Leitsatz (redaktionell)

1. Der Kostenübernahmeanspruch eines Krankenhausträgers gegen eine gesetzliche Krankenkasse begründet keinen Anspruch auf Verzugs- oder Prozeßzinsen.

2. Im Sozialversicherungsrecht finden die Zinsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) auf Forderungen aus einem öffentlich-rechtlichen Vertrag keine entsprechende Anwendung.

 

Orientierungssatz

Rechtsweg bei Streitigkeit über Zinsanspruch eines Krankenhausträgers - Berufungsausschluß:

1. Zu den öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten in Angelegenheit der Sozialversicherung zählen auch Streitigkeiten zwischen Krankenkassen und Krankenhausträgern über den Anspruch auf Übernahme der Behandlungskosten eines Mitglieds einer gesetzlichen Krankenkasse (vgl BSG 20.1.1982 8/8a RK 13/80 = BSGE 53, 62, 64f). Dies gilt auch für Nebenforderungen aus solch einem Anspruch.

2. Zinsen stellen keine Leistungen iS von § 144 Abs 1 SGG dar. Denn Leistungen sind nur Geld- oder Sachleistungen, die ein einzelner von einem Versicherungsträger oder dem Staat oder sonstigen Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts verlangen kann, nämlich die dem einzelnen zu gewährenden Sozialleistungen (vgl BSG 22.9.1976 7 RAr 107/75 = BSGE 42, 212). Zwar entsteht der Hauptanspruch, dessen Verzinsung hier verlangt wird, nur, wenn der Anspruch des Versicherten auf die Krankenhausbehandlung, also auf eine Sozialleistung, erfüllt wird (vgl BSG 20.1.1982 aaO). Dieser rechtliche Zusammenhang macht aber weder den Kostenübernahmeanspruch des Krankenhausträgers noch einen etwaigen Zinsanspruch zu einer Sozialleistung. Denn der Anspruch des Versicherten auf die Sozialleistung erlischt mit seiner Erfüllung und geht nicht auf den Krankenhausträger über. Dieser erwirbt, weil er für die Krankenkasse die Sachleistung erbringt, einen eigenen Anspruch, so daß die Berufungsausschlußnorm des § 144 Abs 1 SGG nicht eingreift.

 

Normenkette

BGB §§ 291, 288, 286; SGB I § 11; SGG § 51 Abs. 1; SGB I § 44 Abs. 1; SGB X § 61 S. 2; SGB IV § 27 Abs. 1; SGG § 144 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 04.10.1985; Aktenzeichen L 4 Kr 2016/83)

SG Mannheim (Entscheidung vom 11.05.1983; Aktenzeichen S 8 Kr 2920/81)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die beklagte Krankenkasse der Klägerin Zinsen für eine nicht rechtzeitig erbrachte Leistung zu zahlen hat.

Der bei der Beklagten versicherte M. wurde wegen einer Hemmkörperhämophilie vom 27. Oktober 1980 bis 26. Mai 1981 in der Rehabilitationsklinik H., deren Trägerin die Klägerin ist, stationär behandelt. Zur Verhinderung einer postoperativ zu erwartenden Verblutungsgefahr wandten die Ärzte das in den USA hergestellte Präparat Autoplex Travenol an. Die Beklagte übernahm von den Kosten der stationären Behandlung zunächst lediglich einen Teilbetrag auf der Grundlage des allgemeinen Pflegesatzes und lehnte mit Schreiben vom 26. März 1981 die Begleichung des als Nebenkosten für das genannte Präparat geltend gemachten Betrages von 1.353.278,54 DM ab. Nach weiterem Schriftwechsel erklärte sich die Beklagte bereit, von den Kosten einen Teilbetrag von 353.239,49 DM, berechnet auf der Grundlage eines niedrigeren Preises je Einheit des Präparates, zu übernehmen.

Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 996.842,55 DM nebst 14 % Zinsen seit dem 1. Juni 1981 zu bezahlen. Das Landessozialgericht (LSG) hat das erstinstanzliche Urteil antragsgemäß insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Zahlung von Zinsen verurteilt worden ist, und hat die Klage insoweit abgewiesen. Der Berufung stehe nicht die Ausschlußnorm des § 144 Abs 1 Nr 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) entgegen. Der genannte Berufungsausschlußgrund greife nämlich schon deshalb nicht ein, weil es sich bei dem geltend gemachten Anspruch nicht um eine Leistung iS des § 144 SGG handele. Die auf den geltend gemachten Zinsanspruch beschränkte Berufung sei auch begründet. Entgegen der Auffassung des SG habe die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung von Zinsen aus dem ihr zuerkannten Hauptanspruch. Es gebe keinen Rechtsgrundsatz, daß öffentlich-rechtliche Forderungen bei verspäteter Leistung zu verzinsen seien. § 44 Abs 1 des Ersten Buchs des Sozialgesetzbuchs - Allgemeiner Teil - (SGB 1) bestimme zwar, daß Ansprüche auf Geldleistungen nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit 4 vH zu verzinsen seien. Diese Bestimmung beziehe sich jedoch nur auf Sozialleistungen iS des § 11 SGB 1, die in der Zahlung eines Geldbetrages beständen. Der von der Klägerin geltend gemachte Kostenübernahmeanspruch stelle somit keine verzinsliche Geldleistung iS des § 44 Abs 1 SGB 1 dar. Es bestehe auch hinsichtlich der Verzinslichkeit des Kostenübernahmeanspruchs eines Krankenhausträgers keine Regelungslücke. Schließlich lasse sich der geltend gemachte Anspruch auf Zinsen auch nicht aus einem Rahmenvertrag über Krankenpflege herleiten. Die Klägerin und die Beklagte hätten ausdrücklich bestätigt, daß hinsichtlich der zwischen ihnen bestehenden rechtlichen Beziehungen keine Rahmenverträge iS des § 372 der Reichsversicherungsordnung (RVO) abgeschlossen worden seien.

Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 144 Abs 1 Nr 1 SGG. Die Berufung hätte vom LSG als unzulässig verworfen werden müssen. Der geltend gemachte Zinsanspruch sei eine einmalige Leistung iS von § 144 Abs 1 Nr 1 SGG. Aber selbst wenn die Berufung zulässig gewesen wäre, hätte sie keinen Erfolg haben können. Der Zinsanspruch ergebe sich aus öffentlich-rechtlichem Vertrag. Zwar werde in den §§ 53 ff des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs - Verwaltungsverfahren - (SGB 10) die Zahlung von Verzugszinsen nicht behandelt. Nach § 61 SGB 10 seien aber die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) entsprechend auf öffentlich-rechtliche Verträge anzuwenden, mithin auch die Bestimmungen des BGB über Verzugszinsen.

Die Klägerin beantragt (nach ihrem gesamten Vorbringen), das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 4. Oktober 1985 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 11. Mai 1983 als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise, die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 11. Mai 1983 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt (sinngemäß), die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und hebt hervor, daß für den geltend gemachten Zinsanspruch auch die Vorschriften der §§ 61 Satz 2 SGB 10, 286 und 288 Abs 1 und 2 BGB als Anspruchsgrundlagen ausschieden. Die Anwendung dieser Vorschriften setze den Abschluß eines öffentlich-rechtlichen Vertrages zwischen den Parteien voraus. Daran fehle es aber hier.

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zinsen.

1. Die Vorinstanzen haben den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zu Recht bejaht. Nach § 51 Abs 1 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit unter anderem über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialversicherung. Hierzu zählen auch Streitigkeiten zwischen Krankenkassen und Krankenhausträgern über den Anspruch auf Übernahme der Behandlungskosten eines Mitglieds einer gesetzlichen Krankenkasse (BSGE 51, 108, 109 ff.; 53, 62, 64f; BGHZ 89, 250, 252 ff, insbesondere 259 f). Dies gilt auch für Nebenforderungen aus solch einem Anspruch.

2. Das LSG ist ferner zu Recht davon ausgegangen, daß der Berufung gegen das zusprechende Urteil des SG keine Berufungsausschlußgründe entgegenstehen.

