Abweichend vom Grundsatz eines fehlenden Anspruchs aufgrund der Regelung zur Qualifizierung ist in Abs. 4 des § 5 TVöD geregelt, dass ein Anspruch des Beschäftigten auf ein regelmäßiges Gespräch mit seiner jeweiligen Führungskraft besteht. Sofern in einer Dienst- bzw. Betriebsvereinbarung nichts anderes vereinbart wird, muss ein solches Gespräch einmal im Jahr stattfinden. Das Gespräch ist mit dem Ziel zu führen, festzustellen, ob und wenn ja welcher Qualifizierungsbedarf für den einzelnen Beschäftigten besteht. Inhalt des Gesprächs können dementsprechend verschiedene Themen sein, wie z. B. etwaige Schlechtleistungen, Fehlzeiten, Zielvorgaben des Arbeitgebers oder die Karriereentwicklung des Beschäftigten. Die jeweilige Führungskraft kann im Vorfeld entscheiden, ob das Gespräch mit jedem Beschäftigten allein oder als Gruppengespräch, z. B. mit dem gesamten Arbeitsteam, geführt wird.

 
Praxis-Tipp

Gerade in großen Arbeitseinheiten empfiehlt es sich, vorerst ein Gruppengespräch durchzuführen. Sollte sich dabei herausstellen, dass ein einzelner Beschäftigter einen eigenen Gesprächsbedarf hat, sollte die Führungskraft – in der Regel der unmittelbare Vorgesetzte – ein individuelles Einzelgespräch mit dem betroffenen Beschäftigten führen. Gleiches empfiehlt sich, wenn ein Beschäftigter ausdrücklich den Wunsch an die Führungskraft zu einem Einzelgespräch heranträgt.

Dieser Anspruch besteht auch bei längerer Abwesenheit des Beschäftigten, z. B. während er in der Elternzeit oder länger krank ist. Qualifizierungs-Gespräche sind in solchen Fällen nach dem Wortlaut der Regelung in § 5 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 3 lit. d TVöD nicht erst nach Beendigung der Abwesenheit, also z. B. am Ende der Elternzeit, sondern bereits während der Abwesenheit regelmäßig zu führen.

Was ist der Hintergrund, dass die Tarifvertragsparteien einen individuellen Anspruch auf ein regelmäßiges Gespräch vereinbart haben? Aufschluss hierüber gibt Abs. 1 der tarifvertraglichen Regelung. Dort ist präambelartig dokumentiert, dass ein hohes Qualifikationsniveau und lebenslanges Lernen im gemeinsamen Interesse der Beschäftigten und Arbeitgeber liegen; dass die Qualifizierung der Steigerung von Effektivität und Effizienz (beide Worte haben im Prinzip dieselbe Bedeutung, warum die Tarifvertragsparteien die doppelte Formulierung gewählt haben, bleibt also ein Rätsel) des öffentlichen Dienstes ebenso dient, wie der Nachwuchsförderung und der Steigerung von beschäftigungsbezogenen Kompetenzen. Dementsprechend haben die Tarifvertragsparteien Qualifizierung als Teil der Personalentwicklung verstanden. Die kommunalen Unternehmen und Verwaltungen waren und sind sich also des hohen Stellenwerts von Ausbildung, Fortbildung und Umschulung bewusst, um bessere Ergebnisse und Erträge auch im kommunalen öffentlichen Dienst zu erwirtschaften. Darüber hinaus gibt es vielfach in der kommunalen Praxis bereits zum Teil umfangreiche Qualifizierungsangebote.

Gerade aus Sicht des Arbeitgebers ist für eine moderne Personalführung ein Mitarbeitergespräch heute unumgänglich. Was sich in der Privatwirtschaft immer mehr durchsetzt, sollte auch im öffentlichen Dienst verstärkt ins Bewusstsein von Arbeitgeber und Beschäftigten rücken – nämlich, dass über die Personalführung die Motivation des einzelnen Beschäftigten gesteigert werden kann. Spürt der Beschäftigte, dass der Arbeitgeber daran interessiert ist, die Vorstellungen des Beschäftigten von einer zufrieden stellenden Ausübung seiner Arbeit und einer künftigen Verbesserung kennen zu lernen, bringt er sich mit viel mehr Engagement ein. Ziel des regelmäßigen Gesprächs nach § 5 Abs. 4 TVöD sollte es daher sein, die Vorstellungen und Fähigkeiten des Beschäftigten mit den dienstlichen/betrieblichen Zielen und Erfordernissen zu verbinden.

Der Anspruch auf ein regelmäßiges Gespräch im Sinne des § 5 Abs. 4 TVöD besteht für sämtliche Beschäftigte im selben Maße, unabhängig davon, ob es sich um Vollzeit- oder Teilzeitkräfte handelt, um dauerhaft oder nur befristet Beschäftigten, um un-/angelernte oder Beschäftigte mit abgeschlossener Berufsausbildung. Unterschiede sind dem Arbeitgeber aber zuzugestehen, sobald es um die Durchführung einer konkreten Qualifizierungsmaßnahme geht.[1]

Beschäftigte, die nicht Mitglied der tarifvertragsschließenden Gewerkschaften – ver.di, dbb-Tarifunion – sind, haben einen entsprechenden Anspruch auf das regelmäßige Gespräch, sofern der jeweilige einzelne Arbeitsvertrag eine Bezugnahmeklausel hinsichtlich des TVöD bzw. des § 5 TVöD enthält, wie das in der Regel der Fall sein wird.

[1] Vgl. dazu unten unter 5.

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