Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausfall- bzw Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit nach Vollendung des 58. Lebensjahres. subjektive Verfügbarkeit. Bedeutung der Erklärung nach § 105c AFG

 

Leitsatz (amtlich)

In der Rentenversicherung braucht ein Versicherter nach Vollendung des 58. Lebensjahres für die Anrechnung von Zeiten der Arbeitslosigkeit als Ausfallzeit (§ 1259 Abs 1 S 1 Nr 3 RVO) das Merkmal der subjektiven Verfügbarkeit wegen der Sondernorm des § 105c AFG nicht mehr zu erfüllen.

Einer gegenüber dem Arbeitsamt abgegebenen Erklärung des Arbeitslosen zu § 105c AFG kommt demgegenüber keine rechtliche Bedeutung zu (Abgrenzung zu BSG vom 8.2.1996 – 13 RJ 19/95 = BSGE 78, 1 = SozR 3-2600 § 58 Nr 5 und BSG vom 13.8.1996 – 8 RKn 30/95 = BSGE … = SozR 3-2600 § 58 Nr 7).

Stand: 24. Oktober 2002

 

Normenkette

RVO § 1259 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 1248 Abs. 2; SGB VI § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 3; AFG § 100 Abs. 1, § 101 Abs. 1, § 103 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 105c Abs. 1

 

Verfahrensgang

LSG Niedersachsen (Urteil vom 28.06.1995; Aktenzeichen L 2 J 36/95)

SG Hannover (Entscheidung vom 10.08.1992; Aktenzeichen S 6 J 376/88)

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 28. Juni 1995 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Die Beteiligten streiten über die Gewährung höheren Altersruhegeldes (ARG) wegen Arbeitslosigkeit für den Kläger unter Berücksichtigung der Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1987 als Ausfallzeit.

Der 1927 geborene Kläger war bis Ende 1984 Arbeiter bei den V. … -Werken, W. … Sein Beschäftigungsverhältnis wurde im gegenseitigen Einvernehmen nach der sog 57er-Regelung aufgelöst. Am 2. Januar 1985 meldete er sich arbeitslos; nach Ablauf einer achtwöchigen Sperrzeit bezog er in der Zeit vom 26. März 1985 bis 29. Dezember 1986 Arbeitslosengeld (Alg). Am 10. März 1986 unterzeichnete der Kläger eine vom Arbeitsamt (ArbA) H. … formularmäßig vorbereitete „Erklärung über die Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld bzw Arbeitslosenhilfe unter der erleichterten Voraussetzung des § 105c Arbeitsförderungsgesetz (AFG)”. Danach brauchte er ua nicht bereit zu sein, jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen; im Gegenzug verpflichtete er sich, auf Aufforderung des ArbA mindestens drei Monate vor dem frühestmöglichen Rentenbeginn einen Antrag auf ARG zu stellen, wenn er Alg bzw Arbeitslosenhilfe (Alhi) unter der erleichterten Voraussetzung des § 105c AFG mindestens drei Monate erhalten hatte. Die Erklärung enthält ferner den Hinweis, daß sie innerhalb der ersten drei Monate des Leistungsbezugs widerrufen werden könne (Überlegungsfrist).

Nach dem Ende der Alg-Leistung erhielt der Kläger vom 30. Dezember 1986 bis 31. Dezember 1987 eine Überbrückungsbeihilfe seiner ehemaligen Arbeitgeberin. Wegen dieser Leistung lehnte das ArbA die Gewährung von Anschluß-Alhi mangels Bedürftigkeit des Klägers ab. Auf seinen Rentenantrag von August 1987 bewilligte die Beklagte ihm mit Bescheid vom 12. März 1988 vorgezogenes ARG wegen Vollendung des 60. Lebensjahres und Arbeitslosigkeit gemäß § 1248 Abs 2 RVO. In dem Bescheid stellte sie Versicherungszeiten nur bis zum 29. Dezember 1986 (AFG-Leistungsbezug) fest; die Anrechnung der Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1987 als Ausfallzeit lehnte sie ab, weil der Kläger während dieser Zeit keine Leistungen vom ArbA bezogen und auch dem ArbA nicht uneingeschränkt zur Verfügung gestanden habe. Das Widerspruchsverfahren blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 1. Juni 1988). Das SG hat die Beklagte zur rentensteigernden Berücksichtigung der streitigen Zeit verurteilt (Urteil vom 10. August 1992). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 28. Juni 1995) und ausgeführt: Der Kläger sei während der streitigen Zeit arbeitslos im Sinne des § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 3 RVO gewesen. Die Frage der eingeschränkten Verfügbarkeit gemäß § 105c AFG sei in diesem Zusammenhang unerheblich. Die gesetzliche Fiktion der Verfügbarkeit in § 105c AFG habe mit dem Leistungsbezug nichts zu tun. In entsprechender Anwendung des Art 2 § 7 Abs 3 Satz 1 ArVNG liege eine Ausfallzeit nach § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 3 RVO auch dann vor, wenn Alhi lediglich mangels Bedürftigkeit nicht gewährt worden sei.

Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts, insbesondere des § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 3 RVO, und trägt vor: Die den Kläger betreffenden Aktenvorgänge der Bundesanstalt für Arbeit (BA) seien nicht mehr verfügbar; er müsse sich daher so behandeln lassen, als habe er sämtliche von der BA zur Verfügung gestellten Merkblätter und Informationsschriften zur Kenntnis genommen. Ihm habe auch der Widerruf seiner Erklärung mit der Folge der dann für die Zukunft bestehenden uneingeschränkten Verfügbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt offengestanden. Ein entsprechender Widerruf sei ihm zumutbar gewesen, zumal das Angebot einer tatsächlichen Vermittlung ohnehin eine nur theoretische Möglichkeit dargestellt habe. Aus der Gesetzesbegründung in der BT-Drucks 10/3923 sei auch ersichtlich, daß Versicherte, die die Erklärung nach § 105c AFG abgegeben hätten, damit zum Ausdruck brächten, daß sie aus dem Erwerbsleben ausschieden. Ein Versicherter, der aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sei, könne aber eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit nicht mehr unterbrechen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 28. Juni 1995 und das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 10. August 1992 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

II

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht entschieden, daß der Kläger Anspruch auf höheres ARG wegen Vollendung des 60. Lebensjahres bei Arbeitslosigkeit aus § 1248 Abs 2 RVO unter Anrechnung der Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1987 als Ausfallzeit gemäß § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 3 RVO hat. Gemäß § 300 Abs 2 SGB VI finden für die Beurteilung des Klagebegehrens die Vorschriften der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden RVO Anwendung, weil der Kläger seinen Antrag auf Gewährung höheren Alg bereits im August 1987 gestellt hat.

Gemäß § 1258 Abs 1 RVO werden bei der Ermittlung der Anzahl der anrechnungsfähigen Versicherungsjahre für die Berechnung des ARG auf die Wartezeit ua die Ausfallzeiten gemäß § 1259 RVO angerechnet. Solche Ausfallzeiten sind gemäß § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 3 RVO ua Zeiten, in denen eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit durch eine mindestens einen Kalendermonat andauernde Arbeitslosigkeit unterbrochen worden ist, wenn der bei einem deutschen ArbA als Arbeitsuchender gemeldete Arbeitslose ua Alhi bezogen hat oder diese Leistung wegen Zusammentreffens mit anderen Bezügen, wegen eines Einkommens oder wegen der Berücksichtigung von Vermögen nicht gewährt worden ist. Die vorgenannten Voraussetzungen einer Zeitenanrechnung sind beim Kläger für das Jahr 1987 erfüllt.

(1.) Der Kläger war in der Zeit von Januar bis Dezember 1987 iS des § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 3 RVO länger als einen Kalendermonat arbeitslos. Da das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung keine eigene Definition des Begriffes der Arbeitslosigkeit enthält, hat das BSG dieses Tatbestandsmerkmal seit jeher in Anlehnung an das Recht der Arbeitslosenversicherung verstanden (vgl BSG, Urteile vom 13. August 1996 – 8 RKn 30/95, zur Veröffentlichung vorgesehen; vom 8. Februar 1996 – 13 RJ 19/95, SozR 3-2600 § 58 Nr 5; vom 24. April 1958 – 4 RJ 218/56, BSGE 7, 138; vom 15. Januar 1959 – 4 RJ 227/57, BSGE 9, 74; vgl auch Urteil des BSG vom 29. Juli 1976 – 4 RJ 199/74, SozR 2200 § 1248 Nr 15 mwN). Dabei hat es die Berücksichtigung der Besonderheiten, insbesondere des Sinnes und Zweckes der jeweiligen rentenrechtlichen Regelungen, betont (vgl BSG, Urteil vom 8. Februar 1996 – 13 RJ 19/95, SozR 3-2600 § 58 Nr 5 mwN) und das im Arbeitslosenversicherungsrecht gesondert geregelte Erfordernis einer objektiven und subjektiven Verfügbarkeit der Versicherten – mit gewissen Modifikationen – in den rentenrechtlichen Begriff der Arbeitslosigkeit einbezogen (BSG, Urteile vom 28. September 1961 – 4 RJ 51/60, BSGE 15, 131, 133 = SozR Nr 9 zu § 148 RVO; vom 18. Februar 1964 – 11/1 RA 239/60, BSGE 20, 190, 192 f = SozR Nr 19 zu § 1248 RVO; vom 18. August 1971 – 4 RJ 107/71, SozR Nr 39 zu § 1259 RVO).

