Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung des Feiertagslohns im Druckgewerbe

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie vom 6. Juli 1984 idF vom 10. März 1989 enthält eine Regelung für die Bezahlung von Feiertagen. Hiernach sind Überstunden bei der Berechnung der Feiertagsvergütung zu berücksichtigen, wenn (1) in der Arbeitswoche, in die der Feiertag fällt, regelmäßig Überstunden anfallen oder (2) in den zwei vorangegangenen Wochen an dem dem Wochentag entsprechenden Feiertag Überstunden geleistet wurden, die mit den Besonderheiten im Druckgewerbe zusammenhängen.

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Entscheidung vom 24.04.1991; Aktenzeichen 9 Sa 1928/89)

ArbG Hagen (Westfalen) (Entscheidung vom 08.11.1989; Aktenzeichen 3 Ca 402/89)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der Vergütung für eine wegen des Feiertages Ostermontag, dem 27. März 1989, ausgefallene Schicht.

Der Kläger ist als Drucker im Druckereibetrieb der Beklagten in Hagen beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in der ab 10. März 1989 geltenden Fassung Anwendung (nachfolgend: MTV).

Der Kläger arbeitet in Wechselschichten nach näherer betrieblicher Einteilung (Schichtplan). Am Montag, dem 13. März 1989, arbeitete der Kläger in einer Sonderschicht außerhalb seiner regulären Schichteinteilung in der Zeit von 19.30 Uhr bis 3.30 Uhr des Folgetages.

Am 20./21. März 1989 arbeitete der Kläger entsprechend seiner regulären Schichteinteilung in der Zeit von 17.30 Uhr bis 3.30 Uhr.

Am 27. März 1989 (Ostermontag) war der Kläger regulär zur Spätschicht eingeteilt, deren zeitliche Lage zwischen den Parteien streitig ist. Diese Schicht fiel wegen des gesetzlichen Feiertages (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 FeiertagsG NW) aus.

Gleichwohl arbeitete der Kläger an diesem Tag, außerhalb seiner regulären Schichteinteilung, in einer 7,5-stündigen, in den 28. März 1989 hineinragenden Schicht (Sonderschicht), deren zeitliche Lage zwischen den Parteien streitig ist.

Die Beklagte zahlte dem Kläger für die ausgefallene Schicht eine Feiertagsbezahlung in Höhe des Lohnes für 7,5 Stunden. Für die vom Kläger verfahrene Sonderschicht zahlte die Beklagte den Lohn für 7,5 Stunden Feiertagsarbeit mit Feiertagszuschlag.

Im Betrieb der Beklagten werden die Lohnabrechnungen jeweils in den ersten zehn Tagen des Folgemonats erstellt.

Der Kläger hat behauptet, er sei am 27. März 1989 für die von 14.00 bis 22.00 Uhr dauernde Spätschicht eingeteilt gewesen. Als Sonderschicht habe er die von 19.30 Uhr bis 3.30 Uhr des Folgetages dauernde Nachtschicht geleistet.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, bei der Berechnung der Feiertagsbezahlung für die ausgefallene Spätschicht seien zusätzlich vier Überstunden zu berücksichtigen, da er am Montag, dem 13. März 1989, zur Bewältigung einer Arbeitsspitze acht Überstunden geleistet und am 20. März keine Überstunden erbracht habe. An dem maßgeblichen Wochentag (Montag) der zwei dem Feiertag vorgelagerten Wochen habe er daher im Durchschnitt vier Überstunden geleistet, die gemäß Ziff. (3) Abs. 3 b der Durchführungsbestimmungen zu § 6 MTV bei der Berechnung der Feiertagsvergütung zu berücksichtigen seien.

Der Kläger hat mit Schreiben vom 1. Juni 1989 seinen Anspruch in unstreitiger Höhe von 83,36 DM gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Diesen lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 19. Juni 1989 ab. Mit der am 25. Juli 1989 zugestellten Klage hat der Kläger seinen Anspruch weiterverfolgt.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 83,36 DM

brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 25. Juli 1989 zu

zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger sei am 27. März 1989 für die von 19.30 Uhr bis 3.30 Uhr des Folgetages dauernde Spätschicht eingeteilt gewesen. Die Sonderschicht habe der Kläger von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr des Folgetages geleistet.

