich einleuchtender Grund für eine Ungleich- oder Gleichbehandlung nicht zu finden ist, d. h. wenn eine Regelung als willkürlich bezeichnet werden muss.[7] Der Gleichheitsgedanke des Art. 3 GG wird in einigen spezialgesetzlichen Regelungen weiter ausgebaut, z. B. in §§ 611a, 612 Abs. 3 BGB a. F., im Entgelttransparenzgesetz, Art. 119 Abs. 1 EWG-Vertrag. Art. 3 Abs. 2 GG. Art. 3 Abs. 1 GG veranlasste das BVerfG[8], die unterschiedliche Behandlung von Arbeitern und Angestellten bei der früheren Regelung der Kündigungsfristen in § 622 als mit dem Gleichheitssatz unvereinbar zu erklären, was inzwischen zur Neuregelung der Vorschrift führte. Auch § 4 TzBfG, der ohne das Vorliegen sachlicher Gründe eine unterschiedliche Behandlung von Teilzeitbeschäftigten und befristet beschäftigten Arbeitnehmern verbietet, ist eine spezialgesetzliche Ausgestaltung des Gleichheitsgrundsatzes.

Art. 4 GG

Die Glaubens- und Gewissensfreiheit soll gewährleisten, dass sich jeder seine innersten Anschauungen und Überzeugungen frei bilden und – rechtlich das Wichtigere – sie nach außen auch frei bekennen können muss. Im Hinblick auf diese Vorschrift muss der Arbeitgeber z. B. bei Ausübung seines Direktionsrechts im Rahmen billigen Ermessens (§ 106 GewO) einen ihm offenbarten Gewissenskonflikt des Arbeitnehmers berücksichtigen.[9] Geschieht dies nicht, obwohl das möglich ist, ist die Weisung unwirksam und der Arbeitnehmer somit rechtlich nicht verpflichtet, Folge zu leisten. Ist eine andere Beschäftigung dagegen nicht möglich, kann u. U. ein personenbedingter Kündigungsgrund gegeben sein. Aus Art. 4 GG kann sich auch eine unverschuldete Unmöglichkeit der Verrichtung der geschuldeten Arbeit aus Gewissensgründen ergeben (§ 297 BGB). Maßgebend ist der sog. subjektive Gewissensbegriff. Der Arbeitnehmer muss darlegen, dass es ihm wegen einer Gewissensnot, die sich aus einer spezifischen Sachlage ergibt, nicht zuzumuten ist, die an sich vertraglich geschuldete Leistung zu erbringen.

Art. 5, 9 Abs. 3 GG

Das Recht zur freien Meinungsäußerung (sofern sie keine Beleidigung darstellt) umfasst jede Meinung, wobei es keine Rolle spielt, ob ein Urteil objektiv falsch oder richtig, emotional oder rational ist.[10] Es kommt auch nicht darauf an, ob die Meinung wertvoll ist oder nicht.[11] Damit ist der Arbeitnehmer geschützt, seine Meinung im Betrieb äußern zu können. Das Verbot parteipolitischer Betätigung (§ 74 Abs. 2 BetrVG) gilt nur im Verhältnis Arbeitgeber/Betriebsrat. Der Arbeitgeber braucht sich aber nicht beleidigen zu lassen (§ 185 StGB) und muss auch keine Störung des Betriebsablaufs hinnehmen. Oft spielt im Zusammenhang mit der freien (politischen) Meinungsäußerung auch das Recht der Koalitionsfreiheit in Art. 9 Abs. 3 GG eine Rolle, z. B. Tragen politischer Plaketten im Betrieb[12], oder Arbeitsniederlegung aus politischen Gründen.[13]

Art. 6 GG

Der Schutz der Ehe und der Familie kann sich u. a. beim Direktionsrecht auswirken. Dagegen sind in der arbeitsgerichtlichen Praxis kaum noch sog....

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