Zur Bestimmung des Begriffs der Arbeitslosigkeit iS des § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 3 RVO sind daher stets die §§ 101 und 103 AFG heranzuziehen (BSG, Urteil vom 14. November 1989 – 8 RKn 7/88, SozR 2200 § 1248 Nr 49). Wird ARG nach Vollendung des 60. Lebensjahres aufgrund vorangegangener Arbeitslosigkeit beansprucht, ist zusätzlich auch § 105c AFG zu berücksichtigen, der das allgemein für den Anspruch auf Alg vorgeschriebene Merkmal der subjektiven Verfügbarkeit (§ 103 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AFG) für die tatbestandlich umgrenzte Personengruppe entfallen läßt (vgl BSG, Urteil vom 13. August 1996 – 8 RKn 30/95, zur Veröffentlichung vorgesehen).

Die bezeichnete, auf eine Modifizierung der Anspruchsvoraussetzungen für Alg gerichtete – und insoweit auch eingeschränkte – Wirkung der Regelung des § 105c AFG folgt unmittelbar aus dem Wortlaut der Vorschrift. Wenn in Satz 1 gesagt ist, daß Anspruch auf Alg nach § 100 Abs 1 AFG „auch” hat, wer nach Vollendung des 58. Lebensjahres ein sonst erforderliches Merkmal nicht erfüllt, so kann das nicht anders als eine Veränderung des Ursprungstatbestandes für die Gewährung von Alg iS einer Verringerung der Anforderungen verstanden werden. Da in der zweiten Satzhälfte sodann nicht nur der Regelungsinhalt des § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AFG in abgekürzter Formulierung wiedergegeben, sondern diese Vorschrift auch ausdrücklich zitiert wird, ist der gedankliche Bezug auf die grundsätzliche Regelung der subjektiven Verfügbarkeit unmißverständlich zum Ausdruck gebracht und die gesetzessystematische Zuordnung des § 105c AFG als Sondernorm zur Grundnorm des § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AFG unausweichlich.

Im Ergebnis sind damit für Versicherte der in § 105c AFG erfaßten Gruppe als Voraussetzung für die Anrechnung von Zeiten der Arbeitslosigkeit iS des § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 3 RVO lediglich drei Erfordernisse aufgestellt: Sie müssen zum einen arbeitslos iS des § 101 Abs 1 AFG sein, zum anderen der Arbeitsvermittlung gemäß § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 1 und Nr 3 AFG zur Verfügung stehen. Der Kläger erfüllte diese Merkmale: Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) übte er während der Zeit von Januar bis Dezember 1987 keine versicherungspflichtige Beschäftigung aus; er konnte und durfte eine zumutbare, nach § 168 AFG die Beitragspflicht begründende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben; er konnte auch das ArbA täglich aufsuchen und war für das ArbA erreichbar.

Die vom Kläger am 10. März 1986 im Blick auf § 105c AFG abgegebene Erklärung steht der Annahme seiner Arbeitslosigkeit in der oben ausgeführten rentenversicherungsrechtlichen Bedeutung nicht entgegen. Eine derartige Erklärung, die vom Gesetz selbst so nicht vorgesehen ist, kann allenfalls der Erleichterung des Nachweises der durch § 105c AFG modifizierten Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen dienen. Eine die Anspruchsvoraussetzung der Verfügbarkeit betreffende Wirkung – und damit ein Einfluß auf die materiell-rechtliche Regelung des Gesetzes – kommt ihr mangels einer Möglichkeit für die Beteiligten, über das Merkmal der subjektiven Verfügbarkeit zu disponieren, nicht zu.

Soweit der 13. Senat des BSG in seinem Urteil vom 8. Februar 1996 – 13 RJ 19/95 (SozR 3-2600 § 58 Nr 5) bei Anwendung des § 105c AFG im Rahmen des § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB VI (= § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 3 RVO; Ausfallzeit bzw Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit) offenbar eine Unterscheidung zwischen Zeiten des Leistungsbezugs und Zeiten des Nichtleistungsbezugs treffen will, vermag der Senat dieser – auf Seite 9 des Urteilsumdrucks angesprochenen, jedoch nicht weiter begründeten – Auffassung nicht zu folgen. Denn das Rentenrecht trifft eine solche Unterscheidung nicht. Gemäß § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 3 RVO – und diesem nachgebildet § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB VI – stehen vielmehr Zeiten des Leistungsbezugs solchen Zeiten gleich, in denen eine AFG-Leistung wegen Zusammentreffens mit anderen Bezügen, wegen Einkommens oder wegen der Berücksichtigung von Vermögen nicht gewährt worden ist.