Die am 13. März 1989 geleisteten Überstunden seien bei der Berechnung der Bezahlung für die wegen der Feiertage ausgefallene Spätschicht nicht zu berücksichtigen. Diese Überstunden seien nämlich lediglich wegen einer kurzfristigen hohen Abwesenheitsquote infolge Urlaub und Krankheit erforderlich gewesen. Nach Ziff. (3) Abs. 3 b der Durchführungsbestimmungen zu § 6 MTV seien jedoch nur diejenigen Überstunden zu berücksichtigen, die grundsätzlich an dem betreffenden Wochentage aufgrund eines regelmäßig an diesem Tage auftretenden Arbeitsüberhanges anfallen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprochen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf weitere Feiertagsvergütung.

I.Der Kläger hat keinen gesetzlichen Anspruch auf Bezahlung von vier ausgefallenen Überstunden.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 FeiertagslohnzahlungsG hat der Arbeitgeber für die Zeit, die "infolge" des gesetzlichen Feiertages ausfällt, den Arbeitnehmern den Arbeitsverdienst zu zahlen, den sie ohne den Feiertag erhalten hätten. Es gilt das Lohnausfallprinzip (BAGE 38, 255, 257 = AP Nr. 36 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG, m.w.N.). Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Arbeitnehmer so zu stellen, wie dieser gestanden hätte, wenn die Arbeit nicht infolge des Feiertages ausgefallen wäre (BAGE 58, 321 = AP Nr. 56 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG). Für die Feststellung eines feiertagsbedingten Arbeitsausfalles ist entscheidend allein die für den in Rede stehenden Arbeitnehmer maßgebende Arbeitszeitregelung, die für den Feiertag gegolten hätte, wenn dieser ein Arbeitstag gewesen wäre (BAGE 56, 375 = AP Nr. 52 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG; BAG Urteil vom 16. März 1988 - 4 AZR 626/87 - AP Nr. 19 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel).

Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer daher auch einen Feiertagslohn für ausgefallene Überstunden zu bezahlen, wenn der Arbeitnehmer ohne den Feiertag diese Überstunden geleistet hätte (BAG Urteil vom 26. März 1985 - 3 AZR 239/83 - AP Nr. 47 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG). Ein Anspruch auf Feiertagslohn besteht jedoch nur, wenn der Feiertag die alleinige Ursache des Arbeitsausfalles bildet (BAGE 58, 321 = AP Nr. 56 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG).

Hinsichtlich der tatsächlichen Voraussetzungen trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast (BAG Urteil vom 26. März 1985 - 3 AZR 239/83 - AP Nr. 47 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG).

Diese Voraussetzungen hat der Kläger nicht dargelegt. Der Kläger hat nicht behauptet, für ihn seien infolge des auf den 27. März 1989 fallenden Feiertages (Ostermontag) vier Überstunden ausgefallen; er hat ebensowenig vorgetragen, er hätte ohne diesen Feiertag nach der für ihn maßgeblichen Arbeitszeitregelung vier Überstunden geleistet. Der Kläger hat vielmehr lediglich behauptet, er habe am 13. März 1989 acht Überstunden und damit an den zwei dem Ostermontag vorangehenden Montagen im Durchschnitt vier Überstunden geleistet. Damit hat der Kläger seiner Darlegungslast wegen der anspruchsbegründenden Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 FeiertagslohnzahlungsG nicht genügt.

