Entscheidungsstichwort (Thema)

Korrigierende Rückgruppierung. Bewährungsaufstieg

 

Normenkette

MT-An LWL (Landschaftsverband Westfalen-Lippe)/BAT-LWL § 22; Anlage 1a zum MT-An/BAT-LWL VergGr. IVb Fallgr. 1, VergGr. IVa Fallgr. 1, VergGr. III Fallgr. 1, VergGr. II Fallgr. 5

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Urteil vom 22.09.1998; Aktenzeichen 4 Sa 2156/94)

ArbG Münster (Urteil vom 21.10.1994; Aktenzeichen 3 Ca 1997/93)

 

Tenor

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der beklagte Landschaftsverband verpflichtet ist, den Kläger mit Wirkung vom 1. Januar 1991 nach VergGr. II MT-An zu vergüten und die Differenzbeträge zur VergGr. III MT-An nachzuzahlen.

Der beklagte Landschaftsverband ist ua. für Straßenbau und -unterhaltung in Westfalen-Lippe zuständig und unterhält mehrere Landesstraßenbauämter. Der am 19. Mai 1941 geborene, verheiratete Kläger, der einem Kind gegenüber unterhaltsverpflichtet ist, hat am 20. Juli 1966 an der Staatlichen Ingenieurschule für das Bauwesen Hagen die Ingenieurprüfung im Fach Allgemeiner Ingenieurbau abgelegt. Auf Grund einer Einstellungszusage vom 25. Juli 1966 trat er am 1. August 1966 als Bauingenieur des damaligen Straßenneubauamtes L… in die Dienste des beklagten Landschaftsverbandes. Nach der Auflösung des Straßenneubauamtes L… kam der Kläger beim Autobahnamt W…, beim Straßenneubauamt S… und bei der Autobahnmeisterei F… zum Einsatz. Seit dem 1. Januar 1984 ist er stellvertretender Leiter der Autobahnmeisterei L….

Auf Grund § 3 iVm. § 2 des Arbeitsvertrages vom 1./17. August 1966 richtet sich die Vergütung des Klägers nach den tariflichen Vergütungsregelungen für den “Technischen Dienst” (Teil II der Anl. 1a zum Manteltarifvertrag für Angestellte des Landschaftsverbandes vom 30. Juni 1964 – MT-An). Der Kläger war gem. § 3 des Arbeitsvertrages zunächst in die VergGr. Va MT-An eingruppiert. Mit Wirkung vom 1. März 1968 ist er nach VergGr. IVb Teil II MT-An und mit Wirkung vom 1. April 1970 in VergGr. IVa Teil II MT-An höhergruppiert worden. Unter dem 14. Dezember 1972 teilte der Direktor des beklagten Landschaftsverbandes dem Kläger mit:

Auf Grund des Beschlusses des Landschaftsausschusses vom 13.12.1972 werden Sie mit Wirkung vom 1.7.1972 als Bauingenieur in die Vergütungsgruppe III MT-An eingestuft.

Nach Inkrafttreten des 9. Änderungstarifvertrages vom 20. September 1991 zur Anl. 1a zum MT-An, mit dem ua. der Bewährungsaufstieg in die neu geschaffene VergGr. II Fallgr. 5 MT-An eingeführt wurde, wurden von einer Prüfungskommission des beklagten Landschaftsverbandes die Eingruppierung der Stelleninhaber, die für einen Bewährungsaufstieg nach mindestens zehn Jahren Bewährungszeit in Betracht kamen, in einem summarischen Verfahren überprüft. Der Kläger, der mit Schreiben vom 6. Februar 1992 die Eingruppierung in die VergGr. II MT-An geltend gemacht hatte, erhielt mit Schreiben vom 10. Februar 1992 einen negativen Bescheid.

Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein Eingruppierungsbegehren weiter. Er sei als stellvertretender Leiter der Autobahnmeisterei L… regelmäßig mit der Leitung von schwierigen Bauten und Bauabschnitten sowie deren Abrechnung beschäftigt. Die ihm übertragenen Arbeiten seien jeweils alleinverantwortlich von ihm durchgeführt worden. Schwerpunkt seiner Tätigkeit sei neben dem Winterdienst die Brückenerhaltung und Instandsetzung sowie die Sanierung der Fahrbahndecke der Sauerlandlinie. Er habe einen außerordentlich schwierigen Autobahnabschnitt zu betreuen, sowohl im Hinblick auf die baulichen Maßnahmen als auch im Hinblick auf die Verkehrssituationen, insbesondere bei winterlichen Temperaturen. Zur Durchführung seiner Arbeiten benötige er ein besonders breit und tief gefächertes Wissen und einen umfangreichen Erfahrungsschatz. Bei den Autobahnbrücken handele es sich um Konstruktionen, mit denen ein Bauingenieur üblicherweise in seinem gesamten beruflichen Leben nicht konfrontiert werde. Er habe nicht nur die Aufgaben eines normalen Bauingenieurs wahrzunehmen, sondern auch die eines Statikers, über dessen Ausbildung er ebenfalls verfüge. Die Beobachtung der Brückenbauwerke und Feststellung etwaiger Beschädigungen stelle sich als besonders schwierige Tätigkeit dar. Das Erkennen von Baumängeln im Brückenbereich setze außergewöhnliche Erfahrungen und herausragendes fachliches Wissen und Können voraus. Die Bedeutung seiner Tätigkeit ergebe sich ua. aus seiner Funktion als stellvertretender Leiter und aus der Tragweite seiner Überwachungspflicht für das Leben der Verkehrsteilnehmer. Im übrigen seien ihm schon weit vor dem Beginn des Bewährungzeitraums am 1. Januar 1981 Tätigkeiten übertragen worden, die der beklagte Landschaftsverband in der Mitteilung vom 14. Dezember 1972 mit VergGr. III MT-An bewertet habe.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß der beklagte Landschaftsverband verpflichtet ist, dem Kläger mit Wirkung ab 1. Januar 1991 eine Vergütung nach VergGr. II MT-An/BAT-LWL zu zahlen.

Der beklagte Landschaftsverband hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er ist der Meinung, eine Umkehr der Beweislast komme nicht in Frage. Der Kläger habe nicht den Nachweis geführt, daß seine Tätigkeit den Merkmalen der beanspruchten Vergütungsgruppe entspräche. Der Brückenbestand im Bereich der Autobahnmeisterei sei zwar mit erhöhter Aufmerksamkeit und mit mehr technischem Wissen zu beurteilen als in anderen Bereichen des Landschaftsverbandes, so daß die nach der einschlägigen DIN-Vorschrift vorgeschriebene und vom Kläger vorzunehmende jährliche Bauwerksbesichtigung auch schwieriger sei als in anderen Autobahn- bzw. Straßenmeistereien. Eine Aussage im Sinne tariflicher Tätigkeitsmerkmale liege darin aber nicht. Die vom Kläger bei den Bauwerksbesichtigungen festgestellten Mängel würden in einem Bericht von dem zuständigen Landesstraßen- und Autobahnamt zusammengefaßt. Dieses und nicht der Kläger entscheide darüber, ob und ggf. welche Sanierungsarbeiten zu welchem Zeitpunkt durchgeführt werden müßten. Der Winterdienst mit seinen qualitativen und quantitativen Besonderheiten werde vom Leiter der Autobahnmeisterei organisiert und sei in seinem operationellen Teil keine Ingenieurtätigkeit.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat mit Beschluß vom 9. Juli 1996 dem Europäischen Gerichtshof gem. Art. 117 EWG-Vertrag mehrere Fragen zur Auslegung der Richtlinie 91/533/EWG des Rates vom 14. Oktober 1991 zur Vorabentscheidung vorgelegt. Der Europäische Gerichtshof hat durch Urteil vom 4. Dezember 1997 (– Rs. C-253/96 bis C-258/96 Kampelmann ua. – AP EWG-Richtlinie Nr. 91/533 Nr. 3 = EzA NachwG § 2 Nr. 1) die Vorlagefragen beantwortet. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage im wesentlichen stattgegeben. Mit der Revision verfolgt der beklagte Landschaftsverband die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des beklagten Landschaftsverbandes ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann ein tariflicher Anspruch des Klägers auf die von ihm begehrte Vergütung nach der VergGr. II MT-An/BAT-LWL nicht anerkannt werden. Ihm steht auch kein entsprechender vertraglicher Anspruch zu. Weil das Revisionsgericht nicht abschließend entscheiden kann, muß die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen werden.

I. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis den tariflichen Anspruch des Klägers auf die Vergütung nach der VergGr. II MT-An/BAT-LWL zuerkannt, weil der beklagte Landschaftsverband seiner Darlegungslast nicht nachgekommen ist. Dem kann nicht gefolgt werden.

