Leitsatz (amtlich)

1. Die Versagung der Arbeitserlaubnis nach AFG § 19 Abs 1 ist keine einmalige Leistung iS von SGG § 144 Abs 1.

2. Zur Frage, wann sich iS von SGG § 131 Abs 1 S 3 der angefochtene Verwaltungsakt anders als durch Zurücknahme erledigt hat.

 

Leitsatz (redaktionell)

Zu den Voraussetzungen einer sogenannten Fortsetzungsfeststellungsklage iS von SGG § 131 Abs 1 S 3.

 

Orientierungssatz

Die Arbeitserlaubnis erschöpft sich in ihrer Rechtswirkung nicht in dem einmaligen Vorgang ihrer Erteilung, sondern erzeugt für den ausländischen Arbeitnehmer darüber hinaus für einen die Grenzen des SGG § 144 Abs 1 überschreitenden Zeitraum Dauerwirkung. Sie hat für einen längeren Zeitraum Einfluß auf die Rechtmäßigkeit seiner Berufstätigkeit in der Bundesrepublik, ggf sogar für seine Berechtigung zum Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes.

 

Normenkette

SGG § 131 Abs. 1 S. 3 Fassung: 1953-09-03, § 144 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1953-09-03; AFG § 19 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25; SGG § 144 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 1953-09-03

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 22. September 1975 aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte es zu Recht abgelehnt hat, eine der Klägerin erteilte Arbeitserlaubnis zu verlängern.

Die am 18. August 1954 geborene Klägerin ist türkische Staatsangehörige. Am 23. Januar 1973 nahm sie eine Beschäftigung als Chemiearbeiterin bei der Firma P auf, bei der auch ihre Eltern und zwei Geschwister tätig waren. Das Arbeitsamt Montabaur erteilte ihr für diesen Betrieb eine bis zum 22. Januar 1974 befristete Arbeitserlaubnis. Eine Aufenthaltserlaubnis war der Klägerin bis zum 30. Januar 1976 erteilt.

Am 17. Januar 1974 beantragte die Klägerin, die Arbeitserlaubnis für die Firma P zu verlängern. Die Beklagte lehnte dies mit der Begründung ab, für die Tätigkeit ständen elf arbeitslose gleichgeeignete deutsche und ihnen gleichgestellte Bewerberinnen zur Verfügung (Bescheid vom 6. Februar 1974; Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 1974).

Die Klägerin wurde zunächst ohne Arbeitserlaubnis über den 22. Januar 1974 hinaus bis zum 20. März 1974 von der Firma P weiterbeschäftigt. Am 22. März 1974 meldete sie sich arbeitslos.

Mit der am 2. August 1974 erhobenen Klage begehrte sie die Aufhebung der ablehnenden Bescheide und Erteilung einer Arbeitserlaubnis für die Firma P

Am 6. August 1974 nahm sie eine Tätigkeit bei der Firma Bergbaugesellschaft M, F, auf. Hierfür erteilte ihr die Beklagte eine auf die Zeit vom 6. August 1974 bis 5. August 1975 befristete Arbeitserlaubnis. Die Arbeitserlaubnis wurde später bis Ende Januar 1976 verlängert.

Unter Berücksichtigung dieses Umstandes stellte die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht (SG) nunmehr den Antrag, den Bescheid vom 6. Februar 1974 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufzuheben. Sie vertrat die Auffassung, daß das Rechtsschutzbedürfnis für eine Sachentscheidung über die Erteilung der Arbeitserlaubnis nicht entfallen sei, weil die Gefahr der Wiederholung bestehe. Es sei zu befürchten, daß die Beklagte bei Ablauf der derzeitigen Arbeitserlaubnis die Erteilung einer neuen Erlaubnis aus den gleichen Gründen versagen werde. Die Entscheidung der Beklagten sei jedoch ermessensfehlerhaft gewesen. Weder die Arbeitsmarktsituation noch die persönlichen Verhältnisse der Klägerin und die Interessen des Arbeitgebers seien zutreffend beurteilt bzw. ausreichend berücksichtigt worden. Die elf deutschen Arbeitnehmer seien anderweitig vermittelbar gewesen. Insbesondere hätten offene Stellen im Hotel- und Gaststättengewerbe zur Verfügung gestanden. Entsprechende Stellen habe man auch der Klägerin nach Ablehnung der Arbeitserlaubnis für die Firma P angeboten und ihr dafür die Erteilung einer Arbeitserlaubnis in Aussicht gestellt. Es dränge sich die Vermutung auf, daß die Beklagte mit Hilfe der Arbeitserlaubnis ausländischer Arbeitnehmer in die bei deutschen Arbeitnehmern nicht so beliebten Stellen lenken wolle. Ein solches Verfahren müsse insbesondere im Falle der Klägerin als unzulässig erscheinen. Die Firma P sei bereit gewesen, die Klägerin weiterzubeschäftigen. Der Klägerin selbst habe nach Ablauf der Bezugsdauer für das Arbeitslosengeld eine Verkürzung der Aufenthaltserlaubnis und damit die Ausweisung und Trennung von ihrer Familie für den Fall gedroht, daß sie zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts Sozialhilfe hätte in Anspruch nehmen müssen.

