Eine ärztliche Untersuchung auf Veranlassung des Arbeitgebers bedarf grundsätzlich der Einwilligung des Mitarbeiters, da dies einen Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Unverletzlichkeit der Persönlichkeit darstellt. Auch wenn der Arbeitgeber einen Betriebsarzt bestellt hat, gehört es zwar zu dessen Pflichten gem. § 3 Abs. 1 Arbeitssicherheitsgesetz, "die Arbeitnehmer zu untersuchen, arbeitsmedizinisch zu beurteilen und zu beraten, sowie die Untersuchungsergebnisse zu erfassen und auszuwerten". Das Gesetz regelt jedoch nicht, unter welchen Voraussetzungen der Mitarbeiter zur Untersuchung durch den Betriebsarzt verpflichtet ist. Eine solche Untersuchungspflicht des Mitarbeiters ergibt sich entweder aus gesetzlichen Vorschriften z. B. des Jugendarbeitsschutzgesetzes, des Bundesseuchengesetzes, der Strahlenschutzverordnung usw. Die Verpflichtung kann auch tarifvertraglich geregelt werden.

Während der TVöD nur noch die Verpflichtung des Beschäftigten enthält, bei begründeter Veranlassung durch ärztliche Bescheinigung seine Dienstfähigkeit nachzuweisen, sind die Regelungen des § 7 DRK-TV a. F. wortgleich in § 8 DRK-Reform-TV übernommen worden.

2.8.1 Einstellungsuntersuchung (§ 8 Abs. 1 DRK-TV)

Der "Mitarbeiter ist verpflichtet, sich vor seiner Einstellung von einem vom DRK zu bestimmenden Arzt auf seinen Gesundheitszustand untersuchen zu lassen und die körperliche Eignung für die vorgesehene Verwendung nachzuweisen".

Von dieser Möglichkeit sollte allerdings – wenn die tarifliche Regelung auch keine Einschränkung z. B. "aus gegebenem Anlass" enthält – doch nur bei einer nachvollziehbaren Erforderlichkeit Gebrauch gemacht werden.

 
Praxis-Beispiel

Ein DRK-Kreisverband hat die Stelle eines/r Lohnbuchhalters/in ausgeschrieben. Der Verband entscheidet sich für eine 28-jährige Bewerberin, die eine entsprechende Ausbildung, Berufserfahrung und sehr gute Arbeitszeugnisse hat. Körperliche Einschränkungen sind nicht ersichtlich.

Trotz der tariflich zulässigen Möglichkeit sollte hier der Arbeitgeber auf die Einstellungsuntersuchung verzichten.

Bei der Einstellung von Pflegekräften oder Rettungsdienstpersonal verhält es sich anders. Bei diesen Tätigkeiten geht es (auch) um einen körperlichen Einsatz, der das Verlangen des Arbeitgebers auf Nachprüfung der körperlichen Eignung rechtfertigt.

Der Arbeitgeber wird also beim Vorstellungsgespräch den Bewerber ggf. auf die Notwendigkeit einer ärztlichen Untersuchung zur Frage der körperlichen Eignung hinweisen.

Wenn aber der ärztliche Bericht bis zum Abschluss des Arbeitsvertrags nicht vorliegt, sollte in diesen Arbeitsvertrag der Klausel "vorbehaltlich der gesundheitlichen Eignung" aufgenommen werden.

2.8.2 Untersuchung während der Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 DRK-TV)

Der DRK-Mitarbeiter ist auch während seiner Tätigkeit verpflichtet, sich durch einen vom DRK zu bestimmenden Arzt auf seine körperliche Eignung (Gesundheitszustand und Arbeitsfähigkeit) untersuchen zu lassen. Die Untersuchung muss nicht durch den ggf. vorhandenen Betriebsarzt erfolgen, und es bedarf (im Gegensatz zu der Regelung im TVöD) keines bestimmten Anlasses. Das Fehlen des "gegebenen Anlasses" zu einer Untersuchungspflicht bedeutet jedoch nicht, dass der DRK-Arbeitgeber von der Tarifvorschrift willkürlich Gebrauch machen dürfte; dem Interesse des Arbeitgebers an der Untersuchung wird auch hier das geschützte Rechtsgut der Unverletzlichkeit der Persönlichkeit des Mitarbeiters gegenüberzustellen sein.

Das Interesse des Arbeitgebers kann auch in seiner Fürsorgepflicht begründet sein.

 
Praxis-Beispiel

Dem Arbeitgeber wird von verschiedenen Mitarbeitern berichtet, dass ein Kollege im Rettungsdienst dem Alkohol zuspricht. Während der Arbeitszeit trinke der Kollege zwar nicht, er komme aber häufig angetrunken zum Dienst und sei nach Feierabend regelmäßig in seiner Stammkneipe anzutreffen.

Hier gebietet es die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers nicht nur dem Mitarbeiter, sondern auch den mitfahrenden Kollegen und nicht zuletzt den zu befördernden Patienten gegenüber, den Mitarbeiter ärztlich untersuchen zu lassen.

 
Praxis-Beispiel

Der Mitarbeiter kommt betrunken zum Dienst. Der Rettungsdienstleiter fordert ihn auf, den Betriebsarzt aufzusuchen. Der Mitarbeiter weigert sich.

Der Vorgesetzte muss den Mitarbeiter zunächst von der Arbeit freistellen. Zu einem Alkoholtest und auch nur zur Vorstellung beim Betriebsarzt kann der Mitarbeiter nicht gezwungen werden. Wenn der Mitarbeiter trotz (zu Beweiszwecken) schriftlicher Aufforderung seiner tariflichen Pflicht zu ärztlicher Untersuchung nicht nachkommt, sollte er abgemahnt und zugleich erneut aufgefordert werden, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Kommt er der Aufforderung wieder nicht nach, kann gekündigt werden.

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