Kündigungen während der Probezeit sind zunächst grundsätzlich wie Kündigungen eines Arbeitsverhältnisses zu jedem beliebigen Zeitpunkt zu behandeln. Es gibt allerdings in den verschiedenen Kündigungsschutzbestimmungen für Kündigungen in den ersten 6 Monaten eines Arbeitsverhältnisses (dies ist in der Regel die Probezeit) Ausnahmebestimmungen, auf die im Folgenden bei den konkreten Schutzgesetzen eingegangen wird.

4.5.1 KSchG

Nach § 1 Abs. 1 KSchG kommt dieses Gesetz erst zur Anwendung, wenn das Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder derselben Dienststelle länger als 6 Monate bestanden hat (vgl. auch noch § 23 KSchG).

In der Regel wird allerdings aus diesem Grund das Kündigungsschutzgesetz erst gar nicht anwendbar sein, sodass sich eine weitere Prüfung der darin geregelten Schutzbestimmungen erübrigt.

§ 4 KSchG ist hinsichtlich der Klagefrist jedoch anwendbar.

Beachten Sie, dass vorangegangene Zeiten eines befristeten Arbeitsverhältnisses auf die Wartezeit des § 1 KSchG unter bestimmten Voraussetzungen angerechnet werden können.[1]

Sollte allerdings eine längere Probezeit vorliegen z. B. nach Anlage D.11 Nr. 2 zu § 2 TVöD-V, muss auch bei einer Kündigung innerhalb der (längeren) Probezeit geprüft werden, ob die Kündigung i. S. d. § 1 KSchG sozial gerechtfertigt ist.

Jedoch gilt hierfür kein strenger Maßstab, da der Umstand der Probezeitkündigung maßgeblich zu berücksichtigen ist. Eine Abmahnung ist hier nur in der Regel erforderlich.[2]

[1] BAG, Urteil v. 12.2.1981, 2 AZR 1107/78.

4.5.2 MuSchG

Die Schutzbestimmungen des MuSchG hinsichtlich einer Kündigung gelten auch in der Probezeit, sodass das absolute Kündigungsverbot des § 17 MuSchG auch bei einer Probezeitkündigung zu beachten ist, sofern nicht nach § 17 Abs. 2 MuSchG die vorherige Zustimmung der zuständigen Landesbehörde vorliegt. Eine ohne Beachtung des § 17 MuSchG ausgesprochene Kündigung ist nach § 134 BGB unwirksam.

4.5.3 ArbPlSchG

Der Kündigungsschutz des § 2 ArbPlSchG (nach § 78 ZDG entsprechend anwendbar für Zivildienstleistende) ist zu beachten, wenn Arbeitnehmer zum Wehrdienst eingezogen werden.

4.5.4 SGB IX

Nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX setzt der Kündigungsschutz der unter den Geltungsbereich des SGB IX fallenden Personen erst dann ein, wenn das Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate besteht. Ein unmittelbar vorausgegangenes befristetes Arbeitsverhältnis ist jedoch ggf. anzurechnen, da es auf die tatsächliche Beschäftigungsdauer bei demselben Arbeitgeber ankommt.[1]

Soweit eine Probezeit jedoch nach § 2 Abs. 4 TVöD über 6 Monate hinaus vereinbart wurde, setzt dieser Schutz ein, sodass jetzt die vorherige Zustimmung des Integrationsamtes nach § 168 SGB IX sowie eine Mindestkündigungsfrist von 4 Wochen nach § 169 SGB IX erforderlich sind.[2]

Beachten Sie, dass die Gleichstellung nach § 151 Abs. 2 SGB IX ab Antragstellung gelten kann.

Die Anzeige der Beendigung des Arbeitsverhältnisses an das Integrationsamt nach § 173 Abs. 4 SGB IX ist in jedem Fall zu erstatten. Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen diese Anzeigepflicht führt jedoch nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung.[3]

Der Arbeitgeber ist nach einer Entscheidung des BAG[4] auch nicht verpflichtet, innerhalb der Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG – also innerhalb der ersten 6 Monate – ein Präventionsverfahren nach § 167 Abs. 1 SGB IX durchzuführen. Eine ohne vorheriges Präventionsverfahren ausgesprochene Probezeit-Kündigung des Arbeitsverhältnisses indiziere daher auch keine nach dem AGG entschädigungspflichtige Diskriminierung wegen der Behinderung.

[2] Neumann, Pahlen, Majerski-Pahlen, Sozialgesetzbuch IX, 10. Aufl. 2002, § 90 Rn. 6 ff. u. 16 ff.
[3] LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 27.8.2010, 13 Sa 988/10, EzA – SD 2010, Nr. 23,14.

4.5.5 Kündigungsschutzklage

Nach § 4 KSchG muss ein Arbeitnehmer innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung geltend machen, dass die Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen unwirksam ist. Es ist zwar nach dem systematischen Standort der Klagefristregelung etwas zweifelhaft, ob diese Frist auch innerhalb der ersten 6 Monate des Arbeitsverhältnisses anwendbar ist (vgl. § 1 Abs. 1 KSchG). Diese Frage dürfte jedoch zu bejahen sein, da nur so dem Willen des Gesetzgebers nach Rechtssicherheit Rechnung getragen wird.[1]

[1] So auch Dr. Bader (Vizepräsident LAG Hessen), Das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt: Neues im Kündigungsschutzgesetz und im Befristungsrecht, NZA 2004 S. 65 ff.

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