Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsrechtlicher Status eines Rundfunk- und Fernsehsprechers

 

Normenkette

BGB §§ 611, 125 f.

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 06.10.1993; Aktenzeichen 3 Sa 69/93)

ArbG Stuttgart (Urteil vom 03.03.1993; Aktenzeichen 18 Ca 10229/92)

 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 6. Oktober 1993 – 3 Sa 69/93 – aufgehoben.

2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 3. März 1993 – 18 Ca 10229/92 – wird zurückgewiesen.

3. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht.

Der Kläger – nach seinem Vortrag Mitglied der IG Medien – ist seit Mai 1981 als Sprecher für die Beklagte tätig. Er spricht überwiegend Nachrichten für den Hörfunk. Daneben ist er auch als „Off-Sprecher”, d.h. nicht auf dem Bildschirm erscheinender Sprecher, für Fernsehsendungen tätig. Er gehört zu den „Stammsprechern”, die regelmäßig eingesetzt werden.

Die Beklagte behandelt den Kläger als sogenannten festen freien Mitarbeiter gemäß den Tarifverträgen für arbeitnehmerähnliche Personen. Der Kläger erhält „Honorare”, die nach Art und Anzahl der geleisteten Dienste errechnet werden. Er hat Anspruch auf Urlaub und Zahlung im Krankheitsfall.

Die Beklagte beschäftigt sowohl im Hörfunk wie auch im Fernsehen neben Sprechern, die sie wie den Kläger als feste freie Mitarbeiter ansieht, auch Sprecher, mit denen sie Arbeitsverträge abgeschlossen hat. Es gibt einen Chefsprecher.

Alle Sprecher werden über Dienstpläne eingesetzt. Nach Darstellung der Beklagten werden die Sprecher-Dienstpläne im Hörfunk in der Zentralen Disposition Hörfunk von der zuständigen Disponentin erstellt. Vier Wochen vor der Planwoche wird ein „Vorplan” erstellt, in dem die Terminwünsche der Mitarbeiter, vor allem die Urlaubsanmeldungen, bereits eingearbeitet werden. Aufgrund dieser Vorplanung erhält jeder Mitarbeiter einen Ausdruck, auf dem nur die ihn betreffenden Termine aufgelistet sind. Außerdem wird ein Gesamtplan, in dem alle disponierten Mitarbeiter eingetragen sind, im Sprecherzimmer ausgehängt. Die Mitarbeiter können dann innerhalb der nächsten zwei Wochen Änderungswünsche äußern. Der Vorplan wird dann ca. eine Woche vor der Planwoche unter Berücksichtigung der mitgeteilten Änderungswünsche aktualisiert. Von der aktualisierten Fassung erhält jeder Mitarbeiter einen Ausdruck. Auch für die Sprechertätigkeiten im Fernsehen werden Dienstpläne aufgestellt. Kurzfristige Änderungen werden jeweils aktuell abgestimmt. In der Abendschau wird der Kläger nach Bedarf beschäftigt. Der jeweilige Einsatz wird vereinbart.

Der Kläger erzielte in den letzten Jahren bei etwa 230 Einsatztagen jeweils einen Gesamtverdienst von ca. 100.000,00 DM. Von Dezember 1991 bis September 1992 war er monatlich jeweils an 22 bis 26 Tagen eingesetzt. Nach den Honoraraufstellungen der Beklagten für diesen Zeitraum bestand seine Tätigkeit ganz überwiegend im „Sprechen”. Daneben findet sich – im Durchschnitt monatlich etwa ein bis zweimal – unter der Rubrik „Mitwirkung als” auch die Bezeichnung „Moderation”.

Die Sprechertätigkeit im Hörfunk wird an einem festgelegten Platz ausgeübt. Im übrigen hält sich der Kläger während seiner Dienste in einem der vier Sprecherzimmer auf; unter dem diesen zugeordneten Hausapparaten ist er im Personen-, nicht aber im Sachteil des anstaltsinternen Telefonverzeichnisses mit dem beigesetzten Buchstaben „F.” – freier Mitarbeiter – aufgeführt. Der Kläger benutzt dabei einen Schreibtisch, der mit einer Wechselsprechanlage zur Nachrichtenredaktion versehen ist. Er hat jeweils stichwortartige „Meldungen über Sendeverlauf” abzugeben.

