Entscheidungsstichwort (Thema)

Fristlose Kündigung eines ordentlich unkündbaren Arbeitsverhältnisses wegen wiederholten unentschuldigten Fernbleibens

 

Leitsatz (amtlich)

Einen tariflich ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer kann aus einem verhaltensbedingten wichtigen Grund fristlos nur gekündigt werden, wenn dem Arbeitgeber seine Weiterbeschäftigung nicht einmal bis zum Ablauf der "fiktiven Frist" zur ordentlichen Beendigung der Arbeitsverhältnisses zumutbar ist.

 

Normenkette

BGB § 626 Abs. 1; TVöD § 34 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Entscheidung vom 08.02.2012; Aktenzeichen 4 Ca 2401/11)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 08.02.2012 - 4 Ca 2401/11 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen Kündigung.

Der am 4. April 1961 geborene Kläger absolvierte zunächst ab 1. September 1977 seine Ausbildung zum Forstwirt bei der Beklagten und war dann bei ihr seit 1. Oktober 1980 als Arbeiter beschäftigt. Seit dem 1. Juli 1993 wurde er im Bauhof der Beklagten eingesetzt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) Anwendung.

Mit Schreiben vom 29. August 2003 (Bl. 52 d.A.) wurde der Kläger von Seiten der Beklagten auf sein unentschuldigtes Fehlen am 25. und 26. August 2003 hingewiesen. Mit Schreiben vom 19. Dezember 2006 (Bl. 56, 57 d.A.) erteilte die Beklagte dem Kläger eine Abmahnung, weil er am 18. Dezember 2006 unentschuldigt nicht zur Arbeit erschienen war. In dem Abmahnungsschreiben heißt es u.a.:

"Bis auf weiteres ordnen wir darüber hinaus nach § 5 Entgeltfortzahlungsgesetz an, dass ab sofort jede Arbeitsunfähigkeit durch Sie bereits ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit durch eine entsprechende Bescheinigung nachzuweisen ist (Attestpflicht). Sollten Sie kurzfristig aus anderen Gründen verhindert sein, die Arbeit aufzunehmen oder auszuführen, müssen Sie sich bis spätestens 7:30 Uhr dieses Tages beim Bauhofbetriebsleiter, sofern dieser nicht erreichbar ist, bei dem zuständigen Vorarbeiter oder dem Personalservice der Verbandsgemeinde melden und sich entsprechend erklären, ob sie Urlaub in Anspruch nehmen oder Überstunden abfeiern möchten."

Am 15. Juni 2009 verließ der Kläger seinen Arbeitsplatz unentschuldigt vor Arbeitsende, woraufhin er von Seiten der Beklagten mit Schreiben vom 29. Juni 2009 (Bl. 65 d.A.) eine entsprechende Abmahnung erhielt. In der Zeit vom 12. bis 14. Juli 2010 blieb der Kläger unentschuldigt der Arbeit fern. Deswegen erteilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 27. Juli 2010 (Bl. 49 d.A.) eine Abmahnung. Mit einem weiteren Schreiben vom gleichen Tag erhielt der Kläger eine Abmahnung wegen Verletzung der Anzeigepflicht am 8. Juli 2010 (Bl. 50 d.A.).

Am 30. und 31. Mai sowie am 1. Juni 2011 erschien der Kläger nicht zur Arbeit. Darüber informierte der Bauhofleiter und Vorgesetzte des Klägers, Herr K., am 6. Juni 2011 den Personalservice der Verbandsgemeindeverwaltung A-Stadt. Daraufhin leitete der Leiter des Personalservice der Verbandsgemeindeverwaltung, Herr Z., mit Schreiben vom 14. Juni 2011 (Bl. 74 d.A.) die Anhörung des bei der Beklagten gebildeten Personalrats ein und teilte diesem mit, dass beabsichtigt sei, dem Kläger mit sofortiger Wirkung außerordentlich zu kündigen. Zur Begründung der beabsichtigten außerordentlichen fristlosen Kündigung des Klägers heißt es im Anhörungsschreiben:

"Herr C. wurde bereits mit Schreiben vom 27.07.2010 abgemahnt, weil er unentschuldigt nicht zur Arbeit erschienen ist. Am 30. und 31.05.2011 ist Herr C. wiederum ohne Entschuldigung nicht zur Arbeit erschienen. Aufgrund dieser erneuten Arbeitspflichtverletzung ist die Kündigung beabsichtigt.

Im Rückblick auf die vergangenen Jahre sind wiederholt hartnäckige und uneinsichtige Pflichtverletzungen zu verzeichnen."

Am 16. Juni 2011 informierte Herr Z. den Stadtbürgermeister der Beklagten erstmals über den Kündigungssachverhalt.

Mit Schreiben vom 17. Juni 2011 (Bl. 4 d.A.), dem Kläger am gleichen Tag zugegangen, kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos. Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 6. Juli 2011, beim Arbeitsgericht Koblenz am 7. Juli 2011 eingegangen, Kündigungsschutzklage erhoben. Weiterhin hat er seine Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits zu den bisherigen Bedingungen als Beschäftigter im Bauhof verlangt.

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, die außerordentliche Kündigung der Beklagten sei unwirksam, weil die von der Beklagten angeführten Gründe nicht zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigen würden. Am 30. Mai 2011 sei er nicht zur Arbeit erschienen, weil er davon ausgegangen sei, den bereits am 27. Mai 2011 ausgefüllten grünen Stundenausgleichszettel für den 30. und 31. Mai 2011 an der betriebsüblichen Stelle im Be...

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