1. Auf Grund § 3 iVm. § 2 des Arbeitsvertrages vom 1./17. August 1966 richtet sich die Vergütung des Klägers nach den tariflichen Vergütungsregelungen für den “Technischen Dienst” (Teil II Anl. 1a MT-An). Nach dem Beitritt des beklagten Landschaftsverbandes in den kommunalen Arbeitgeberverband Nordrhein-Westfalen (KAV NW) wurde in dem Tarifvertrag zur Überleitung des Tarifrechts des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe in das Tarifrecht des KAV NW vom 1. Dezember 1993 (Überleitungs-TV-LWL) ua. die Anwendung des BAT vom 23. Februar 1961 in der jeweils gültigen Fassung mit bestimmten Abweichungen vereinbart (BAT-LWL).

2. Nach § 22 Abs. 1 MT-An wird der Angestellte bei der Einstellung nach den Tätigkeitsmerkmalen, die in der Vergütungsordnung (Anl. 1a und 1b) festgelegt sind, in die Vergütungsgruppe eingruppiert, die der von ihm überwiegend auszuübenden Tätigkeit entspricht. § 22 Abs. 1 Satz 1 BAT-LWL bestimmt, daß sich die Eingruppierung der Angestellten nach den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsordnung (Anl. 1a, 1b und 1c) zum Überleitungs-TV-LWL richtet.

Die danach für die Eingruppierung des Klägers einschlägigen Tätigkeitsmerkmale lauteten zum Zeitpunkt der Höhergruppierung des Klägers in die VergGr. IVa zum 1. April 1970 nach der ab dem 1. Juli 1969 geltenden Fassung der Anl. 1a Teil II:

“Vergütungsgruppe Vb

1. Techn. Angestellte mit technischer Ausbildung nach der Protokollerklärung Nr. 1 mit entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.

Vergütungsgruppe IVb

1. Techn. Angestellte mit technischer Ausbildung nach der Protokollerklärung Nr. 1, die sich durch besondere Leistungen aus der Gruppe Vb herausheben.

Vergütungsgruppe IVa

1. Techn. Angestellte mit technischer Ausbildung nach der Protokollerklärung Nr. 1 mit langjähriger praktischer Erfahrung, die sich durch besonders schwierige Tätigkeiten und die Bedeutung ihres Aufgabengebietes oder durch künstlerische oder Spezialtätigkeit aus der Vergütungsgruppe IVb herausheben, sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.”

Die Höhergruppierung des Klägers rückwirkend zum 1. Juli 1972 in die VergGr. III MT-An erfolgte zeitgleich mit der Änderung der einschlägigen Tätigkeitsmerkmale durch den 7. Änderungstarifvertrag zur Anl. 1a zum MT-An vom 18. September 1972 mit Geltung ab dem 1. Juli 1972:

“Vergütungsgruppe IVb

1. Technische Angestellte mit technischer Ausbildung nach der Protokollerklärung Nr. 1 und entsprechender Tätigkeit nach sechsmonatiger Berufsausübung nach Ablegung der Prüfung sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, nach sechsmonatiger Ausübung dieser Tätigkeiten.

Vergütungsgruppe IVa

1. Technische Angestellte mit technischer Ausbildung nach der Protokollerklärung Nr. 1, die sich durch besondere Leistungen aus der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 1 herausheben, sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.

Vergütungsgruppe III

1. Technische Angestellte mit technischer Ausbildung nach der Protokollerklärung Nr. 1 und langjähriger praktischer Erfahrung, die sich durch besondere schwierige Tätigkeiten und die Bedeutung ihres Aufgabengebietes oder durch künstlerische oder Spezialtätigkeit aus der Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 1 herausheben, sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.”

Die Neufassung der Anl. 1a zum MT-An vom 25. Januar 1980 mit Wirkung ab 1. April 1980 brachte keine inhaltlichen Änderungen der hier einschlägigen Tätigkeitsmerkmale.

Durch den 9. Änderungstarifvertrag vom 20. September 1991 wurde rückwirkend zum 1. Januar 1991 ua. folgendes neues Tätigkeitsmerkmal eingefügt:

“Vergütungsgruppe II

5. Technische Angestellte mit technischer Ausbildung nach der Protokollerklärung Nr. 1 sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, mit langjähriger praktischer Erfahrung,

deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung oder durch künstlerische oder Spezialaufgaben aus der Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 1 heraushebt,

nach zehnjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe III Fallgruppe 1.”