Ein Schreiben des Sendeleiters „an alle Redaktionen, Sprecher- und Moderatorinnen/en” vom 20. Dezember 1988 lautet auszugsweise:

„SDR-Verkehrsservice

Mancherlei Zweifelsfälle … waren … Anlaß, die internen Regelungen für den SDR-Verkehrsservice in SDR 1 und SDR 3 auf den neuesten Stand zu bringen.

… hat eine kleine Arbeitsgruppe … die in der Anlage zusammengefaßten Regelungen getroffen, die ab sofort allgemeinverbindlich sind.”

In einem „an alle Sprecherinnen und Sprecher” gerichteten Schreiben des „Chefsprechers Programmpräsentation HF” vom 17. Dezember 1992 heißt es:

„Hinweise zu: § 2 extra: „Heimat”

1. Unser Sonderprogramm zu den Festtagen dauert diesmal vom 21.12.1992 bis 06.01.1993 und firmiert als „§ 2 extra: Heimat”. Bitte verwenden sie nur diesen und keinen anderen Titel.

3. Für die Ansage der gekennzeichneten Sendungen gilt folgendes Verfahren: auf Jingle oder Zeitansage folgt (gleich, ob im Manuskript enthalten oder nicht) der Titel „§ 2 extra: Heimat”, danach der eigentliche Ansagetext.

…”

Mit Schreiben vom 22. Januar 1993 richtete der Chefsprecher an die Sprecher folgenden „Hinweis”:

„Auf folgende Regelungen möchte ich sie hinweisen:

  1. In SDR 1 gibt es seit der Programmänderung für alle Sendungen Jingles. Das bedeutet, daß sich Ansagen ändern müssen.

    Bei „Heute im Gespräch” z.B. erfolgt natürlich nur noch eine Zeitansage (und keine Stationsansage mehr!).

  2. Die Schlagzeilen in SDR 1 aktuell (Mo-Sa, 12.00 Uhr) werden vom Redakteur gelesen, ebenso Wetter und Verkehr nach den Nachrichten. Dafür präsentiert der/die Sprecher/in die Schlagzeilen um 12.30 Uhr.
  3. In der Sendung „Was uns betrifft” (SDR 1, sonntags 12.05–13.00 Uhr) entfallen künftig die Schlagzeilen um 12.30 Uhr. Stattdessen liest der/die Nachrichtensprecher/in ab sofort an dieser Stelle „Nachrichten vom Medienmarkt”, anschließend Verkehr und Lottozahlen.

…”

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er stehe in einem Arbeitsverhältnis. Er hat vorgetragen: Er sei weisungsgebunden. Das ergebe sich zunächst aus der Aufstellung von Dienstplänen. Änderungswünsche der Sprecher würden nur eventuell berücksichtigt. Der endgültige Wochenplan werde im Sprecherzimmer aufgehängt und von allen Sprechern abgezeichnet. Weiter werde ihm nicht nur die zeitliche Lage und der Umfang, sondern auch die Art und Weise seiner Tätigkeit vorgegeben. Der Chefsprecher erteile Weisungen in bezug auf Aussprache, Reihenfolge und Gestaltung der einzelnen Ansagen. Dabei mache die Beklagte keinerlei Unterschiede zwischen festangestellten, freien und festen freien Mitarbeitern. Neben seiner Sprechertätigkeit übernehme er gelegentlich Moderationen im Nachtdienst.