Zwar kann die Regelmäßigkeit von in der Vergangenheit geleisteten Überstunden ein Indiz dafür sein, daß auch an dem Feiertag Überstunden ausgefallen sind (BAG Urteil vom 26. März 1985 - 3 AZR 239/83 - AP Nr. 47 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG; BAG Urteil vom 28. Februar 1964 - 1 AZR 464/63 - AP Nr. 16 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG). Weiterhin kann der vom Arbeitnehmer zu führende Beweis dafür, daß Überstunden infolge des Feiertages ausgefallen sind, nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises als geführt gelten, wenn unmittelbar vor und nach dem Feiertag längere Zeit Überstunden geleistet wurden (BAG Urteil vom 28. Februar 1964 - 1 AZR 464/63 - AP Nr. 16 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG; BAG Urteil vom 26. März 1985 - 3 AZR 239/83 - AP Nr. 47 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG). Diese Grundsätze betreffen jedoch nur die Frage der Beweisführung hinsichtlich eines dargelegten und bestrittenen Tatsachenvortrages. Allein der Vortrag, er habe am 13. März 1989 acht Überstunden und damit in den zwei dem Feiertage vorangegangenen Montagen im Durchschnitt vier Überstunden erbracht, reicht nicht aus. Denn im Bereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 FeiertagslohnzahlungsG gilt nicht das Durchschnittsprinzip, sondern das Lohnausfallprinzip (BAG Urteil vom 5. Juli 1979 - 3 AZR 173/78 - AP Nr. 33 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG; BAG Urteil vom 17. April 1975 - 3 AZR 289/74 - AP Nr. 32 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG).

II.Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feiertagsbezahlung gem. § 6 Nr. 1 MTV.

1.a)Der MTV findet nach den ungerügten Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Das Landesarbeitsgericht hat zwar keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Parteien im Arbeitsvertrag auf den MTV Bezug genommen haben oder eine beiderseitige Organisationszugehörigkeit vorliegt. Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es hierauf jedoch nicht an, da die Rechtslage in beiden Fällen die gleiche ist.

b)Für die Entscheidung sind folgende Bestimmungen des MTV heranzuziehen:

§ 6 Feiertage (1)

1. Für gesetzliche Feiertage ist der entspre-

chende Lohnausfall zu bezahlen (2).

2. Die Feiertagsbezahlung erfolgt in der Weise,

daß der Arbeitnehmer für den Tag den gleichen

Lohn ohne Zuschlag für Feiertagsarbeit und

ohne Antrittsgebühr erhält, den er verdient

haben würde, wenn er gearbeitet hätte (3) (4).

...

...

Durchführungsbestimmungen zu § 6

(1) Die gesamten Bestimmungen über die Fei-

ertagsbezahlung und die Bezahlung von Ar-

beit an Feiertagen sind in der Durchfüh-

rungsbestimmung (4) zu § 8 zusammengefaßt.

(2) "Feiertage" sind alle Tage, an denen auf-

grund gesetzlicher Regelung die Arbeit zu

ruhen hat. Für diese Feiertage darf ein

Lohnabzug nicht erfolgen. ...

...

(3) Fällt ein gesetzlicher Feiertag auf einen

arbeitsfreien Sonntag oder einen arbeits-

freien Werktag, besteht kein Anspruch auf

Feiertagsbezahlung...

Grundsatz ist, daß einem Arbeitnehmer durch

einen Feiertag keine Lohneinbuße entstehen

darf. Umgekehrt soll aber auch niemand

einen Vorteil davon haben, d.h., fällt ein

zu bezahlender Feiertag auf einen Samstag,

an dem der betreffende Arbeitnehmer norma-

lerweise nur 4 Stunden gearbeitet hätte,

sind ihm nur diese 4 Stunden zu bezahlen...

Weiterhin folgt hieraus, daß Überstunden

bei der Feiertagsbezahlung zu berücksichti-

gen sind, wenn der betreffende Arbeitnehmer

nach der Arbeitseinteilung an diesem Tage

Überstunden geleistet hätte. Hierüber sind

betriebliche Vereinbarungen zulässig. Be-

stehen solche nicht, gilt folgendes:

a) Es handelt sich um einen Betrieb, in wel-

chem in der Woche, in die der Feiertag

fällt, infolge erhöhten Auftragsanfalls

Überstunden geleistet wurden und zwar an

allen Arbeitstagen der Woche, evtl. un-

gleichmäßig verteilt. In einem solchen Fall

ist der Durchschnitt der Überstunden der

übrigen Arbeitstage dieser Woche zu ermit-

teln und zu berücksichtigen.

b) In anderen Fällen, insbesondere in Zei-

tungs- und Zeitschriftendruckereien, kommt

es vor, daß an bestimmten Tagen Arbeits-

spitzen durch Überstunden zu bewältigen

sind. In einem solchen Fall ist festzustel-

len, wieviel Überstunden an dem betreffen-

den Tage, auf den der Feiertag fällt, in

den dieser Woche vorgelagerten 2 Wochen ge-

leistet wurden. Der sich so ergebende

Durchschnitt ist bei der Berechnung der

Feiertagsbezahlung zu berücksichtigen.

