Grundsätzlich ist ein Arbeitnehmer, der wegen eines vertragswidrigen Verhaltens gekündigt werden soll, zunächst abzumahnen. Dies gilt bei Störungen im Verhaltens- und Leistungsbereich.[1] Immer ist eine Abmahnung erforderlich, wenn gerade in der Wiederholung der Pflichtverletzung der wichtige Grund zu sehen ist.

Wird hingegen in besonders gravierender Art und Weise der Vertrauensbereich verletzt, kommt ausnahmsweise eine außerordentliche Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung in Frage, wenn der Arbeitnehmer selbst erkennen musste[2], dass bei einem solchen Fehlverhalten nicht mehr mit der Wiederherstellbarkeit des Vertrauens gerechnet werden kann.[3]

 
Praxis-Beispiel

A kommt zum wiederholten Male zu spät zur Ablösung der Schicht. Abmahnungen sind bisher nicht ausgesprochen worden. AG will nun fristlos kündigen.

B verlangt für den 16.8. Urlaub. AG muss dies, da Ferienzeit ist und viele Arbeitnehmer sich im Urlaub befinden, verweigern. B erklärt daraufhin: "Entweder ich bekomme Urlaub, oder ich bin eben krank." Als B am 16.8. tatsächlich nicht erscheint, will AG die fristlose Kündigung aussprechen.

In beiden Fällen liegt ein Verhalten des Arbeitnehmers vor, das grundsätzlich geeignet ist, eine Kündigung, auch eine fristlose, zu rechtfertigen.

Im ersten Fall liegt in der Beharrlichkeit der Pflichtverletzung das Hauptgewicht. Dem Arbeitnehmer ist regelmäßig vor einer Kündigung durch (mindestens) eine Abmahnung sein Fehlverhalten aufzuzeigen (Hinweisfunktion) und eine Kündigung erst anzudrohen (Warnfunktion). Daher kommt in diesem Fall eine außerordentliche Kündigung erst bei Vorliegen mehrerer Abmahnungen in Betracht.[4]

Anders im zweiten Fall. Hier liegt der Schwerpunkt der Pflichtverletzung auch im Verhalten, aber es wird der Vertrauensbereich nachhaltig verletzt. Hier genügt der einmalige Vorfall für die außerordentliche Kündigung.[5] Keine Rolle spielt dabei, ob der Arbeitnehmer an diesem Tag tatsächlich krank ist. Es kommt nur darauf an, ob der Arbeitnehmer zu einem Zeitpunkt, zu dem er sich objektiv nicht krank fühlte, die Krankheit angedroht hat.

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