Im Mai 1992 habe er an Tagen, für die er bereits eingeteilt worden sei, bei Spots einer Werbefirma mitwirken können. Einen an sich möglichen Tausch von Diensten habe die Beklagte abgelehnt. Im Juni 1992 sei ihm vom einem Privatsender angeboten worden, von Fall zu Fall Nachrichten zu sprechen. Der Chefsprecher habe ihm auf Antrage erklärt, eine solche Tätigkeit werde ihm nicht erlaubt werden.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß er sich bei der Beklagten in einem Arbeitsverhältnis befindet.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen: Der Kläger sei freier Mitarbeiter. Die Dienstpläne enthielten nicht die Anordnung, die vorgesehenen Sprecherdienste tatsächlich zu leisten. Erst das Schweigen auf den Vorplan sei als Zusage zu werten. Erst der etwa eine Woche vor der Planwoche aktualisierte Plan mache die Diensteinteilung verbindlich. Mit dem Kläger würden für jeden Tag und für jeden Funktionsdienst gesonderte Honorarverträge geschlossen. Am Ende eines jeden Abrechnungszeitraums erhalte der Kläger Ausdrucke über sämtliche Honorarverträge dieses Zeitabschnitts.

Der Kläger erhalte zwar für seine Sprechertätigkeit inhaltliche Vorgaben. Diese seien jedoch nur allgemeiner Art. Liege ein Sprecher mit der Aussprache oder der Art der Darbietung einmal „daneben”, könne es sein, daß er vom Chefsprecher oder seiner Stellvertreterin darauf angesprochen und gebeten werde, solche Fehler zu vermeiden.

Es werde deutlich zwischen festangestellten und freien Mitarbeitern unterschieden. Anders als die festangestellten Mitarbeiter erhielten die freien Mitarbeiter keinen Freizeitausgleich für Wochenend- oder Abenddienste. Unterschiede gebe es auch im Hinblick auf den Arbeitsumfang. Die festangestellten Mitarbeiter könnten nur nach Maßgabe der Arbeitszeitordnung und des Manteltarifvertrags eingesetzt werden, hätten also eine 5-Tagewoche. Diese gelte für freie Mitarbeiter nicht.

Im übrigen schließe sie mit den Arbeitnehmern – wie der Kläger wisse – schriftliche Arbeitsverträge ab. Das sei bei ihm nicht geschehen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger ist Arbeitnehmer.

A. Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag des Klägers festzustellen, daß er sich bei der Beklagten in einem Arbeitsverhältnis befindet, dahin ausgelegt, daß er die Zeit ab 1. Dezember 1992 betrifft. Dieser Auslegung, die in der Revisionsinstanz nicht angegriffen worden ist, schließt sich der Senat an. So ist auch der Tenor des erstinstanzlichen Urteils zu verstehen.

Der Feststellungsantrag ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts zulässig. Der Kläger hat ein rechtliches Interesse daran, sein Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald feststellen zu lassen (§ 256 Abs. 1 ZPO). Wird ein Arbeitsverhältnis festgestellt, sind die zwingenden gesetzlichen Vorschriften anzuwenden, die ein Arbeitsverhältnis gestalten (ständige Rechtsprechung des Senats, zuletzt Urteil vom 20. Juli 1994 – 5 AZR 169/93 – AP Nr. 26 zu § 256 ZPO 1977 = EzA § 256 ZPO Nr. 43).

B. Das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts zu bejahen.

I.1. Ein Arbeitsverhältnis unterscheidet sich vom Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete jeweils befindet. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats, der auch das Landesarbeitsgericht gefolgt ist, sind die dazu entwickelten Grundsätze auch im Bereich Funk und Fernsehen maßgebend (vgl. das ebenfalls einen Mitarbeiter der Beklagten betreffende Urteil vom 20. Juli 1994 – 5 AZR 627/93 – AP Nr. 73 zu § 611 BGB Abhängigkeit = EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 54 und Urteil vom 30. November 1994 – 5 AZR 704/93 –, zur Veröffentlichung vorgesehen).

