Erste Stufe: Negative Gesundheitsprognose

Zweite Stufe: Erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen

Dritte Stufe: Interessenabwägung

Krankheit ist der wichtigste Fall einer personenbedingten Kündigung. Die Krankheit als solche ist kein Kündigungsgrund. Entscheidend sind auch nicht die derzeitigen Auswirkungen einer Krankheit auf den Betrieb. Maßgeblich sind vielmehr die betrieblichen und wirtschaftlichen Störungen infolge der zukünftig zu erwartenden krankheitsbedingten Ausfallzeiten.

Die Sozialwidrigkeit einer krankheitsbedingten Kündigung ist in drei Stufen zu prüfen:

  • negative Gesundheitsprognose
  • erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen
  • Interessenabwägung ergibt eine unzumutbare Belastung des Betriebs.

Erste Stufe: Negative Gesundheitsprognose

Häufige Kurzerkrankungen

Häufige Kurzerkrankungen in der Vergangenheit stellen ein Indiz dafür dar, dass auch in Zukunft mit weiteren Erkrankungen in bisherigem Umfang zu rechnen ist. Da der Arbeitgeber die Art der Erkrankungen des Arbeitnehmers im Regelfall nicht kennt, genügt er der ihm obliegenden Darlegungs- und Beweislast durch einen detaillierten Vortrag der Krankheitszeiten in der Vergangenheit. Bei einem Arbeitnehmer mit längerer Betriebszugehörigkeit sollten zumindest die letzten drei Jahre herangezogen werden. Sind schon vorher hohe Ausfallzeiten aufgetreten, sollten diese ergänzend vorgetragen werden. Die Belastungsgrenze, ab der eine Kündigung in Betracht zu ziehen ist, beträgt etwa um die 20 bis 25 % Fehlzeit pro Jahr. Hierbei sind Kuren und Heilverfahren miteinzubeziehen (BAG, Urt. v. 10.03.1977 - 2 AZR 79/76). Jedoch dürfen bei der negativen Prognose Krankheiten, denen ihrer Natur nach oder wegen ihrer Entstehung keine Aussagekraft für eine Wiederholungsgefahr beizumessen ist, nicht berücksichtigt werden. Dazu gehören in erster Linie Unfälle sowie sonstige offenkundig einmalige Gesundheitsschäden (BAG, Urt. v. 07.12.1989 - 2 AZR 225/89). Daher sind auch durch eine Schwangerschaft eintretende Ausfallzeiten nicht zu berücksichtigen.

Hat der Arbeitgeber im Prozess hinreichend häufige Kurzerkrankungen dargelegt, ist es nun Sache des Arbeitnehmers darzutun, weshalb die Besorgnis weiterer Erkrankungen unberechtigt sein soll. Dieser Mitwirkungspflicht genügt der Arbeitnehmer schon dann, wenn er die Behauptung des Arbeitgebers bestreitet und die Ärzte von der Schweigepflicht entbindet, die ihn behandelt haben, soweit darin die Darstellung liegt, die Ärzte hätten die künftige gesundheitliche Entwicklung ihm gegenüber tatsächlich positiv beurteilt. Statt dessen kann er auch selbst konkrete Umstände vortragen, die geeignet sind, die Indizwirkung der bisherigen Fehlzeiten zu erschüttern. Der Arbeitnehmer muss jedoch nicht den Gegenbeweis führen, dassmit weiteren künftigen Erkrankungen nicht zu rechnen sei (BAG, Urt. v. 06.09.1989 - 2 AZR 19/89).

Gelingt es dem Arbeitnehmer, die Indizwirkung der bisherigen Fehlzeiten zu erschüttern, obliegt es dem Arbeitgeber, den vollen Beweis für die negative Gesundheitsprognose zu führen. Dies dürfte meist ein Sachverständigen-Gutachten erfordern.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die negative Gesundheitsprognose ist der Zugang der Kündigung. Danach eingetretene weitere Umstände, die sich auf die weitere Entwicklung des Gesundheitszustandes auswirken können, werden nicht berücksichtigt.

 
Praxis-Beispiel

Der Arbeitnehmer lehnt eine Operation zur Heilung seines Leidens ab, obgleich die Prognose des Arztes dahin geht, die Krankheit führe ohne die Operation zu einer dauernden Beeinträchtigung. Nach Zugang der Kündigung willigt der Arbeitnehmer in die Operation ein. Durch Ingangsetzung dieses neuen Kausalverlaufes wird die negative Gesundheitsprognose nicht beseitigt. Der Arbeitnehmer kann also nicht durch sein nachträgliches Verhalten der Kündigung den Boden entziehen.

Gleiches gilt auch für die Zustimmung einer zunächst verweigerten Therapie oder Entziehungskur bei Alkoholabhängigkeit oder bei einer Änderung der Lebensführung (BAG, Urt. v. 06.09.1989 - 2 AZR 118/89).

Langandauernde Erkrankung

Eine negative Gesundheitsprognose liegt hier vor, wenn der Arbeitnehmer schon längere Zeit[1] arbeitsunfähig krank gewesen ist und das Ende der Arbeitsunfähigkeit nicht abzusehen ist. Hierbei gilt keine generelle schematisierte Zeitvorgabe. Zu berücksichtigen sind Ursache der Erkrankung, Dauer, Art und Häufigkeit früherer Erkrankungen, Alter des Arbeitnehmers, Dauer der Betriebszugehörigkeit etc.

Im Prozess hat der Arbeitgeber das Vorliegen einer langanhaltenden Krankheit darzulegen. Dies hat Indizwirkung. Der Arbeitnehmer hat im Gegenzug darzutun, weshalb mit einer baldigen Genesung zu rechnen ist. Im Regelfall wird ein medizinisches Gutachten einzuholen sein, wobei maßgebender Beurteilungszeitpunkt der negativen Gesundheitsprognose der Zeitpunkt des Kündigungszugangs ist (BAG, Urt. v. 28.02.1990 - 2 AZR 401/89).

Krankheitsbedingte Eignungs- und Leistungsminderung auf Dauer

Hier kommt es nicht auf Dauer oder Häufigkeit von Fehlzeiten an...

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