Allerdings wäre das auf den Zinsanspruch beschränkte Rechtsmittel nicht statthaft, wenn die angefochtene Entscheidung insoweit auf § 44 SGB 1 gestützt wäre oder gestützt werden könnte. Denn Zinsen nach § 44 SGB 1 sind einmalige Leistungen iS des § 144 Abs 1 Nr 1 SGG, weil sie - ungeachtet der Entstehungszeit des Zinsanspruchs - erst und zugleich mit der Zahlung der Geldleistung (Hauptleistung) zu zahlen sind, und zwar in einem Betrag (BSG, Urteil vom 13. Dezember 1984 - 11 RA 30/84 - SozR 1500 § 144 Nr 28). Das erstinstanzliche Gericht hat § 44 SGB 1 nicht als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Zinsanspruch angesehen. Die zusprechende Entscheidung des SG könnte auch nicht - wie weiter unten im einzelnen dargelegt ist - auf diese Vorschrift gestützt werden.

Die materiell-rechtliche Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung ist aber auch nicht aus anderen Gründen ausgeschlossen. Zinsen, wie sie von der Klägerin verlangt werden, stellen keine Leistungen iS von § 144 Abs 1 SGG dar. Denn Leistungen sind nur Geld- oder Sachleistungen, die ein einzelner von einem Versicherungsträger oder dem Staat oder sonstigen Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts verlangen kann, nämlich die dem einzelnen zu gewährenden Sozialleistungen (BSGE 42, 212, 213; 46, 99, 100 f). Der von der Klägerin als Krankenhausträger gegenüber der beklagten Krankenkasse geltend gemachte Anspruch betrifft keine Sozialleistung. Zwar entsteht der Hauptanspruch, dessen Verzinsung hier verlangt wird, nur, wenn der Anspruch des Versicherten auf die Krankenhausbehandlung, also auf eine Sozialleistung, erfüllt wird (vgl dazu BSGE 53, 62, 64 f). Dieser rechtliche Zusammenhang macht aber weder den Kostenübernahmeanspruch des Krankenhausträgers noch einen etwaigen Zinsanspruch zu einer Sozialleistung. Denn der Anspruch des Versicherten auf die Sozialleistung erlischt mit seiner Erfüllung und geht nicht auf den Krankenhausträger über. Dieser erwirbt, weil er für die Krankenkasse die Sachleistung erbringt, einen eigenen Anspruch, so daß die Berufungsausschlußnorm des § 144 Abs 1 SGG nicht eingreift.

Der geltend gemachte Anspruch kann auch nicht dem Anspruch auf eine Sozialleistung gleichgestellt werden, weil es insoweit an einer ähnlichen oder vergleichbaren Interessenlage fehlt. Wenn überhaupt, dann käme nur ein Vergleich mit den Erstattungsansprüchen in Betracht. Doch auch diese Frage kann der Senat unentschieden lassen. Selbst wenn man auf Rechtsstreitigkeiten der vorliegenden Art § 149 SGG entsprechend anwenden wollte, würde die genannte Norm die Berufung schon wegen der Höhe des streitig gewesenen Hauptanspruchs nicht ausschließen.

3. Zu Recht hat das LSG das erstinstanzliche Urteil, soweit es angefochten worden ist, geändert und die Klage abgewiesen. Es findet sich keine Rechtsgrundlage, nach der der von der Klägerin eingeklagte Hauptbetrag von 996.842,55 DM zu verzinsen wäre.

Ein Anspruch auf Prozeß- und Verzugszinsen ist für das Recht der Sozialversicherung, von besonderen gesetzlichen Regelungen (zB die inzwischen aufgehobenen Vorschriften der §§ 751 und 823 Abs 2 RVO) abgesehen, bisher stets verneint worden (vgl dazu BSGE 22, 150, 153; 24, 16, 18 f; 28, 218, 223; 35, 195, 203; vgl ferner Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 10. Aufl, Band III, Seite 742b mwN aus der Rechtsprechung; zur geschichtlichen Entwicklung siehe Maier, DAngVers 1978, 129, 129 f). An dieser Rechtslage hat sich durch das Inkrafttreten des SGB 1 und das Vierte Buch des Sozialgesetzbuches - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB 4) nichts grundsätzlich geändert. Die Pflicht zur Verzinsung ist auf die Tatbestände des § 44 Abs 1 SGB 1 und des § 27 Abs 1 SGB 4, also auf Ansprüche auf Geldleistungen und auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge beschränkt worden. Dabei sind unter den nach § 44 Abs 1 SGB 1 zu verzinsenden Geldleistungen nur die an Leistungsberechtigte erbrachten Sozialleistungen in Geld zu verstehen (vgl dazu BSG, Urteil vom 20. Dezember 1983, aa0; BSGE 55, 40, 44; BSG, Urteil vom 25. Juni 1985 - 9a RV 23/83 - SozR 1200 § 44 Nr 13). Dem Gesetzgeber war bekannt, daß neben den in § 44 Abs 1 SGB 1 und § 27 SGB 4 genannten Ansprüchen auch andere Geldforderungen im Sozialversicherungsrecht eine Rolle spielen. Er hat indessen bewußt von einer Zinsregelung für diese Forderungen abgesehen (BSG, Urteil vom 18. Dezember 1979 - 2 RU 3/79 - SozR 1200 § 44 Nr 2 = BSGE 49, 227, 228) und eine entsprechende Anwendung dieser Vorschriften auf andere Forderungen erkennbar nicht gewünscht (vgl dazu BT-Drucks 7/868, Seite 30 zu § 44 und BR-Drucks 286/73, Seite 30 zu § 44; vgl in diesem Zusammenhang auch Maier, aaO, Seite 130).