2. Hinsichtlich der nicht programmgestaltenden, aber rundfunk- und fernsehtypischen Mitarbeit an Sendungen hat der Senat mehrfach ausgesprochen, daß diese sich in der Regel nur im Rahmen von Arbeitsverhältnissen durchführen läßt (Urteile vom 16. Februar 1994 – 5 AZR 402/93 – AP Nr. 15 zu § 611 BGB Rundfunk = EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 52, 20. Juli 1994 – 5 AZR 627/93 – AP Nr. 73 zu § 611 BGB Abhängigkeit = EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 54, beide zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, und 30. November 1994 – 5 AZR 704/93 –, zur Veröffentlichung vorgesehen). Dies gilt insbesondere für routinemäßige Tätigkeiten als Sprecher, Aufnahmeleiter und Übersetzer (Urteil vom 3. Oktober 1975 – 5 AZR 162/74 – AP Nr. 15 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu II 3 a der Gründe; Urteile vom 16. Februar 1994 – 5 AZR 402/93 –, a.a.O. und vom 30. November 1994 – 5 AZR 704/93 –, zur Veröffentlichung vorgesehen; vgl. auch Urteil vom 9. März 1977 – 5 AZR 110/76 – AP Nr. 21 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu 2 c der Gründe). Unabhängig davon spricht auch bei nicht programmgestaltenden Mitarbeitern die Aufstellung von Dienstplänen für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses.

II. Hieran gemessen ist der Kläger Arbeitnehmer. Das zeigt sowohl die Art der ausgeübten Tätigkeit, als auch die Handhabung der Dienstpläne.

1. Der Kläger wird ganz oder ganz überwiegend als Sprecher eingesetzt. Er gehört also nicht zu den programmgestaltenden Mitarbeitern. Denn er verliest vorgegebene Texte. Seine gestalterische Freiheit ist gering. Die Hörfunk- und Fernsehsendungen, an denen er mitwirkt, werden nicht durch die individuelle, künstlerische oder stimmliche Befähigung und Aussagekraft der jeweiligen Sprecher geprägt. Es kann also dahinstehen, wie intensiv der Chefsprecher den Kläger kontrolliert und welche Anweisungen er ihm bezüglich Aussprache, Intonation usw. gibt.

2. Die Beklagte stellt Dienstpläne einseitig auf. Das Verfahren, längere Zeit vor dem Planungszeitraum einen „Vorplan” aufzustellen und diesen mit Rücksicht auf die Wünsche der Mitarbeiter, die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu äußern sind, ständig zu aktualisieren, ist üblich. Die Beklagte macht keinen Unterschied danach, ob ein Mitarbeiter Arbeitnehmer oder „freier Mitarbeiter” ist. Sie hat also den Sprechern das Recht eingeräumt, einzelne Einsätze abzulehnen. Ein ordnungsgemäßer Sendebetrieb ist aber nur gewährleistet, wenn die im Vorplan eingeteilten Mitarbeiter – abgesehen von Krankheit und anderen nicht beeinflußbaren Hinderungsgründen – jedenfalls überwiegend in dem zeitlich vorgesehenen Umfang und zu den vorgegebenen Zeiten zur Verfügung stehen. Anhaltspunkte, daß gerade der Kläger die im Vorplan vorgesehenen Einsätze nicht regelmäßig wahrnimmt, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

An der Arbeitnehmerstellung des Klägers ändert sich auch nichts dadurch, daß die Parteien einzelne Einsätze, insbesondere als Sprecher im Fernsehen, im Voraus absprechen. Im Arbeitsleben ist die Übung verbreitet, daß die Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusätzliche Einsätze gesondert vereinbaren. So werden in vielen Betrieben zu Überstunden nur Freiwillige herangezogen. Ein derartiges Verfahren erweist sich gerade bei vielbeschäftigten Mitarbeitern wie dem Kläger als sinnvoll.

3. Die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers wird dadurch bestätigt, daß die Beklagte auch im übrigen das Recht für sich in Anspruch nimmt, über die Durchführung des Vertragsverhältnisses einseitig zu bestimmen. Das zeigen die Schreiben des Sendeleiters und des Chefsprechers vom 20. Dezember 1988, 17. Dezember 1992 und vom 22. Januar 1993. Sie enthalten Weisungen an alle Sprecher. Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut. In den Schreiben ist davon die Rede, daß eine Regelung „gilt” oder „allgemeinverbindlich” ist. Doch auch bei anderer Wortwahl („… wird gebeten, folgendes zu beachten: …”) wäre das Ergebnis kein anderes. Maßgebend ist, daß die Beklagte ohne vorherige Vereinbarungen mit dem Kläger und anderen Mitarbeitern einseitig bis ins einzelne gehende Bestimmungen erläßt. Die Inanspruchnahme eines derartigen Weisungsrechts ist – wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 24. Juni 1992 (– 5 AZR 384/91 – AP Nr. 61 zu § 611 BGB Abhängigkeit) ausgesprochen hat – mit einem freien Mitarbeiterverhältnis nicht vereinbar.