In den Protokollerklärungen zu Teil II (Technischer Dienst) der Anl. 1a zum MT-An idF ab dem 1. April 1980 ist bestimmt:

“Nr. 1) Unter “Technischer Ausbildung” ist der erfolgreiche Besuch einer Schule zu verstehen, die in der jeweils geltenden Reichsliste der Fachschulen, deren Abschlußzeugnis zum Eintritt in die Laufbahn des gehobenen technischen Dienstes berechtigen, aufgeführt ist (MBliV 1942 S. 402).

Nr. 14) Entsprechende Tätigkeiten sind z. B.:

1. Aufstellung oder Prüfung von Entwürfen nicht nur einfacher Art einschließlich Massen-, Kosten- und statischen Berechnungen und Verdingungsunterlagen, Bearbeitung der damit zusammenhängenden laufenden technischen Angelegenheiten – auch im technischen Rechnungswesen –, örtliche Leitung oder Mitwirkung bei der Leitung von Bauten und Bauabschnitten sowie der Abrechnung;

2. Ausführung besonders schwieriger Analysen, Schiedsanalysen oder selbständige Erledigung neuartiger Versuche nach kurzer Weisung in Versuchslaboratorien, Versuchsanstalten und Versuchswerkstätten.

Nr. 17) Besondere Leistungen sind z.B.: Aufstellung oder Prüfung von Entwürfen, deren Bearbeitung besondere Fachkenntnisse und besondere praktische Erfahrung oder künstlerische Begabung voraussetzt, sowie örtliche Leitung bzw. Mitwirkung bei der Leitung von schwierigen Bauten und Bauabschnitten sowie deren Abrechnung.”

Die von dem Kläger begehrte Eingruppierung in die VergGr. II Fallgr. 5 MT-An seit dem 1. Januar 1991 setzt danach voraus, daß er sich seit mindestens dem 1. Januar 1981 in der VergGr. III Fallgr. 1 MT-An bewährt hat, wobei nach der Übergangsvorschrift in § 2 Abs. 2 des Änderungstarifvertrages vom 20. September 1991 im Hinblick auf die Bewährungszeit die vor dem 1. Januar 1991 zurückgelegte Zeit so berücksichtigt wird, wie sie zu berücksichtigen wäre, wenn der Tarifvertrag bereits gegolten hätte.

3. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht im Sinne einer summarischen Prüfung die tariflichen Voraussetzungen der zugrunde liegenden Aufbaufallgruppen bejaht, dh. daß der Kläger iSd. VergGr. IVa Fallgr. 1 MT-An als technischer Angestellter mit technischer Ausbildung eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt hat, und daß sich seine Tätigkeit iSd. VergGr. IVa Fallgr. 1 MT-An durch besondere Leistungen aus der VergGr. IVb Fallgr. 1 MT-An heraushebt.

4. Das Landesarbeitsgericht hat auch die zehnjährige Bewährung des Klägers in der VergGr. III Fallgr. 1 MT-An als gegeben angesehen, was voraussetzt, daß der Kläger mit langjähriger praktischer Erfahrung sich seit mindestens dem 1. Januar 1981 in einer Tätigkeit bewährt hat, die sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung oder durch künstlerische oder Spezialaufgaben aus der VergGr. IVa Fallgr. 1 heraushebt. Zur Begründung hat das Landesarbeitsgericht entscheidend darauf abgestellt, daß der beklagte Landschaftsverband nach der Nachweisrichtlinie (Richtlinie 91/533/EWG des Rates vom 14. Oktober 1991 über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen – ABl EG L 288 S 32 ff.) ebenso wie nach den Grundsätzen zur Darlegungslast bei der korrigierenden Rückgruppierung darzulegen habe, daß die mitgeteilte Eingruppierung in die VergGr. III MT-An falsch gewesen sei. Dies gelte auch für den Fall der Verweigerung des Bewährungsaufstiegs. Diese Darlegungslast habe der beklagte Landschaftsverband nicht erfüllt. Dem kann nicht gefolgt werden.

a) Im Ergebnis zutreffend hat das Landesarbeitsgericht erkannt, daß der Kläger sich im Hinblick auf das Vorliegen der Voraussetzungen für die VergGr. III Fallgr. 1 MT-An zunächst auf die Mitteilung vom 14. Dezember 1972 berufen könne und es dem beklagten Landschaftsverband obliege, die Fehlerhaftigkeit dieser mitgeteilten Eingruppierung darzulegen und ggf. zu beweisen.

aa) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ergibt sich diese Darlegungslast für den beklagten Landschaftsverband nicht aus der Nachweisrichtlinie. Sie folgt auch nicht aus dem Nachweisgesetz.