Die Entscheidung des 13. Senats des BSG bindet den erkennenden Senat auch nicht in dem Sinne, daß er gemäß § 41 Abs 3 Satz 1 SGG bei diesem anfragen müßte, ob er an seiner Rechtsauffassung festhält. Denn das Urteil des 13. Senats ist nicht auf die Begründung gestützt; insoweit handelt es sich vielmehr um ein obiter dictum. Dies ergibt sich aus Seite 16 des Urteilsumdrucks, auf der es heißt: „Nach alledem könnte die Klägerin zwar nicht als arbeitslos im Sinne von § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB VI angesehen werden, wenn sie … ihre subjektive Verfügbarkeit gegenüber dem Arbeitsamt beschränkt hätte.” Sodann führt der 13. Senat in seiner Entscheidung aus, daß und weshalb die von der Klägerin dieses Rechtsstreits abgegebene Erklärung Rechtswirkungen nicht entfaltet. Auf diese Gründe ist die Entscheidung gestützt.

Auch die Entscheidung des 8. Senats des BSG vom 13. August 1996 – 8 RKn 30/95 – steht der Rechtsauffassung des erkennenden Senats nicht entgegen. Zwar führt der 8. Senat unter Hinweis auf das vorzitierte Urteil des 13. Senats aus, daß Zeiten beschränkter subjektiver Verfügbarkeit keine Anrechnungszeiten mehr seien, wenn die AFG-Leistungen entfielen; dies folge aus §§ 38 Nr 3, 237 Satz 2 Nr 1 SGB VI (vgl Seite 7 des Urteilsumdrucks). Diese Gründe tragen die dortige Entscheidung aber schon deshalb nicht, weil der 8. Senat allein über die Bewertung eines 17wöchigen Auslandsaufenthalts mit ordnungsgemäßer Ab- und Wiederanmeldung beim Arbeitsamt als Überbrückungstatbestand zu entscheiden hatte.

(2.) Der Kläger hat mit der Zeit der Arbeitslosigkeit auch eine versicherungspflichtige Beschäftigung unterbrochen. Sein Arbeitsleben war allein durch die Inanspruchnahme der sog 57er-Regelung nicht per se beendet. Das Tatbestandsmerkmal der Unterbrechung in § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 3 sagt dabei nicht mehr aus als das Merkmal der Arbeitslosigkeit in § 101 Abs 1 Satz 1 AFG: Hiernach ist ein Arbeitnehmer arbeitslos, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht, ansonsten aber noch zum Kreis der Arbeitnehmer gehörig ist. Ausschlaggebend ist insoweit, daß der Versicherte nicht für immer oder jedenfalls nicht für unbestimmte Zeit aus dem Arbeitsleben als Beschäftigter ausgeschieden ist (vgl BSG, Urteil vom 12. Februar 1992 – 8 RKn 7/91, BSGE 70, 111 = SozR 3-2200 § 1259 Nr 11 mwN). Hierbei ist nur auf in der Person des Beschäftigungslosen liegende Umstände abzustellen, nicht etwa auf dessen Vermittlungschancen, die in den Risikobereich der Arbeitslosenvermittlung fallen (vgl BSG, aaO, S 44; Urteil vom 8. Februar 1996 – 13 RJ 19/95, SozR 3-2600 § 58 Nr 5). Allein das vorgerückte Alter eines Versicherten und seine Absicht, mit Vollendung des 60. Lebensjahres in Rente zu gehen, stehen der Bejahung einer „vorübergehenden” Beschäftigungslosigkeit nicht entgegen. Darauf weist bereits die Regelung des § 1248 Abs 2 Satz 1 RVO (Rente wegen Arbeitslosigkeit) hin, die gerade eine längere Arbeitslosigkeit in der Zeit vor dem Rentenbeginn voraussetzt. Das (voraussichtlich) Vorübergehende des beschäftigungslosen Zustandes zeigt sich grundsätzlich daran, daß der Versicherte noch der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht (BSG, Urteile vom 12. Februar 1992 – 8 RKn 7/91, BSGE 70, 111 = SozR 3-2200 § 1259 Nr 11 S 46 f mwN; vom 8. Februar 1996 – 13 RJ 19/95, SozR 3-2600 § 58 Nr 5).