...

...

§ 8

Zuschläge

...

...

Durchführungsbestimmungen zu § 8

...

(4) Feiertagsbezahlung und Bezahlung von Arbeit

an Feiertagen

I. Feiertage an denen nicht gearbeitet wird:

1. Der Feiertag fällt auf einen Tag, an dem

normalerweise gearbeitet worden wäre.

Grundsatz:

Es besteht Anspruch auf Bezahlung desselben

Lohnes, den der Arbeitnehmer verdient haben

würde, wenn er an diesem Tage gearbeitet

hätte (ohne Zuschlag für Feiertagsarbeit

und ohne Antrittsgebühr jedoch einschließ-

lich etwaiger Zuschläge für Sonntagsarbeit,

etwaiger Zuschläge für Nachtarbeit sowie

der Bezahlung für etwaige Überstunden im

Sinne der Durchführungsbestimmungen zu

§ 6 (3) Abs. 3).

...

II. Feiertage an denen gearbeitet wird.

1. Der Feiertag fällt auf einen Tag, an dem

auch normalerweise gearbeitet worden wäre.

Grundsatz:

Der Arbeitnehmer erhält zunächst die Feiertagsbe-

zahlung gem. I Ziff. 1, die jedem Arbeitnehmer,

falls er an dem betreffenden Tage gearbeitet

hätte, nach diesem Tarifvertrag zusteht, auch

wenn er an diesem Feiertag nicht gearbeitet

hat...

Außerdem erhält der Arbeitnehmer, weil er arbei-

tet, für diese Feiertagsarbeit den ihm hierfür

zustehenden Lohn einschließlich einer etwaigen

Antrittsgebühr.

..."

2.a)Nach § 6 Abs. 1 MTV ist damit für gesetzliche Feiertage der entsprechende Lohn zu zahlen, und zwar erhält der Arbeitnehmer für diesen Tag den gleichen Lohn ohne Zuschlag für Feiertagsarbeit und ohne Antrittsgebühr, den er für Arbeit erhalten hätte, also einschließlich einer etwaigen Überstundenvergütung. Deren Ausgleich richtet sich nach den Durchführungsbestimmungen zu § 6, welche gem. § 17 MTV Bestandteil des Tarifvertrages sind. Danach sind Betriebsvereinbarungen über die Bezahlung der Überstunden zulässig. Vorliegend hat der Kläger den Bestand einer solchen Betriebsvereinbarung nicht behauptet, so daß die Auslegungsregeln des Tarifvertrages eingreifen.

b)Nach den Durchführungsbestimmungen zu § 6 Abs. 3 Unterabs. 3 a MTV ist für die Feiertagsbezahlung der Durchschnitt der Überstunden der Arbeitstage der Woche, in die der Feiertag fällt, zu ermitteln, wenn in dieser Woche infolge erhöhten Auftragsanfalls Überstunden geleistet wurden und zwar an allen Arbeitstagen, wenn auch evtl. ungleichmäßig verteilt. Mit dieser Regelung haben die Tarifvertragsparteien mithin das Tatbestandsmerkmal des zu zahlenden regelmäßigen Arbeitsentgelts näher definiert. Überstunden sollen auch am Feiertag bezahlt werden, wenn in der Feiertagswoche regelmäßig Überstunden geleistet wurden.

c)Demgegenüber wird in § 6 Abs. 3 Unterabs. 3 b MTV besonderen Fallgestaltungen insbesondere in Zeitungs- und Zeitschriftendruckereien Rechnung getragen. Fallen etwa wegen des Redaktionsschlusses oder wegen des erhöhten Einganges von Anzeigenaufträgen für die Wochenendausgaben an diesem Tage der Woche regelmäßig Überstunden an, so sollen diese Überstunden gleichfalls berücksichtigt werden, ohne daß während der gesamten Feiertagswoche Überstunden geleistet wurden. Die Tarifvertragsparteien haben damit also für regelmäßig an bestimmten Tagen auftretende Überstunden eine Auslegungsregel dahin geschaffen, daß diese ebenfalls bei der Feiertagsbezahlung berücksichtigt werden.