4. Die bisherigen Ausführungen bezogen sich auf die Sprechertätigkeit des Klägers. Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, ob der Kläger – wie er behauptet und was die Honorarlisten der Beklagten nahelegen – gelegentlich auch als Moderator tätig war. Das kann hier auf sich beruhen. Treffen die Behauptungen des Klägers zu, so war er auch bei diesen Einsätzen Arbeitnehmer. Da diese Einsätze – wenn überhaupt – nur selten und unregelmäßig stattfanden, haben sie das Vertragsverhältnis der Parteien nicht geprägt. Entscheidend ist, daß der Kläger daraus keinen Anspruch herleiten kann, in Zukunft als Moderator eingesetzt zu werden.

III. Das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses kann auch nicht deswegen verneint werden, weil kein Arbeitsvertrag von der zuständigen Abteilung der Beklagten abgeschlossen wurde. Wegen der Begründung wird auf das Urteil vom 20. Juli 1994 (a.a.O.) verwiesen.

Es ist auch unschädlich, daß die Schriftform der Ziffer 211.2 des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer des Süddeutschen Rundfunks nicht gewahrt ist. Diese Vorschrift lautet:

„Eine schriftliche Fassung des Arbeitsvertrages wird dem Arbeitnehmer zusammen mit diesem Manteltarifvertrag spätestens bei Beginn des Arbeitsverhältnisses ausgehändigt. …”

Tarifbestimmungen, nach denen Arbeitsverträge schriftlich abgeschlossen werden müssen, können einer gesetzlichen Formvorschrift im Sinne der §§ 125 Satz 1 und 126 Abs. 1 BGB gleichstehen (BAG Urteil vom 9. Februar 1972 – 4 AZR 149/71 – AP Nr. 1 zu § 4 BAT; Urteil vom 24. Juni 1981 – 7 AZR 198/79 – AP Nr. 2 zu § 4 TVG Formvorschriften). Durch Auslegung der Tarifnorm ist zu ermitteln, ob sie ein konstitutives oder lediglich deklaratorisches Schriftformerfordernis aufstellt, d.h. ob die Rechtsfolge seiner Nichtbeachtung in der Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts besteht oder nicht (BAG Urteil vom 6. September 1972 – 4 AZR 422/71 – AP Nr. 2 zu § 4 BAT; Urteil vom 24. Juni 1981, a.a.O.). Bei einem globalen, sich auf den ganzen Vertrag erstreckenden Formgebot liegt im Zweifel nur eine deklaratorische Formvorschrift vor, weil die Tarifverträge letztlich den Arbeitnehmer schützen sollen und diesem ein schlechter Dienst erwiesen wäre, wenn sein Arbeitsvertrag wegen Formmangels unwirksam wäre. Bezieht sich eine Formvorschrift dagegen auf einzelne gefährliche Arbeitsbedingungen oder auf Kündigungen, spricht dies für eine konstitutive Schriftform (Wiedemann/Stumpf, TVG, 5. Aufl., § 1 Rz 204; Corts, Anm. zu LAG Berlin, AP Nr. 1 zu § 4 TVG Formvorschriften).

Ziffer 211.2 MTV enthält nur eine deklaratorische Formvorschrift. Gegen eine konstitutive Schriftform spricht hier schon der Umstand, daß die Form nicht notwendig vor Arbeitsaufnahme erfüllt werden muß (Birk, Anm. II zu EzA § 397 BGB Nr. 3; offen gelassen im Urteil des BAG vom 24. Juni 1981, a.a.O.). Im übrigen handelt es sich um eine globale Formvorschrift.

IV. Die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistete Rundfunkfreiheit steht der Annahme eines Arbeitsverhältnisses nicht entgegen. Das folgt bereits daraus, daß der Kläger nicht zu den programmgestaltenden Mitarbeitern gehört.

 

Unterschriften

Griebeling, Schliemann, Reinecke, Rolf Steinmann, Frey

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1087209

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