Mit Urteil vom 16. Januar 1975 hat das SG Koblenz die Klage abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, daß es sich vorliegend nicht um eine Feststellungsklage, sondern um eine Klage nach § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) handele. Für die Statthaftigkeit der Klage sei es daher ohne Bedeutung, daß das Streitverfahren für die Klägerin im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung kaum noch einen praktischen Sinn habe. Die Klage sei jedoch unbegründet, weil die Versagung der Arbeitserlaubnis nach § 1 der Verordnung über die Arbeitserlaubnis für nichtdeutsche Arbeitnehmer (Arbeitserlaubnisverordnung - AEVO -) vom 2. März 1971 (BGBl I S. 152) nicht ermessensfehlerhaft gewesen sei.

Das SG hat im Tenor des Urteils die Revision zugelassen. Nach der dem Urteil angefügten Rechtsmittelbelehrung kann es mit der Berufung oder - wenn der Gegner schriftlich zustimmt - mit der Revision angefochten werden.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt und beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, daß die Bescheide der Beklagten rechtswidrig seien. Zur Begründung hat sie ausgeführt: Durch die Erteilung der Arbeitserlaubnis für die Firma Bergbaugesellschaft M hätten sich die angefochtenen Bescheide zwar erledigt; die Klägerin beabsichtige jedoch, eine Verlängerung der Ende Januar 1976 abgelaufenen Arbeitserlaubnis zu beantragen.

Mit Urteil vom 22. September 1975 hat das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz die Berufung als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt: Der im Streit stehende Anspruch auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis nach § 19 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) sei ein Anspruch auf eine einmalige Leistung im Sinne von § 144 SGG. Als Leistungen seien alle vom Staat oder einem öffentlich-rechtlichen Versorgungs- oder Versicherungsträger zu bewirkenden Handlungen anzusehen, die diese aufgrund ihrer zum Sozialrecht gehörenden Aufgabenstellung vorzunehmen hätten und aus denen für den einzelnen ein rechtlicher Vorteil erwachse (BSG, Urteil vom 5. Dezember 1972 - 10 RV 369/71 -). Die Erteilung einer Arbeitserlaubnis falle in das sozialrechtliche Aufgabengebiet der Beklagten. Die Klägerin habe nur mit dieser Erlaubnis eine Beschäftigung bei der Firma P über den 22. Januar 1974 hinaus ausüben dürfen. Es handele sich um eine einmalige Leistung, die dadurch gekennzeichnet sei, daß sie in einer bestimmten, verhältnismäßig kurzen Zeitspanne zu erbringen sei und sich im wesentlichen in einer Gewährung erschöpfe. Dabei spiele es für die Frage der Berufungsfähigkeit auch keine Rolle, ob die Leistung in das Ermessen der Behörde gestellt sei. Die Berufung sei auch nicht gemäß § 150 Nr. 1 SGG statthaft. Das SG habe die Berufung nicht zugelassen. Die Ausführungen in der Rechtsmittelbelehrung stellten keine Entscheidung im Sinne des § 150 Nr. 1 SGG dar. Ihnen läge die Rechtsansicht zugrunde, daß die Berufung statthaft sei, wohingegen eine Zulassung nach § 150 Nr. 1 SGG gerade die gegenteilige Auffassung voraussetze. Die Nichtzulassung der Berufung sei bindend. Die Berufung sei auch nicht deshalb zulässig, weil das SG die Revision zugelassen habe. Zwar sei daraus zu ersehen, daß das SG der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beigemessen habe. Das SG habe sich aber über den Berufungsausschluß nach § 144 SGG geirrt. Dies schließe es aus, die Zulassung der Revision in eine Zulassung der Berufung umzudeuten. Auch gebe es keine Vorschrift, wonach die Berufung zulässig sei, wenn die Revision zugelassen worden sei. Die Berufung sei schließlich auch nicht aufgrund des § 150 Nr. 2 SGG zulässig, da das Vorbringen der Klägerin keine Verfahrensrüge enthalte.

