Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Beseitigung einer unberechtigten Abmahnung aus der Personalakte und tarifliche Ausschlußfrist

 

Leitsatz (amtlich)

Der Anspruch auf Entfernung einer unberechtigten Abmahnung aus der Personalakte, die sich auf die Beanstandung der Verletzung einer Pflicht des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis beschränkt, ohne darüber hinausgehende Vorwürfe zu enthalten, unterliegt einer tariflichen Ausschlußfrist für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, weil durch eine solche Abmahnung allein das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers nicht verletzt wird (im Anschluß an BAG, Urteil vom 08.02.1989 – 5 AZR 47/88 – EzBAT § 70 BAT Nr. 28).

 

Normenkette

BGB § 242; TVG § 4 Abs. 4 S. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 26.07.1990; Aktenzeichen 7 Ca 94/90)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 26. Juli 1990 – 7 Ca 94/90 – wird auf ihre Kosten bei einem Streitwert von 25.000,– DM zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Kläger verlangen von der Beklagten, aus ihren Personalakten eine mit Schreiben vom 5. Dezember 1989 erteilte Abmahnung wegen Arbeitsverweigerung zu entfernen.

Das Arbeitsgericht Berlin hat ihre am 5. Juni 1990 eingereichte Klage mit der Begründung abgewiesen, die Kläger hätten damit die dreimonatige Ausschlußfrist in Nr. 14.1 des Manteltarifvertrages für die Arbeiter in der Berliner Metallindustrie versäumt. Der Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte unterliege dieser Ausschlußfrist, weil es sich um einen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis handele. Den „Wert des Streitgegenstandes” hat das Arbeitsgericht auf 4.750,– DM festgesetzt, indem es die erste Abmahnung mit einem Monatseinkommen und alle folgenden mit je 10 % eines Monatseinkommens bewertet hat.

Gegen dieses ihnen am 9. August 1990 zugestellte Urteil richtet sich die am 10. September 1990, einem Montag, eingelegte und am 8. Oktober 1990 begründete Berufung der Kläger. Sie sind der Ansicht, der von ihnen erhobene Beseitigungsanspruch habe von der tariflichen Ausschlußfrist nicht erfaßt werden können, weil er sich aus einer Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts ergeben habe. Zudem wäre sein Erlöschen mit Ablauf der Ausschlußfrist logisch und materiell-rechtlich unvereinbar damit, daß die Berechtigung einer Abmahnung im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses unbefristet überprüft werden könne.

Die Kläger beantragen,

die Beklagte unter Änderung des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 26. Juli 1990 – 7 Ca 94/90 – zu verurteilen, die Abmahnungsschreiben von 5. Dezember 1989 aus ihren Personalakten zu entfernen und zu vernichten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und vertieft vorsorglich ihr Vorbringen zur Berechtigung der erteilten Abmahnungen.

 

Entscheidungsgründe

1.

Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 ArbGG statthafte und nach dem von allen Klägern gemeinsam erreichten Beschwerdewert gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG zulässige Berufung der Kläger ist fristgemäß und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, §§ 222 Abs. 2, 518, 519 Abs. 1 und 3 ZPO).

2.

Die Berufung ist unbegründet.

Ein etwaiger Anspruch der Kläger auf Entfernung der ihnen am 5. Dezember 1989 erteilten Abmahnung aus ihrer Personalakte ist wegen Versäumung der dreimonatigen Ausschlußfrist in Nr. 14.1 MTV MetIndBln erloschen, wie schon das Arbeit gericht zutreffend ausgeführt hat (§ 543 Abs. 1 ZPO). Die Angriffe der Berufung gaben allerdings zu folgenden Ergänzt Anlaß.

Zwar fallen Ansprüche aus der Verletzung des Persönlichkeitsrechts nicht unter eine tarifliche Ausschlußklausel, die ihren Wirkungsbereich auf Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag oder dem Arbeitsverhältnis beschränkt, weil es sich dabei um die Verletzung eines absoluten Rechts handelt (BAG, Urteil vom 15.07.1987 – 5 AZR 215/86BAGE 54, 365 = AP § 611 BGB Persönlichkeitsrecht Nr. 14 zu A III der Gründe). Auch hat das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 27.11.1985 – 5 AZR 101/84 – AP § 611 BGB Fürsorgepflicht Nr. 93 zu I 3 b der Gründe) davon gesprochen, der Arbeitnehmer könne in entsprechender Anwendung der §§ 242, 1004 BGB bei einem objektiv rechtswidrigen Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht in Form von unzutreffenden oder abwertenden Äußerungen deren Widerruf und Beseitigung verlangen. In derselben Entscheidung hat es jedoch unter I 3 a der Gründe deutlich gemacht, daß es Ausfluß der sich aus § 242 BGB ergebenden Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ist, dafür Sorge zu tragen daß die Personalakte ein richtiges Bild des Arbeitnehmers in dienstlichen und persönlichen Beziehungen vermittelt. Wenn es daran anschließend den allgemeinen Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers als Beispiel für die inhaltliche Bestimmung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers anhand der in den Grundrechten zum Ausdruck gekommenen Wertentscheidung angeführt hat, so erhellt daraus, daß es dem BAG auch mit seiner Bezugnahme auf das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers und dessen Beein...

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