Bedenken gegen die vorübergehende Beschäftigungslosigkeit erwachsen auch nicht daraus, daß der Kläger während des streitigen Zeitraums von den V. … -Werken im Hinblick auf die Regelung in § 1248 Abs 2 Satz 1 RVO eine zusätzliche finanzielle Hilfe in Form einer Überbrückungsbeihilfe erhielt. Allein aus der Tatsache, daß ein Versicherter von seinem früheren Arbeitgeber eine (zusätzliche) finanzielle Hilfe zur Überbrückung der Zeit bis zum Bezug einer Altersrente erhält, rechtfertigt sich nicht der Schluß, der Versicherte sei endgültig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden. Die – aufgrund der sog 57er-Regelung, mithin einer Betriebsvereinbarung – gewährte Hilfe des früheren Arbeitgebers allein rechtfertigt keinen Negativschluß hinsichtlich einer (nicht mehr bestehenden) Arbeitsbereitschaft des Versicherten. Er hat sich vielmehr der Arbeitsvermittlung weiterhin zur Verfügung gestellt, lediglich Leistungsansprüche nach dem AFG sind ihm wegen fehlender Bedürftigkeit aufgrund der Leistungen des Arbeitgebers verlorengegangen.

(3.) Der Kläger hat sich auch weiterhin bei einem deutschen ArbA als Arbeitsuchender gemeldet. Nach Auslaufen seines Alg-Bezugs ein Jahr vor Vollendung des 60. Lebensjahres hat er die Gewährung von Alhi beantragt und mit dieser Meldung dokumentiert, daß er weiterhin der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen wolle.

Der Kläger hat sich aber auch nach Leistungseinstellung durch das ArbA weiterhin regelmäßig beim ArbA als arbeitsuchend gemeldet und hierdurch das Tatbestandsmerkmal der Meldung bei einem deutschen ArbA als Arbeitsuchender erfüllt (vgl BSG, Urteil vom 27. Februar 1991 – 5 RJ 90/89, BSGE 68, 163 = SozR 3-2200 § 1259 Nr 4). Hinsichtlich der Abstände einer solchen Meldung hat das BSG vor Inkrafttreten des § 15 Abs 2 AFG (Erneuerung des Vermittlungsgesuchs eines Arbeitsuchenden, der weder Alg noch Alhi bezieht, nach drei Monaten) zum 1. Januar 1988 eine Meldung im Abstand von etwa drei bis vier Wochen für ausreichend erachtet, damit Ausfallzeiten anerkannt werden können (BSG, Urteil vom 29. April 1971 – 5 RKn 24/69, BSGE 32, 279 = SozR Nr 35 zu § 1259 RVO).

Dazu, ob sich der Kläger während der streitigen Zeit regelmäßig alle drei bis vier Wochen bei einem deutschen ArbA als Arbeitsuchender gemeldet hat, hat das LSG – von seinem Rechtsstandpunkt ausgehend zu Recht – keine Feststellungen getroffen. Indes bedarf es zur weiteren Sachfeststellung keiner Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG. Der Senat ist der Auffassung, daß der Kläger im vorliegenden Fall dem Erfordernis der Meldung bei dem für ihn zuständigen ArbA nach Sinn und Zweck des Gesetzes Genüge getan hat.

Das Tatbestandsmerkmal der Meldung als Arbeitsuchender bei einem deutschen ArbA in § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 3 RVO verfolgt den Zweck, daß nur denjenigen Versicherten eine Zeit der Arbeitslosigkeit als Ausfallzeit anerkannt werden soll, die durch die Meldung bei dem ArbA mit genügender Sicherheit nachweisen können, daß sie ernstlich bestrebt waren, einen Arbeitsplatz zu erhalten. Dieser Gesetzeszweck gebietet es nicht, daß der Versicherte, der die Erklärung nach § 105c AFG abgegeben hatte, sich vor Inkrafttreten des § 15 Abs 2 AFG zum 1. Januar 1988 nur zur Anerkennung der Ausfallzeit wegen Arbeitslosigkeit alle drei bis vier Wochen bei dem zuständigen ArbA melden mußte. Nach Sinn und Zweck des Gesetzes ist es vielmehr als ausreichend anzusehen, daß diese Meldung zu Beginn des streitigen Zeitraums erfolgte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

 

Fundstellen

BSGE 80, 124

BSGE, 124

NJ 1997, 297

SGb 1998, 418

SozR 3-2200 § 1259, Nr.18

SozSi 1998, 196

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