Mit der zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung der §§ 158 Abs. 1 in Verbindung mit § 144 Abs. 1, 161 Abs. 2 und 150 Nr. 1 SGG durch das LSG. Zur Begründung trägt sie im wesentlichen folgendes vor: Entgegen der Auffassung des LSG sei die Berufung nicht nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG ausgeschlossen. Die Versagung einer Arbeitserlaubnis sei der Eingriffs- und nicht der Leistungsverwaltung zuzuordnen. Als Leistungen im Sinne des § 144 Abs. 1 SGG seien nur Geld-, Dienst- und Sachleistungen anzusehen, nicht aber die Erteilung von Genehmigungen oder Zulassungen. Der Hinweis auf die Entscheidung des 10. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) gehe fehl, weil diese die Ausstellung einer Bescheinigung und damit eine Dienstleistung betroffen habe. Die Versagung einer Arbeitserlaubnis als einmalige Leistung im Sinne des § 144 Abs. 1 SGG anzusehen, verbiete sich auch aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift, der darin bestehe, Bagatellsachen vom Instanzenzug auszunehmen. Sofern die Berufung nicht bereits kraft Gesetzes statthaft sein sollte, müsse sie aber jedenfalls durch die Zulassung der Revision als mitzugelassen angesehen werden. Der Vertrauensschutz könne sich nicht nur auf die ausdrücklich zugelassene Sprungrevision erstrecken. Die Statthaftigkeit der Revision schließe vielmehr die Statthaftigkeit der Berufung als den geringeren Rechtsbehelf mit ein.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt. Sie ist mit der Klägerin der Auffassung, daß die Erteilung (bzw. Versagung) der Arbeitserlaubnis nicht unter den Ausschlußtatbestand des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG fällt.

 

Entscheidungsgründe

Die zugelassene Revision der Klägerin ist im Sinne der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG begründet.

Die Klägerin wendet sich zu Recht dagegen, daß das LSG nicht in der Sache entschieden hat. Das LSG durfte die Berufung der Klägerin nicht als unzulässig verwerfen; denn die Berufung war nach § 143 SGG statthaft. Die Ausschlußgründe der §§ 144 bis 149 SGG liegen nicht vor. Die Berufung betraf insbesondere nicht einen Anspruch auf eine einmalige Leistung oder eine wiederkehrende Leistung für einen Zeitraum bis zu 13 Wochen oder 3 Monaten (§ 144 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 SGG).

Der Anwendbarkeit des § 144 Abs. 1 SGG steht es zwar nicht entgegen, daß ein Feststellungsbegehren der Berufungsklägerin Gegenstand des Berufungsverfahrens bildet. Die prozessuale Gestalt der Klage (Anfechtungs-, Leistungs-, Feststellungsbegehren) ist für die Frage des Berufungsausschlusses ohne Bedeutung. Entscheidend ist der materielle Kern des Verfahrens, das mit der Klage sachlich verfolgte Ziel und damit die Frage, ob über die Voraussetzungen für eine Leistung zu befinden ist (vgl. BSGE 2, 135, 136; 4, 206, 208; 18, 266, 267; SozR SGG § 144 Nr. 29). Unerheblich ist ferner, ob auf die Leistung ein Rechtsanspruch besteht (BSG SozR SGG § 144 Nr. 29). § 144 Abs. 1 SGG greift aber deshalb nicht ein, weil die Erteilung der Arbeitserlaubnis weder eine einmalige noch eine zeitlich begrenzte Leistung im Sinne der bezeichneten Vorschrift ist.