(1) Weder die Nachweisrichtlinie noch das Nachweisgesetz haben auf die beweisrechtliche Bedeutung der Eingruppierungsmitteilung des beklagten Landschaftsverbands vom 14. Dezember 1972 Einfluß. Diese Mitteilung liegt zeitlich vor dem Erlaß der Nachweisrichtlinie vom 14. Oktober 1991 und somit auch vor der Umsetzungsfrist bis zum 30. Juni 1993 und vor dem Nachweisgesetz vom 20. Juli 1995 (NachwG). Es spricht nichts dafür, daß durch die Nachweisrichtlinie früheren Mitteilungen rückwirkend eine Auswirkung auf die Beweislage zukommen sollte. Der Europäische Gerichtshof hat auf den Vorlagebeschluß des Landesarbeitsgerichts vom 9. Juli 1996 zur Auslegung der Nachweisrichtlinie vielmehr entschieden, daß sich der einzelne vor der Umsetzung der Nachweisrichtlinie in nationales Recht vor den nationalen Gerichten nur gegenüber dem Staat oder gegenüber einer Organisation oder Einrichtung, die dem Staat oder dessen Aufsicht untersteht oder mit besonderen Rechten ausgestattet ist, unmittelbar auf die Nachweisrichtlinie berufen kann, wenn der Staat die Richtlinie innerhalb der vorgeschriebenen Frist nicht oder nicht ordnungsgemäß in nationales Recht umgesetzt hat (EuGH 4. Dezember 1997 – Rs. C-253/96 bis C-258/96 – AP EWG Richtlinie Nr. 91/533 Nr. 3 unter Ziff. 36 bis 47, insbesondere Ziff. 46). Die Übergangsregelung in § 4 NachwG, wonach bei Arbeitsverhältnissen, die bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits bestanden haben, dem Arbeitnehmer binnen zwei Monaten eine Niederschrift iSd. § 2 NachwG auszuhändigen ist, diese Verpflichtung aber entfällt, wenn eine frühere Niederschrift oder ein schriftlicher Arbeitsvertrag die nach dem Gesetz erforderlichen Angaben enthält, ist richtlinienkonform (EuGH aaO Ziff. 52). Dementsprechend hat der Europäische Gerichtshof die weitergehende Frage des Landesarbeitsgerichts, ob der Arbeitgeber die inhaltliche Richtigkeit einer neueren Mitteilung, die von einer vor dem Inkrafttreten des NachwG gegebenen Mitteilung abweicht, beweisen muß, nicht mehr beantwortet.

(2) Zudem gehen die beweisrechtlichen Auswirkungen einer Eingruppierungsmitteilung, die dieser nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zukommt (EuGH aaO Ziff. 30 – 35), jedenfalls nicht über das hinaus, was nach den Grundsätzen zur Korrektur einer fehlerhaft mitgeteilten Eingruppierung (“korrigierende Rückgruppierung”) zu beachten ist (Senat 16. Februar 2000 – 4 AZR 62/99 – zur Veröffentlichung vorgesehen ≪zVv.≫).

bb) Die Darlegungslast des beklagten Landschaftsverbandes für die Fehlerhaftigkeit der mit dem Schreiben vom 14. Dezember 1972 mitgeteilten Eingruppierung ergibt sich aber aus den Grundsätzen zur Darlegungslast bei der Korrektur einer fehlerhaften Eingruppierung.