Die Rechtsprechung des BSG hat es deshalb auch bisher abgelehnt, die Verzinsungspflicht über die im Sozialversicherungsrecht vorhandenen besonderen Regelungen hinaus auf andere Ansprüche auszudehnen. So hat der 2. Senat des BSG in dem Urteil vom 18. Dezember 1979 (aaO) ausgesprochen, daß Ersatzansprüche zwischen öffentlich-rechtlichen Leistungsträgern keinen Anspruch auf Verzugs- oder Prozeßzinsen begründen, sofern dies nicht ausdrücklich geregelt ist (vgl dazu auch Stüwe, SdL 1978, 347, 348 unter Hinweis auf BT-Drucks 7/868, Seite 30). Es liege - so wird in dem Urteil des 2. Senats unter anderem ausgeführt - auch hinsichtlich der Verzinslichkeit des geltend gemachten Ersatzanspruchs keine Regelungslücke vor, die durch entsprechende Anwendung der Vorschriften über Verzugsschaden und Verzugszinsen (§§ 286 Abs 1, 288 BGB) oder die Verzinsung von Ansprüchen auf Geldleistungen (§ 44 Abs 1 SGB 1) oder von Erstattungsansprüchen zu Unrecht entrichteter Beiträge (§ 27 SGB 4) geschlossen werden müßte. Daß es sich bei den eine Verzinsung regelnden Vorschriften auch nach der gegenwärtigen Rechtslage nur um eine bewußt auf einzelne Ansprüche begrenzte Regelung handele, gehe auch daraus hervor, daß der Gesetzgeber die frühere Verzinslichkeit von rückständigen Beiträgen nach den §§ 397a Abs 2 und 751 RVO beseitigt und statt dessen einheitlich für alle Sozialversicherungsbeitragsrückstände Säumniszuschläge eingeführt habe (§ 24 SGB 4). Jedenfalls seien auch Ansprüche, die nicht unter § 44 SGB 1 oder § 27 Abs 1 SGB 4 fielen, nicht nach § 291 BGB (Prozeßzinsen) zu verzinsen. Dieser Rechtsprechung haben sich der 1. Senat (BSGE 55, 40, 44 f) und der 12. Senat (BSG, Urteil vom 16. April 1985 - 12 RK 19/83 - SozR 2100 § 27 Nr 3) für die Frage, ob der Anspruch auf Erstattung rechtmäßig entrichteter Beiträge zu verzinsen ist, angeschlossen und die ergänzende Anwendung bürgerlich-rechtlicher Vorschriften (§§ 288, 291 BGB) über Verzugs- und Prozeßzinsen abgelehnt.

Der erkennende Senat schließt sich nach eigener Prüfung der in den zitierten Urteilen vertretenen Auffassung an. Für den Kostenübernahmeanspruch eines Krankenhausträgers gegen die Krankenkasse findet sich im Sozialversicherungsrecht keine besondere Zinsregelung. Die vorhandenen Vorschriften betreffen - wie ausgeführt - jeweils Tatbestände, die hier nicht gegeben sind.

Die Klägerin kann den von ihr geltend gemachten Zinsanspruch aber auch nicht auf § 61 Satz 2 SGB 10 iVm den §§ 286, 288 und 291 BGB stützen.