Es erscheint bereits zweifelhaft, die Erteilung einer Arbeitserlaubnis nach § 19 Abs. 1 AFG überhaupt als "Leistung" im Sinne von § 144 Abs. 1 SGG anzusehen. Leistung im Sinne des § 144 Abs. 1 SGG ist jedenfalls nicht jedes Tun, Dulden oder Unterlassen. Einschränkungen ergeben sich schon aus den §§ 145 ff, namentlich aus § 149 SGG, der für Ersatz- und Erstattungsansprüche zwischen öffentlichen Stellen sowie für Ansprüche auf Rückerstattung von Leistungen und Beiträgen eine Sonderregelung trifft (vgl. BSGE 10, 186). Darüber hinaus hat das BSG wiederholt ausgesprochen, daß § 144 Abs. 1 SGG sich überhaupt nur auf die vom Staat oder öffentliche Körperschaften dem einzelnen zu gewährenden Sozialleistungen bezieht (vgl. BSGE 3, 234, 235 f; 5, 140, 141 f; 6, 47, 50; 11, 102, 107; SozR SGG § 144 Nr. 9 und 19).

Es wird auch die Auffassung vertreten, daß als Leistungen in diesem Sinne nur alle Geld- und geldwerten Leistungen, die Sach- oder Barleistungen der Versicherungs- und Versorgungsträger anzusehen sind (vgl. Rohwer-Kahlmann, Aufbau und Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit, 4. Aufl. Dez. 1975, § 144 Rd. Nrn. 4 bis 7; Zeihe, Soziale Gesetzgebung und Praxis, 4. Aufl., 1976, § 144 Rd. Nrn. 3, 4 a; so wohl auch Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 1. bis 8. Aufl. 1976 Bd. I/2 S. 250 f I). Für eine Beschränkung auf Geld- und geldwerten Leistungen sprechen die Motive des Gesetzes; denn die Bestimmung war insbesondere für Bagatellsachen aus der Kranken- oder Arbeitslosenversicherung gedacht (vgl. amtliche Begründung/BT-Drucks. Nr. 4357, B 6, S. 22).

Nach der vom LSG genannten Entscheidung des 10. Senats des BSG vom 5. Dezember 1972 (SozR SGG § 144 Nr. 30) ist als Leistung im Sinne des § 144 Abs. 1 SGG allerdings eine vom Staat oder öffentlich-rechtlichen Versorgungs- oder Versicherungsträger zu bewirkende Handlung zu verstehen, die dieser aufgrund seiner zum Sozialrecht gehörenden Aufgabenstellung vorzunehmen hat und aus der für den einzelnen ein rechtlicher Vorteil erwächst. Diese Entscheidung betraf den Anspruch auf die Erteilung einer Bestätigung über das Recht auf Kapitalabfindung nach §§ 72 ff Bundesversorgungsgesetz (BVG), mit deren Hilfe der Antragsteller - wie bei Gewährung der Kapitalabfindung selbst - die Voraussetzungen für die Befreiung von der Grunderwerbssteuerpflicht nach § 8 Grunderwerbssteuergesetz (GrEStG) bewirken kann. Die Entscheidung des 10. Senats des BSG wurde demzufolge tragend auch damit begründet, daß die Bestätigung steuerrechtlich nur an die Stelle der Kapitalabfindung selbst tritt, die ihrerseits eindeutig eine einmalige Leistung sei. Als Surrogat der Kapitalabfindung könne die Bestätigung nach § 8 GrEStG aber keine prozessual andere - insbesondere stärkere - Bedeutung haben als jene.

Indessen bedarf es hier keiner Entscheidung, ob die Arbeitserlaubnis nach § 19 Abs. 1 AFG unter den Begriff der Leistung im Sinne § 144 Abs. 1 SGG fällt; denn jedenfalls fehlt ihr der für den Berufungsausschluß nach dieser Vorschrift erforderliche Charakter der Einmaligkeit oder der Beschränkung ihrer Wirkung auf längstens 13 Wochen oder 3 Monate.