(1) Die Grundsätze zur Darlegungslast bei der korrigierenden Rückgruppierung (BAG 11. Juni 1997 – 10 AZR 724/95 – AP BMT-G II § 20 Nr. 6 = EzA TVG § 4 Eingruppierung Nr. 7; 18. Februar 1998 – 4 AZR 581/96 – BAGE 88, 69) hat der Senat fortentwickelt (Senat 16. Februar 2000 – 4 AZR 62/99 – zVv.). Hiernach kann sich der Arbeitnehmer zunächst auf die ihm vom Arbeitgeber mitgeteilte Eingruppierung berufen. Es obliegt dem Arbeitgeber, daraufhin die objektive Fehlerhaftigkeit der mitgeteilten Eingruppierung darzulegen. Der Arbeitgeber kann seine Darlegungslast hinsichtlich der Fehlerhaftigkeit der Eingruppierung entweder dadurch erfüllen, daß er substantiiert Tatsachen als Grundlage für die tarifliche Bewertung vorträgt, die eine Korrektur der bisherigen Eingruppierung begründen sollen, oder im Sinne eines “Rechtsirrtums” dadurch, daß er darlegt, daß die bisherige Eingruppierung auf einer unwissentlich fehlerhaften tariflichen Bewertung der Tätigkeit beruhe. Weil aber die vom Arbeitgeber darzulegende Fehlerhaftigkeit der mitgeteilten Eingruppierung bereits gegeben ist, wenn eine der tariflichen Voraussetzungen für die bisherige Eingruppierung fehlt, muß der Arbeitgeber nicht notwendigerweise zu allen Voraussetzungen vortragen. Der Arbeitgeber erfüllt seine Darlegungslast bereits dann, wenn sich aus seinem Vorbringen einschließlich des unstreitigen Sachverhalts ergibt, daß jedenfalls im Hinblick auf eine der tariflichen Voraussetzungen die mitgeteilte Eingruppierung nicht zutreffend war. Ist dem Arbeitgeber die Darlegung der objektiven Fehlerhaftigkeit der mitgeteilten Eingruppierung gelungen, so verbleibt es bei der Darlegungs- und Beweislast des Arbeitnehmers für die Tatsachen, aus denen folgt, daß ihm die begehrte höhere Vergütung zusteht.

(2) Diese Grundsätze können auf den Fall der Verweigerung des Zeit- bzw. Bewährungsaufstiegs übertragen werden, soweit die Mitteilung der Eingruppierung die für den Zeit- bzw. Bewährungsaufstieg maßgebliche Vergütungs- und Fallgruppe bezeichnet. Insoweit unterliegen die Korrektur einer fehlerhaften Eingruppierung beim Vollzug einer Rückgruppierung und die Ablehnung einer Höhergruppierung bei einem Zeit- oder Bewährungsaufstieg denselben Rechtsgrundsätzen. Der Senat hat diese Frage bisher nicht entschieden, allerdings in dem Urteil vom 8. Oktober 1997 (– 4 AZR 167/96 – AP BAT § 23b Nr. 2) erklärt, daß einiges dafür spreche, die Rechtsprechung zur korrigierenden Rückgruppierung auf den Bewährungsaufstieg zu übertragen.

(3) Die Gleichbehandlung beider Fallgruppen hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast des Arbeitgebers für die Fehlerhaftigkeit der mitgeteilten Eingruppierung ist der Sache nach geboten. In beiden Fallkonstellationen geht es um die vom Arbeitgeber gewollte Abkehr von der dem Arbeitnehmer früher mitgeteilten und in der Folgezeit praktizierten Eingruppierung. Der Unterschied liegt lediglich darin, daß bei dem Zeit- bzw. Bewährungsaufstieg die zusätzliche Voraussetzung des Zeitablaufs oder der Bewährung vorliegen muß. Für diese Voraussetzungen bleibt es bei der Darlegungs- und ggf. Beweislast des Arbeitnehmers. Die Notwendigkeit der Gleichbehandlung beider Fallgruppen wird besonders deutlich, wenn der Arbeitnehmer ausgehend von der ihm mitgeteilten und gewährten Vergütungsgruppe den Bewährungs- oder Zeitaufstieg begehrt und der Arbeitgeber hierauf mit der korrigierenden Rückgruppierung reagiert.

Will der Arbeitgeber in solcher Konstellation den an sich gegebenen Zeit- oder Bewährungsaufstieg dadurch vermeiden, daß er sich nunmehr auf die Unrichtigkeit der von ihm selbst mitgeteilten Vergütungs- und Fallgruppe beruft, so steht dies in der Wirkung dem Fall gleich, daß er nunmehr die Rückgruppierung teilweise nämlich in Form der Verhinderung des Zeit- oder Bewährungsaufstiegs, durchsetzen will. Von daher ist es nicht begründbar, dem Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für die Richtigkeit der ihm vom Arbeitgeber früher mitgeteilten Vergütungs- und Fallgruppe aufzuerlegen, wenn er die Höhergruppierung im Weg des Zeit- oder Bewährungsaufstiegs geltend macht, und dem Arbeitgeber diese Last für die Unrichtigkeit seiner eigenen Eingruppierungsmitteilung nur dann aufzuerlegen, wenn er die Rückgruppierung vollständig, dh. auch unter Absenkung der tariflichen Vergütung durchsetzen will.

