Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachweispflicht bei Zugang einer E-Mail. Kein Fehlervermerk keine Beweiserleichterung für Zugang eines E-Mail. Hinreichende Bestimmtheit eines Vertragsangebots nach § 145 BGB

 

Leitsatz (amtlich)

1. Den Absender einer E-Mail trifft gemäß § 130 BGB die volle Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die E-Mail dem Empfänger zugegangen ist. Ihm kommt nicht dadurch die Beweiserleichterung des Anscheinsbeweises zugute, dass er nach dem Versenden keine Meldung über die Unzustellbarkeit der E-Mail erhält.

2. Zu den Voraussetzungen eines Angebots zum Abschluss eines Arbeitsvertrags.

 

Normenkette

BGB §§ 130, 133, 157, 387, 780

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 18.03.2021; Aktenzeichen 6 Ca 5660/20)

 

Tenor

  1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 18.03.2021, Az. 6 Ca 5660/20 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
  3. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten, auf die weitere Rückzahlung eines dem Kläger gewährten Darlehens zu verzichten und die bereits geleisteten Darlehensraten - auch wegen der Unwirksamkeit des Darlehensvertrags - zurückzuzahlen.

Die Beklagte ist eine Fluggesellschaft und Konzernmutter der L Group. Sie betreibt mit der L A T GmbH (vormals: L F T GmbH) ein Unternehmen unter anderem zur Ausbildung von Piloten. Die Kosten der Ausbildung übernimmt konzernintern die Beklagte, wobei die angehenden Piloten zu einem Teil an den Kosten beteiligt werden.

Der Kläger ist Pilot und absolvierte seine Ausbildung innerhalb des Konzerns der Beklagten. Dazu schloss er mit der L F T GmbH unter dem 15.11.2010/17.12.2010 einen Schulungsvertrag über eine fliegerische Grundschulung zum Flugzeugführer nach den Standards der L AG ab. Nach § 11 Abs. 1 des Schulungsvertrages endet die Schulung, sobald der Kläger alle schulinternen und amtlichen Prüfungen erfolgreich abgelegt hat, und die nach dem Schulungsplan zum Erreichen des Vertragsziels vorgesehenen Schulungsmaßnahmen abgeschlossen sind. Der Kläger verpflichtete sich gemäß § 10 Abs. 1 des Schulungsvertrages, sich mit einem Eigenanteil in Höhe von 60.000,00 Euro an den Kosten der Ausbildung zu beteiligen. Wegen der weiteren Inhalte wird auf den Schulungsvertrag (Bl.24 der Akte) Bezug genommen. Dieser Schulungsvertrag wurde durch weitere Verträge ergänzt.

Neben dem Schulungsvertrag schlossen die Parteien einen "Darlehensvertrag zum Schulungsvertrag" unter dem 15.11 2010 und 03.12.2010 bzw. 17.12.2010 (im Folgenden: Darlehensvertrag). Danach gewährt die Beklagte dem Kläger ein Darlehen in Höhe von 60.000,00 Euro zur Zahlung des Eigenanteils aus dem Schulungsvertrag. Der Darlehensbetrag wird unmittelbar an die L F T GmbH ausbezahlt. Die Rückzahlung des Betrages wird nach § 3 Abs. 1 für die Dauer der Schulung und darüber hinaus bis zum Beginn eines Arbeitsverhältnisses als Flugzeugführer innerhalb oder außerhalb des Lufthansa-Konzerns zins- und tilgungsfrei gestellt. Unter § 5 Verzicht auf Darlehensforderung, Rückzahlung in besonderen Fällen ist in Absatz 6 Folgendes geregelt:

"Wird dem Darlehensnehmer aus betrieblichen Gründen, insbesondere mangels Bedarfs an Flugzeugführern, nicht innerhalb von fünf Jahren nach Beendigung der Schulung die Übernahme in ein Cockpit-Arbeitsverhältnis angeboten, wird L auf die Rückzahlung des Darlehens verzichten."

Wegen der weiteren Einzelheiten des Darlehensvertrags wird auf dessen Abschrift (Bl.33 der Akte) verwiesen.

Der Kläger schloss seine Ausbildung zum Flugzeugführer mit Bestehen der letzten Prüfung am 26.10.2013 ab. Die Frist zum Angebot eines Arbeitsvertrags gemäß § 5 Abs. 6 des Darlehensvertrags zum Schulungsvertrag endete am 26.10.2018.

Mit Schreiben vom 25.10.2018, dem Kläger postalisch zugegangen am 27.10.2018, bot die Beklagte dem Kläger einen Arbeitsplatz an. Wegen der Einzelheiten des Schreibens wird auf dessen Abschrift (Bl.42 der Akte) Bezug genommen.

Ob der Kläger eine dazugehörige E-Mail mit dem Wortlaut und dem Schreiben als Anlage:

"...

leider haben wir Sie telefonisch nicht erreicht.

Deshalb möchten wir Ihnen auf diesem Weg und mit beigefügten Schreiben einen Arbeitsplatz zum 01.01.2019 bei der D L AG anbieten.

..."

am 25.10.2018 erhalten hat, steht zwischen den Parteien im Streit. Der Kläger behauptet, eine E-Mail mit dem Inhalt am 28.10.2018 erhalten zu haben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Abschriften der E-Mails (Bl.44 der Akte und Bl.206 der Akte) Bezug genommen.

Am 23.11.2018 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag über die Tätigkeit als Flugzeugführer ab dem 01.01.2019 (Bl.22 der Akte). In § 5 des Arbeitsvertrages ist folgende Regelung enthalten:

"Bezüglich der Rückzahlung des Herrn H gewährten Darlehens gelten die Regelungen des zwischen den Parteien abgeschlossenen Darlehensvertrages. ..."

Ab Mai 2019 zog die Beklagte vom Gehalt des Klägers jeweils 500,00 Euro monatlich als Darlehensrückzahlung ab, sodass bis Dezember 2020 ein Betrag in Höhe von 10.000 ...

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