Die Arbeitserlaubnis tritt auch nicht - anders als in dem vom 10. Senat (aaO) entschiedenen Fall - lediglich an die Stelle einer einmaligen Leistung. Der Begriff der Einmaligkeit beinhaltet nach der Rechtsprechung des BSG (BSGE 2, 135, 136 ff; SozR § 144 SGG Nrn. 27, 29) ein Geschehen, das sich seiner Natur nach in einem bestimmten verhältnismäßig kurzen Zeitraum abspielt und sich im wesentlichen in einer Gewährung erschöpft. Die von der Klägerin beantragte allgemeine Arbeitserlaubnis wird jedoch regelmäßig für einen Zeitraum von mehr als 13 Wochen, nämlich bis zu einer Höchstgrenze von 2 bis 3 Jahren, erteilt (vgl. § 4 Abs. 1 AEVO). Schon im Hinblick auf diese Folgewirkung kann sie nicht als einmalige Leistung betrachtet werden. Sie erschöpft sich in ihrer Rechtswirkung nämlich gerade nicht in dem einmaligen Vorgang ihrer Hingabe, sondern erzeugt darüber hinaus für einen die Grenzen des § 144 Abs. 1 SGG überschreitenden Zeitraum Dauerwirkungen. Damit gewinnt sie einen ähnlichen Charakter wie sie wiederkehrenden Leistungen eigentümlich ist. Wiederkehrende Leistungen sind Leistungen, die in größeren oder kleineren, regelmäßigen oder unregelmäßigen Abständen aufgrund desselben Rechtsverhältnisses wiederkehren (Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zum SGG, 4. Aufl. Mai 1976 Bd. III § 144 S. 18). Wie das BSG für die Heilbehandlung nach § 1237 Abs. 1 und 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) entschieden hat, steht es dem Charakter als wiederkehrende Leistung grundsätzlich nicht entgegen, daß die Leistungen weniger durch die Wiederholung gleichförmigen, abgrenzbaren Tuns als vielmehr durch das Moment zeitlicher Dauer gekennzeichnet sind. Die Wiederkehr wurde in diesem Fall darin erblickt, daß die Leistung abschnittsweise zugestanden oder abgerechnet wurde (vgl. BSG SozR SGG § 144 Nr. 29; ferner BSGE 135, 137; 19, 270, 271). Übertragen auf die Arbeitserlaubnis ist dieses Moment der Wiederkehr schon in ihrer beträchtlichen zeitlichen Geltungsdauer zu sehen, zumal da diese Geltungsdauer durch den Akt der Erteilung der Arbeitserlaubnis nicht einmal abgeschlossen feststeht, weil weiterhin eine Überprüfungsmöglichkeit und u. U. auch ein Widerrufsrecht der Behörde besteht (vgl. insbesondere § 7 Abs. 2 AEVO) und damit die Arbeitserlaubnis gegebenenfalls zumindest intern bestätigt werden muß. Die Dauerwirkung der Arbeitserlaubnis ergibt sich jedoch ferner aus ihrer existentiellen Bedeutung für den Antragsteller. Ihr Besitz gewährleistet ihm einerseits die rechtmäßige Berufstätigkeit in der Bundesrepublik für den von ihr erfaßten sachlichen und zeitlichen Geltungsbereich und schützt ihn in diesem Rahmen gleichzeitig vor den nachteiligen Rechtsfolgen einer Beschäftigung ohne Arbeitserlaubnis (vgl. z. B. § 229 Abs. 1 Nr. 1 AFG). Schließlich kann der Besitz der Arbeitserlaubnis auch auf das Recht des Ausländers zum Aufenthalt in der Bundesrepublik Einfluß haben (vgl. §§ 9, 10 Abs. 1 Nr. 5 Ausländergesetz vom 28. April 1965 - BGBl I S. 353). Die Nichtanwendung des § 144 Abs. 1 SGG auf den Anspruch auf Erteilung der Arbeitserlaubnis ist deshalb auch nach Sinn und Zweck dieser Vorschrift als gerechtfertigt anzusehen; denn der Ausschluß der zweiten Tatsacheninstanz für die Überprüfung eines Versagungsbescheides entspricht hier wegen seiner weitergehenden Wirkung und seiner rechtlichen und wirtschaftlichen Bedeutung für den ausländischen Arbeitnehmer nicht dem Grundgedanken dieser Vorschrift, der gerade nur auf eine kurzfristige Beschwer, auf sogenannte Bagatellsachen abstellt. War danach die Berufung nach § 143 SGG statthaft, kommt es auf die weitere von der Revision hervorgehobene Frage nicht mehr an, ob in der Zulassung der Revision durch das SG auch eine Zulassung der Berufung gemäß § 150 Nr. 1 SGG zu erblicken wäre. Somit durfte das LSG kein Prozeßurteil erlassen, vielmehr hätte es in der Sache selbst entscheiden müssen. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben.