b) Mit unzutreffender Begründung ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, daß der beklagte Landschaftsverband seiner Darlegungslast hinsichtlich der Fehlerhaftigkeit der mitgeteilten Eingruppierung nicht nachgekommen sei.

aa) Zur Begründung seiner Auffassung, daß der beklagte Landschaftsverband den Nachweis der fehlerhaften Eingruppierung nicht erbracht habe, hat das Landesarbeitsgericht darauf abgestellt, daß sich die vom Angestellten auszuübende Tätigkeit nach dem Arbeitsvertrag richte und nur innerhalb dieser vertraglich gezogenen Grenzen in Ausübung des Direktionsrechts konkretisiert werden könne. Weil der beklagte Landschaftsverband ihm mit dem Schreiben vom 14. Dezember 1972 die Eingruppierung in die VergGr. III MT-An mitgeteilt habe, habe der Kläger davon ausgehen können, daß er spätestens ab diesem Zeitpunkt entsprechend bewertete Tätigkeiten ausübe. Dabei hat das Landesarbeitsgericht den Inhalt der dem beklagten Landschaftsverband obliegenden Darlegungslast für die Korrektur der Eingruppierung verkannt. Es hat im Ergebnis aus der Mitteilung vom 14. Dezember 1972 nicht nur die Darlegungslast des beklagten Landschaftsverbandes für die Fehlerhaftigkeit der mitgeteilten Eingruppierung abgeleitet, sondern gleichzeitig unter Berufung auf die dadurch begründeten Erwartungen des Klägers dem beklagten Landschaftsverband diese Möglichkeit abgeschnitten, der Darlegungslast nachzukommen.

bb) Rechtsfehlerhaft hat das Landesarbeitsgericht angenommen, der Beklagte hätte darlegen müssen, daß der Kläger später nicht mehr in die VergGr. III MT-An eingruppiert gewesen sei, weil die Zuweisung einer Tätigkeit, die einer bestimmten Vergütungsgruppe zuzuordnen sei, einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf Beschäftigung im Rahmen dieser Vergütungsgruppe beinhaltete, hiervon im Rahmen des Direktionsrechts nicht abgewichen werden dürfe und der Arbeitnehmer deshalb am Bewährungsaufstieg teilnehme. Auch mit dieser Argumentation verwehrt das Landesarbeitsgericht dem Beklagten im Ergebnis die Möglichkeit der Darlegung der Fehlerhaftigkeit der mitgeteilten Eingruppierung unter Berufung auf die Mitteilung vom 14. Dezember 1972. Dabei verkennt das Landesarbeitsgericht, daß nur bei einer tarifgerechten Eingruppierung ein Anspruch des Arbeitnehmers auf entsprechende Beschäftigung besteht. Im Fall der Korrektur einer mitgeteilten fehlerhaften Eingruppierung geht es demgegenüber gerade darum, daß der Arbeitgeber auf die Richtigkeit der tariflichen Eingruppierung hinführen will.

c) Da die Vorinstanzen den Inhalt der dem beklagten Landschaftsverband obliegenden Darlegungslast hinsichtlich der Fehlerhaftigkeit der am 14. Dezember 1972 mitgeteilten Eingruppierung verkannt haben, kann der Senat in der Sache nicht selbst entscheiden. Dem beklagten Landschaftsverband ist nicht hinreichend Gelegenheit gegeben worden, die ihm nach den dargelegten Grundsätzen obliegende Darlegungslast zu erfüllen. Das Arbeitsgericht hat dem Kläger in dem Auflagenbeschluß vom 4. März 1994 aufgegeben, im einzelnen für den Zeitraum ab 1. Januar 1981 bis zum 31. Dezember 1990 auszuführen, welche Arbeiten er in welchem zeitlichen Umfang erledigt habe und aus welchen Gründen welche Arbeiten besondere Leistungen erforderten bzw. besonders schwierig und bedeutungsvoll gewesen seien und ist damit von der Darlegungs- und Beweislast des Klägers ausgegangen. Das Landesarbeitsgericht hat in seinem Auflagenbeschluß vom 31. August 1995 darauf hingewiesen, daß der beklagte Landschaftsverband mit der Übergabe des Schreibens des Leiters der Arbeitsplatzbewertungskommission vom 28. Januar 1994 seiner Gegendarlegungslast nachgekommen sein dürfte, so daß den Kläger wieder die (volle) Darlegungslast treffen dürfte. Ein Hinweis zu der Darlegungspflicht des beklagten Landschaftsverbandes hinsichtlich der Fehlerhaftigkeit der Eingruppierung in der Mitteilung vom 14. Dezember 1972 ist somit nicht erfolgt, auch nicht in der Sitzung vom 9. Juli 1996, in der der Vorlagebeschluß zum Europäischen Gerichtshof gefaßt worden ist, bzw. in der letzten Sitzung vom 22. September 1998.

