Zusammenfassung

Im Jahr 2021 haben sich die Tarifvertragsparteien für die Beschäftigten des Bundes und die Tarifvertragsparteien im Land Hessen auf den Abschluss eines Digitalisierungstarifvertrags verständigt, der jeweils Regelungen trifft für den Fall, dass die Digitalisierung erhebliche Auswirkungen auf die Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten hat.

Bei den Kommunen und bei den in der Tarifgemeinschaft deutscher Länder organisierten Ländern bestehen derzeit keine entsprechenden spezifischen Digitalisierungstarifverträge. Hier sind derzeit ausschließlich die Bestimmungen der – bereits zu Zeiten des früheren Tarifrechts Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) verabschiedeten – Rationalisierungsschutztarifverträge maßgebend. In diesen Bereichen bleibt abzuwarten, ob die Gewerkschaften und die Arbeitgeberverbände (VKA bzw. TdL) die Thematik aufgreifen und ähnliche Regelungen verabschieden werden. Derzeit sind keine dahingehenden Bestrebungen bekannt.

Der Beitrag gibt einen komprimierten Überblick über die im Tarifrecht des öffentlichen Dienstes in den jeweiligen Bereichen (Bund, Land Hessen, Kommunen und in der TdL organisierten Ländern) bezüglich der Auswirkungen der Digitalisierung bestehenden Tarifregelungen.

1 Digitalisierungs-TV Bund

1.1 Allgemeines

Nach 2 Jahren intensiv geführten Verhandlungen haben sich das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat einerseits sowie die Gewerkschaften ver.di u. a. und der dbb beamtenbund und tarifunion andererseits für den Bund auf einen "Digitalisierungstarifvertrag (DigiTV") vom 10.6.2021 geeinigt.

Der Tarifvertrag ist am 1.1.2022 in Kraft getreten. Er erfasst rund 126.000 Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst der Bundesverwaltungen. Der Tarifvertrag ist erstmals kündbar zum 31.12.2025, hat also eine Mindestlaufzeit von 4 Jahren.

 
Hinweis

Der Digitalisierungstarifvertrag gilt nicht für die Kommunen und die Länder.[1]

[1] Zur Situation in den Kommunen siehe Ziffer 3, zur Situation bei den Ländern, ausgenommen das Land Hessen, siehe Ziffer 4.

1.2 Anwendungsbereich

Der DigiTV Bund findet Anwendung, falls die Digitalisierung zur Folge hat, „dass in einer Dienststelle eine wesentliche Änderung von Arbeitsprozessen (Arbeitstechnik und/oder Arbeitsorganisation) zur wesentlichen Änderung der Arbeitsplatzanforderungen oder Arbeitsplatzbedingungen (wesentliche personelle Auswirkungen wie insbesondere Änderung des Arbeitsortes, Qualifizierungsnotwendigkeit oder Änderung der Entgeltgruppe) führt“ (§ 1 Abs. 2 DigiTV).

Der Fokus liegt hierbei auf Bereichen, in denen mit besonders starkem Wandel zu rechnen ist, weil Prozesse verändert, Aufgaben verlagert oder Behörden geschlossen werden, z. B. durch

  • das Angebot von öffentlichen Online-Dienstleistungen
  • die Einführung der E-Akte
  • die Automatisierung der Sachbearbeitung.

Ziel der Tarifparteien ist es, die Arbeitsplätze in der sich durch die Digitalisierung verändernden Arbeitswelt zukunftssicher zu machen. In dem DigiTV wurden diesbezüglich Mechanismen zur Arbeitsplatzsicherung und notwendigen Qualifizierung geregelt sowie die Entgeltsicherung festgelegt. Um Doppelansprüche und Konkurrenzen zu vermeiden, stellt § 1 Abs. 3 DigiTV klar, dass Beschäftigte, die Ansprüche aus diesem Tarifvertrag geltend machen, nicht zu gleichen Sachverhalten Ansprüche aus den Tarifverträgen über den Rationalisierungsschutz für Angestellte und für Arbeiter (RatSchTV Ang/RatSchTV Arb) oder aus dem Tarifvertrag über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr (TV UmBw) geltend machen können.

 
Hinweis

Fragen betreffend den Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie den Wandel von Berufsbildern, die ebenfalls mit der Digitalisierung zusammenhängen, werden vom DigiTV nicht berührt.

1.3 Arbeitsplatzsicherung

Hat eine Digitalisierungsmaßnahme den Wegfall des Arbeitsplatzes zur Folge, hat der Betroffene Anspruch auf Übertragung einer gleichwertigen Tätigkeit (§ 2 Abs. 2 DigiTV). Gleichwertig ist ein Arbeitsplatz dann, wenn sich durch die Tätigkeit die Entgeltgruppe nicht ändert und der Beschäftigte in der neuen Tätigkeit im bisherigen Umfang beschäftigt bleibt.

Falls keine gleichwertige Tätigkeit zur Verfügung steht, ist eine geringerwertige Tätigkeit in derselben oder in einer anderen Behörde zur Verfügung zu stellen, deren einzuhaltende Reihenfolge in § 2 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a) bis h) DigiTV geregelt ist. Die Arbeitsplatzsicherung kann formal im Wege einer Versetzung nach § 4 Abs. 1 TVöD oder durch einen Änderungsvertrag erfolgen. Mit Einvernehmen des Betroffenen kann nach § 2 Abs. 2 Satz 3 DigiTV von der Reihenfolge abgewichen werden.

Steht nur ein höherwertiger Arbeitsplatz zur Verfügung, soll der Beschäftigte gemäß § 2 Abs. 3 DigiTV entsprechend seiner persönlichen Eignung qualifiziert werden (§ 4 DigiTV), wenn ihm dadurch die Übernahme dieses Arbeitsplatzes angeboten werden kann.

1.4 Entgeltsicherung

Eine Entgeltsicherung tritt ein, wenn die nach § 2 DigiTV unterbreitete neue Tätigkeit mit einem geringeren Tabellenentgelt als die frühere Tätigkeit verbunden ist, etwa aufgrund der Eingruppierung in einer niedrigeren Entgeltgruppe. Maßgeblich ist die Di...

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