Die für eine Sachentscheidung erforderliche Prozeßvoraussetzung der Zulässigkeit der Klage ist im vorliegenden Fall gegeben. Diese Frage ist auch bei einer zugelassenen Revision von Amts wegen zu prüfen (BSGE 10, 218, 219). Die Klägerin hatte vor dem SG ursprünglich zwar eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG (Vornahmeklage) erhoben. Ihrem Vorbringen nach Erteilung der Arbeitserlaubnis für die Firma B M ist jedoch zu entnehmen, daß sie von da an nur noch die Feststellung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts erreichen wollte. Die Klägerin ist damit zu einer Fortsetzungsfeststellungsklage im Sinne von § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG übergegangen. Zwar wurde in der mündlichen Verhandlung vor dem SG der Antrag der Klägerin noch als Aufhebungsantrag protokolliert; an die Fassung der Anträge sind die Sozialgerichte jedoch nicht gebunden (§ 123 SGG). Hat sich ein Verwaltungsakt inzwischen erledigt, der Kläger aber lediglich den Antrag auf Aufhebung gestellt, so ist darin auch der Antrag nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG zu erblicken, sofern der Vortrag des Klägers dies rechtfertigt (Eyermann-Fröhler, Kommentar zur VwGO, 6. Aufl. 1974, § 113 Rd. Nr. 48; BVerwG DVBl 1957, 58). Letzteres ist insbesondere dann zu bejahen, wenn sich - wie im Falle der Klägerin - aus dem Gesamtvortrag das berechtigte Interesse an dem Ausspruch ergibt (Peters/Sautter/Wolff, aaO, Bd. II § 131 SGG S. 179). Unter diesen Umständen ist der protokollierte Antrag nur als die unvollkommene Wiedergabe des dann später in der Berufungsinstanz auch ausdrücklich beantragten Feststellungsbegehrens zu sehen. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob der Antrag für eine Fortsetzungsfeststellungsklage zulässigerweise nur in der Instanz gestellt werden kann, in der die Erledigung eintritt.

Nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn er sich durch Zurücknahme oder anders erledigt hat und der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Die Bestimmung ist - wie die gleichlautende Vorschrift des § 113 Abs. 1 Satz 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) - auch bei der rechtswidrigen Ablehnung eines beantragten Verwaltungsakts, also im Falle einer Verpflichtungsklage entsprechend anwendbar (vgl. Brackmann, aaO, Bd. I/2, S 240 o II; für § 113 VwGO, vgl. BVerwG NJW 1963, 553; 1968, 1442; Eyermann-Fröhler, aaO, § 113 Rd. Nr. 51 a; Redeker/von Oertzen, Kommentar zur VwGO, 5. Aufl., 1975, § 113 Rd. Nr. 18).

Im vorliegenden Fall erwies sich der Übergang von der zunächst erhobenen Vornahmeklage zur Feststellungsklage nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG als notwendig, weil sich das ursprüngliche Klageziel nach Erhebung der Klage erledigt hatte. Erledigung liegt allgemein dann vor, wenn ein Ereignis den prozessualen Anspruch gegenstandslos gemacht hat oder eine Lage eingetreten ist, die eine Entscheidung erübrigt oder ausschließt (vgl. Redeker/von Oertzen, aaO, § 107, Rd. Nr. 13). Sie ist mit dem Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses (Brandl, BayVBl. 1967, 82, 83), bzw. dem Wegfall der sich aus einem Verwaltungsakt ergebenden Beschwer gleichzusetzen (so Eyermann-Fröhler, aaO, § 113 Rd. Nr. 39; BVerwG 31, 324, 325). Erledigung im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG kann insbesondere eintreten durch Zurücknahme des Verwaltungsakts, aber auch "anders", nämlich durch Zeitablauf oder Änderung der für den Verwaltungsakt maßgeblichen tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen (vgl. Eyermann-Fröhler, aaO, § 113, Rd. Nr. 39; Brackmann, aaO, Bd. I/2, S. 240 p). Dabei kann es sich auch um einen Verwaltungsakt handeln, der eine Leistung betrifft, auf die ein Rechtsanspruch nicht besteht (vgl. Brackmann aaO).