Dieser Rechtsfehler führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits gem. § 565 Abs. 1 ZPO.

II. Das Urteil erweist sich nicht gem. § 565 Abs. 3 Ziff. 1 ZPO als im Ergebnis zutreffend. Insbesondere ist die Klage nicht auf Grund arbeitsvertraglicher Vereinbarung einer Vergütung nach der VergGr. II MT-An/BAT-LWL oder einer solchen nach der VergGr. III Fallgr. 1 MT-An/BAT-LWL mit der Zusage der Teilnahme am Zeitaufstieg in die VergGr. II Fallgr. 5 MT-An/BAT-LWL begründet. Eine solche arbeitsvertragliche Vereinbarung liegt nicht vor. Insbesondere die Mitteilung des beklagten Landschaftsverbandes vom 14. Dezember 1972, wonach der Kläger als “Bauingenieur in die Vergütungsgruppe III MT-An eingestuft” sei, stellt eine solche Zusage nicht dar. Zwar kann es für eine arbeitsvertragliche Vereinbarung einer übertariflichen Vergütung sprechen, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bewußt eine höhere als die tariflich zutreffende Vergütungsgruppe mitteilt. Selbst wenn man zu Gunsten des Klägers unterstellt, die Mitteilung des beklagten Landschaftsverbandes vom 14. Dezember 1972 stelle eine solche Zusage dar, so folgt daraus nicht, daß dem Kläger damit auch ab 1. Januar 1991 Vergütung nach VergGr. II MT-An/BAT-LWL zusteht. Denn die vertragliche Vereinbarung einer übertariflichen Vergütung beinhaltet nicht gleichzeitig notwendig die vertragliche Zusicherung eines Bewährungs- oder Zeitaufstieges aus dieser Vergütungsgruppe. Tatsachen, die gleichwohl eine solche Zusicherung als gegeben erscheinen lassen könnten, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Der Annahme, dem Kläger könne durch die Mitteilung vom 14. Dezember 1972 nicht nur Vergütung nach der VergGr. III MT-An/BAT-LWL zuerkannt worden sein, sondern zugleich ein Zeit- oder Bewährungsaufstieg in die VergGr. II Fallgr. 5 MT-An/BAT-LWL, steht bereits der Umstand entgegen, daß die VergGr. II Fallgr. 5 MT-An/BAT-LWL erst 1991, mithin erst fast 20 Jahre später, in den Tarifvertrag eingefügt worden ist. Zuvor gab es diese Möglichkeit des Aufstiegs aus der VergGr. III MT-An/BAT-LWL nicht.

III. Im Rahmen der anderweiten Verhandlung hat das Landesarbeitsgericht dem beklagten Landschaftsverband Gelegenheit zu geben, die objektive Fehlerhaftigkeit der Eingruppierungsmitteilung vom 14. Dezember 1972 darzulegen und ggf. zu beweisen. Wenn der beklagte Landschaftsverband diese Fehlerhaftigkeit nicht darlegen will oder kann, kann er seiner Darlegungspflicht auch dadurch nachkommen, daß er nachweist, daß sich die Eingruppierung des Klägers später durch eine tarifrechtlich bedeutsame Änderung der Tätigkeit verändert hat. Nur wenn dem beklagten Landschaftsverband dieser Nachweis gelingt, obliegt es dem Kläger, seinerseits alle Voraussetzungen für die von ihm beanspruchte Eingruppierung darzulegen und ggf. zu beweisen.

IV. Das Landesarbeitsgericht hat auch über die Kosten des vorliegenden Revisionsverfahrens zu befinden.

 

Unterschriften

Schliemann, Friedrich, Wolter, Jürgens, Dräger

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1766837

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