Nach den Feststellungen des LSG sind keine Rahmenverträge iS des § 372 RVO geschlossen worden, die die rechtlichen Beziehungen der Beteiligten untereinander regeln. Selbst wenn die Klägerin und die Beklagte - abweichend von der Vorschrift des § 372 RVO - eine Einzelvereinbarung über die Kostenübernahme bei Behandlung von Versicherten der Beklagten getroffen haben sollten, wäre auf diese Vereinbarung § 61 Satz 2 SGB 10 möglicherweise schon deshalb nicht anwendbar, weil der öffentlich-rechtliche Vertrag gemäß § 56 SGB 10 der Schriftform bedarf und die Nichtbeachtung dieses Formerfordernisses die Nichtigkeit zur Folge haben könnte (vgl dazu Hauck/Haines, SGB X 1, 2, Kommentar, § 56 Rz 8 unter Hinweis auf § 125 BGB; Engelmann in Schroeder-Printzen/Engelmann/Wiesner/von Wulffen, SGB X, Komm, § 56 Anm 2 und 4). Der Senat kann die Frage, ob ein formgültiger öffentlich-rechtlicher Vertrag geschlossen worden ist, jedoch offenlassen. Denn § 61 Satz 2 SGB 10 führt in keinem Falle dazu, daß der Klägerin die verlangten Zinsen zugesprochen werden könnten. Zwar sind nach § 61 Satz 2 SGB 10 auf den öffentlich-rechtlichen Vertrag die Vorschriften des BGB entsprechend anzuwenden. Das bedeutet aber nicht, daß alle bürgerlich-rechtlichen Vorschriften Anwendung finden müßten. Vielmehr beschränkt sich die ergänzende Anwendung bürgerlichen Rechts auf solche Vorschriften, die mit den im Sozialversicherungsrecht geltenden Rechtsregeln vereinbar sind. Wie bereits ausgeführt, hat der Gesetzgeber die Pflicht zur Verzinsung bewußt auf die ausdrücklich im Gesetz genannten Fälle begrenzt. Hiermit wäre es nicht vereinbar, wenn man über die pauschale Verweisung des § 61 Satz 2 SGB 10 auch im Sozialversicherungsrecht die Vorschriften der §§ 286, 288 und 291 BGB anwenden wollte. Die entsprechende Anwendung des BGB muß sich deshalb auch beim öffentlich-rechtlichen Vertrag an dem in anderen Bereichen des Sozialversicherungsrechts erkennbar gewordenen Willen des Gesetzgebers orientieren, daß eine Verzinsung von Forderungen nur in den ausdrücklich geregelten Fällen erfolgen soll. Auf die verlangten Zinsen bestünde auch dann kein Anspruch, wenn die Vereinbarung wegen Verstoßes gegen § 56 SGB 10 als öffentlich-rechtlicher Vertrag nichtig wäre. In diesem Falle könnte auf die Abrede zwischen der Klägerin und der Beklagten - wenn überhaupt - § 61 Satz 2 SGB 10 nur sinngemäß angewendet werden. Eine weitergehende Berücksichtigung bürgerlich-rechtlicher Bestimmungen, insbesondere der §§ 286, 288, 291 BGB, wäre damit aber nicht verbunden. Denn für die Nichtanwendbarkeit der Zinsvorschriften sprechen hier wie dort die gleichen Gründe. Ob eine Forderung allerdings auch im Sozialversicherungsrecht zu verzinsen ist, wenn dies für den Fall des Verzugs vertraglich ausdrücklich festgelegt worden ist, kann unentschieden bleiben; denn eine solche Vereinbarung haben die Klägerin und die beklagte Krankenkasse offensichtlich nicht getroffen.

Die Revision der Klägerin war nach alledem zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

RegNr, 16826

BR/Meuer SGB 1 § 44, 11-03-87, 8 RK 43/85 (LT1-2)

USK, 87132 (LT1-2)

BAGUV, RdSchr 22/88 (T)

Breith 1988, 89-93 (LT1-2)

ErsK 1989, 241-242 (T)

HV-INFO 1987, 976-982 (T)

SozR 1300 § 61, Nr 1 (LT1-2)

SozSich 1988, RsprNr 4097 (LT1-2)

VersR 1987, 944-945 (LT1-2)

VersorgB 1987, 95

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