Vorliegend hat sich der angefochtene Verwaltungsakt zwar nicht allein dadurch erledigt, daß der Klägerin eine Arbeitserlaubnis für einen anderen Betrieb erteilt wurde. Insoweit handelt es sich um zwei verschiedene Streitgegenstände; die erteilte Arbeitserlaubnis stellt sich gegenüber der ursprünglich beantragten als ein - wenn auch die Beschwer allgemein verringerndes - aliud dar. Erledigung im Wege der Ersetzung durch einen anderen Verwaltungsakt tritt jedoch nur dann ein, wenn dieser der Regelung des gleichen Lebenssachverhaltes dient (vgl. Müller, DÖV 1965, S. 38. 39). Die Erteilung einer Arbeitserlaubnis für die Firma P war durch dieses Ereignis auch nicht rechtlich oder tatsächlich unmöglich geworden. Erledigt hat sich der angefochtene Verwaltungsakt jedoch deshalb, weil die Klägerin die für die Firma Bergbaugesellschaft M erteilte Arbeitserlaubnis im Verfahren vor dem SG als Ersatz akzeptiert und sich für die Zukunft entsprechend eingerichtet hat, um so mehr, als sie selbst diese neue Arbeitserlaubnis beantragt hatte. Wenn danach auch die Aufgabe des ursprünglichen Rechtsschutzbegehrens auf einer Maßnahme der Behörde beruht, muß der Betroffene die als Folge davon anderweitig erlangte Rechtsposition als Ersatz anerkennen und auf die ursprünglich beantragte Leistung verzichten dürfen, ohne sich damit zugleich der Möglichkeit einer rechtlichen Überprüfung des tatsächlich erledigten Streitfalles zu begeben, selbst wenn jenes Tun der Behörde sich rechtlich nicht als Erfüllung oder Ersetzung darstellt, sondern nur tatsächlich auf Ersatz bzw. Ausgleich der Beschwer abzielt und dies im Einzelfall auch bewirken kann. Es ist ein allgemeiner Grundsatz, daß Schuldverhältnisse nicht nur durch das Erbringen der vertraglich geschuldeten Leistung, sondern auch durch Annahme einer Leistung an Erfüllung Statt vollzogen werden können. Das Festhalten an der Vornahmeklage würde ansonsten zu deren Unzulässigkeit führen; denn das entgegen der Auffassung des SG auch für alle Klagearten nach § 54 SGG erforderliche Rechtsschutzbedürfnis entfällt mit dem erklärten Verzicht auf den durch sie herbeizuführenden Erfolg. Im übrigen sind hier beide Beteiligten auch davon ausgegangen, daß sich der bisherige Streitgegenstand insoweit durch die Erteilung der neuen Arbeitserlaubnis erledigt hatte.

Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts. Es besteht einmal die begründete Gefahr, daß sich der Erlaß einer solchen Entscheidung ohne Klarstellung der Rechtslage bei nächster Gelegenheit unter gleichen oder ähnlichen Voraussetzungen wiederholt (zur Wiederholungsgefahr vgl. BSG SozR 4100 § 116 Nr. 1; BVerwG 12, 303; Sammlung BVerwG Nrn. 37, 53 zu 310 § 113 VwGO). Angesichts dessen, daß die allgemeine Arbeitserlaubnis regelmäßig höchstens auf drei Jahre erteilt und u. U. sogar auch ohne Verschulden des Antragstellers widerrufen werden kann (vgl. § 7 Abs. 2 AEVO), ist die Möglichkeit ähnlicher Situationen hinreichend konkret. Sie ist insbesondere auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Erteilung der Arbeitserlaubnis u. U. auf eine andere Rechtsgrundlage zu stützen wäre als der erledigte Verwaltungsakt. Es ist nichts dafür ersichtlich, daß für die Klägerin in Zukunft z. B. nur noch die Erteilung einer besonderen Arbeitserlaubnis nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 a AEVO in Betracht kommen könnte. Die Gefahr der Wiederholung ist durch die Erteilung einer Arbeitserlaubnis für einen anderen Betrieb nicht beseitigt. Hierin liegt weder eine Anerkennung der Rechtswidrigkeit der hier streitbefangenen Entscheidung, noch läßt sie Schlußfolgerungen auf die Rechtsauffassung der Beklagten zu. Die Klägerin hat aber ein berechtigtes Interesse, für den Fall der Wiederholung zu erfahren, von welcher Rechtsauffassung die Beklagte auszugehen haben wird (vgl. BVerwG DVBl 63, 920). Dies insbesondere, was die Frage betrifft, ob und inwieweit eine nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zu erteilende Arbeitserlaubnis wegen der Arbeitslosigkeit deutscher Arbeitnehmer verweigert werden darf.

