Beteiligte

13. Dezember 1984 Klägerin und Revisionsklägerin

Beklagte und Revisionsbeklagte

 

Tatbestand

I

Streitig ist die Verzinsung von Rentenansprüchen und im besonderen die Zulässigkeit der Berufung.

Die Beklagte wurde am 29. März 1982 verurteilt, der Klägerin vorgezogenes Altersruhegeld auch für die Zeit vom 1. Juni bis zum 31. Dezember 1973 zu zahlen. Sie errechnete in dem Ausführungsbescheid vom 28. Juli 1982 einen Nachzahlungsbetrag von 3431,90 DM und überwies ihn der Klägerin. Deren Antrag, den Betrag ab Januar 1978 zu verzinsen, lehnte sie mit dem Bescheid vom 16. September 1982 ab, da der Leistungsantrag erst am 29. März 1982 vervollständigt worden sei.

Das Sozialgericht (SG) hat die auf Verurteilung der Beklagten zur Verzinsung gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 24. Oktober 1983). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin verworfen (Urteil vom 14. Mai 1984). Sie sei nach § 146 Sozialgerichtsgesetz (SGG) unzulässig, da diese Vorschrift auch Zinsen als Nebenansprüche erfasse und der Hauptanspruch einen abgelaufenen Zeitraum betreffe. Darüber hinaus sei die Berufung nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG ausgeschlossen, da die Klägerin eine - schon bei Rechtshängigkeit bezifferbare - einmalige Leistung erstrebe, die wegen der Abhängigkeit vom Rentenanspruch ebenfalls eine Sozialleistung darstelle. Ein Ausnahmefall des § 150 SGG sei nicht gegeben.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin Verletzung der §§ 144, 146 SGG.

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II

Die Revision ist nicht begründet; das LSG hat zu Recht die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen.

Hierfür kann dahinstehen, ob der nur für die Rentenversicherung geltende § 146 SGG die Berufung ausgeschlossen hat; sie ist - da kein Fall des § 150 SGG vorliegt - jedenfalls nach dem für alle Zuständigkeitsgebiete der Sozialgerichtsbarkeit anzuwendenden § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG unzulässig gewesen. Nach dieser Vorschrift ist die Berufung nicht zulässig bei "Ansprüchen auf einmalige Leistungen". Ein solcher Tatbestand ist hier gegeben.

Nach der Auffassung der Klägerin, sind ihre monatlichen Rentenansprüche aus dem Zeitraum von Juni bis Dezember 1973 für die Zeit vom 1. Januar 1978 an zu verzinsen; sie begehrt im vorliegenden Rechtsstreit die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung dieser Zinsen. Hiernach betraf die Berufung der Klägerin entgegen der Revisionsbegründung zunächst allgemein "Leistungen" i.S. des § 144 Abs. 1 SGG. Hierunter fallen Geldleistungen, die ein Sozialleistungsträger aufgrund seiner zum Sozialrecht gehörenden Aufgabenstellung an einzelne Berechtigte zu erbringen hat, also auch Zinsleistungen an diese; ob es sich um Sozialleistungen i.S. des § 11 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (SGB I) handelt, braucht nicht zusätzlich geprüft zu werden (Urteil des Senats vom 25. Oktober 1984 - 11 RA 29/84 ).

Die streitigen Zinsen sind im weiteren aber auch "einmalige" Leistungen i.S. des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG und nicht "wiederkehrende" i.S. der Nr. 2 (welche die Berufung bei wiederkehrenden Leistungen nur für einen Zeitraum bis zu drei Monaten ausschließt). Dies ergibt sich aus der Zinsenregelung des § 44 SGB I. Gemäß dessen Abs. 1 sind Ansprüche auf Geldleistungen nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit mit 4 v.H. zu verzinsen; gemäß - dem hier streitigen - Abs. 2, kann die Verzinsung später beginnen; sie endet jeweils mit dem "Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung" (der Hauptleistung). Damit ist zwar bestimmt, von wann bis wann (Verzinsungszeit) und in welcher Höhe (Zinssatz) Ansprüche auf Geldleistungen zu verzinsen sind; es ist dagegen nicht festgelegt, wann der Sozialleistungsträger die Zinsen zu zahlen (zu "leisten") hat. Insoweit kann jedoch nicht angenommen werden, daß er vor und bis zur Zahlung der Hauptleistung in irgendeiner Wiederkehr schon Zinsen zahlen müßte, was kaum verständlich wäre; die Vorschrift geht vielmehr ersichtlich davon aus, daß die Zinsen - ungeachtet der Entstehungszeit des Zinsanspruchs - erst und zugleich mit der Zahlung der Geldleistung (Hauptleistung) zu zahlen sind, und zwar in einem Betrag. Aus diesem Grunde ist die Zinszahlung eine "einmalige Leistung" und keine Zahlung wiederkehrender Leistungen in einer Summe, wie es bei der Nachzahlung der Rentenbeträge für Juni bis September 1973 der Fall war (vgl. dazu BSGE 22, 226, 227).

Mit diesem Urteil ist nicht entschieden, ob bei Zinsansprüchen die Berufung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG auch dann ausgeschlossen ist, wenn - anders als hier - im Rechtsstreit zugleich ein Hauptanspruch rechtshängig ist, der keinen Berufungsbeschränkungen unterliegt; ob dessen Berufungsfähigkeit dann die Berufungsfähigkeit des Zinsnebenanspruchs nach sich ziehen müßte, bleibt daher offen.

Hiernach war die Revision mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.11 RA 30/84

Bundessozialgericht

 

Fundstellen

Dokument-Index HI518458

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