Das berechtigte Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung ergibt sich zum anderen daraus, daß die Entscheidung der Beklagten unmittelbar rechtliche Folgen für sie - die Klägerin - auslöst. Nach den Feststellungen des LSG war die Klägerin zunächst noch über den 22. Januar 1974 hinaus bei der Firma P beschäftigt. Hatte die Beklagte der Klägerin zu Recht die Verlängerung der bis dahin begrenzten Arbeitserlaubnis verweigert, stellte sich diese Beschäftigung als solche ohne Arbeitserlaubnis dar. Dies könnte für die Klägerin nicht nur ordnungsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen (§ 229 Abs. 1 Nr. 1 AFG), sondern auch einen etwaigen späteren Anspruch auf Erteilung einer besonderen Arbeitserlaubnis nach § 2 AEVO beeinträchtigen, denn dies setzt u. a. eine rechtmäßige Beschäftigung im Geltungsbereich der AEVO von bestimmter Dauer (5 Jahre) voraus (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AEVO), die die Klägerin noch nicht erfüllt hat. Sie hat erstmals am 23. Januar 1973 eine solche Beschäftigung - bei der Firma P - aufgenommen. Nach den Feststellungen des LSG erfüllt die Klägerin auch nicht die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 AEVO.

Das berechtigte Interesse der Klägerin an einer Entscheidung kann schließlich auch nicht deshalb verneint werden, weil ein obsiegendes Urteil die Beklagte bei zukünftig zu treffenden Entscheidungen nicht unmittelbar bindet. Entsprechend den für das Feststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt des Amtshaftungsprozesses entwickelten Grundsätzen muß es insoweit als ausreichend angesehen werden, daß die Entscheidung Bedeutung haben kann (vgl. BSGE 8, 178, 182 ff; SozR SGG § 131 Nr. 8), der Betroffene also einer günstigen Entscheidung einen Schritt näherkommt (vgl. BVerwG NJW 1961, 1942). Hinzu kommt, daß ein einstweiliger Rechtsschutz für die Ablehnung einer beantragten Arbeitserlaubnis fehlt, die Gerichtsverfahren aber zu lange dauern, um für den konkreten Sachverhalt noch wirksam zu werden. Ob ein Feststellungsinteresse darüber hinaus auch deshalb zu bejahen ist, weil der erledigte Verwaltungsakt eine diskriminierende Wirkung gehabt hat, braucht deshalb nicht entschieden zu werden. Grundsätzlich wird allerdings ein Rechtsschutzinteresse auch unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitation anerkannt, sofern die erledigte Entscheidung entsprechende Nachwirkungen hat (vgl. BVerwG 12, 87, 90; 26, 161, 168; Sammlung BVerwG Nr. 51 zu 310 § 113 VwGO).

Nach allem war die Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG zulässig. Gegen die Zulässigkeit des ursprünglichen Klagebegehrens bestehen ebenfalls keine Bedenken. Die Prozeßfähigkeit der Klägerin ist jedenfalls nach § 202 SGG in Verbindung mit § 55 ZPO gegeben (vgl. auch Art. 7 Abs. 3 Satz 1 EG BGB).

Der Senat kann in der Sache nicht entscheiden, da das LSG - von seiner Rechtsauffassung her zutreffend - keinerlei tatsächliche Feststellungen getroffen hat. Der Rechtsstreit muß deshalb an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben wird.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1649460

BSGE, 212

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