d)Die Tarifvertragsparteien haben allerdings nicht ausdrücklich geregelt, ob dies nur für regelmäßig an einem bestimmten Wochentag anfallende Überstunden gilt oder für sämtliche, auch unregelmäßig geleistete Überstunden.

Die Auslegung der tarifvertraglichen Regelung ergibt, daß die Durchführungsbestimmung zu § 6 Ziff. (3) Abs. 3 b Satz 1 MTV nur diejenigen Fälle erfaßt, in denen an bestimmten im voraus feststehenden Wochentagen regelmäßig Arbeitsspitzen durch Überstunden zu bewältigen sind. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

aa)Der Wortlaut des Begriffs "Arbeitsspitzen", dem nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch die Bedeutung einer "besonderen Arbeitsbelastung" zukommt (Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 1. Bd., S. 307; Duden, Deutsches Universalwörterbuch A-Z, S. 137), ist zwar für sich genommen nicht aussagekräftig, da eine besondere Arbeitsbelastung auch bei einmaligen Überstunden vorliegen kann.

Entscheidend ist jedoch, daß diese Arbeitsspitzen "an bestimmten Tagen" durch Überstunden zu bewältigen sein müssen. Das Adjektiv "bestimmt" bedeutet nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch soviel wie feststehend, festgesetzt, festgelegt, speziell (Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 1. Bd., S. 648; Duden, Deutsches Universalwörterbuch A-Z, S. 247). Der Tarifwortlaut erfordert mithin Überstunden, die zu feststehenden Wochentagen und damit regelmäßig immer wieder auftreten.

Weiterhin bestätigt die im Tarifwortlaut verwendete Zeitform der Gegenwart ("zu bewältigen sind"), daß einmalig oder unregelmäßig in der Vergangenheit geleistete Überstunden bei der Berechnung der Feiertagsbezahlung keine Berücksichtigung finden sollen. Vielmehr müssen Überstunden vorliegen, die auch noch gegenwärtig und zukünftig zu feststehenden Wochentagen mit einer gewissen Regelmäßigkeit anfallen. Dafür spricht auch, daß die hier angesprochenen Fälle zwar nicht ausschließlich, aber doch "insbesondere" in Zeitungs- und Zeitschriftendruckereien vorkommen. Es handelt sich hierbei um periodisch und regelmäßig erscheinende Druckerzeugnisse (vgl. Durchführungsbestimmungen zu § 3 Ziff. (2 b); Durchführungsbestimmung zu § 7 Ziff. (6) Abs. 2), die regelmäßig und zu im voraus festgelegten Terminen periodisch erscheinen. Auch dieses rechtfertigt die Annahme, daß die in der Durchführungsbestimmung zu § 6 Ziff. (3) Abs. 3 b Satz 1 geregelten Fälle diejenigen sind, bei denen regelmäßig zu im voraus feststehenden Wochentagen Arbeitsspitzen durch Überstunden zu bewältigen sind.

bb)Auch der tarifliche Gesamtzusammenhang bestätigt diese Auslegung. Die gesamten Bestimmungen über die Feiertagsbezahlung sind in der Durchführungsbestimmung zu § 8 Ziff. (4) zusammengefaßt (Durchführungsbestimmung zu § 6 Ziff. (1)). Bei der Durchführungsbestimmung zu § 8 Ziff. (4) ist ein Beispiel mit tariflich berücksichtigungsfähigen Überstunden aufgeführt. Dort heißt u.a.:

"Normalerweise wird montags gearbeitet, und zwar

regelmäßig mit 1 Überstunde."

Daraus folgt aber, daß bei der Feiertagsbezahlung zu berücksichtigende Überstunden gem. der Durchführungsbestimmung zu § 6 Ziff. (3) Abs. 3 b nur die regelmäßig bzw. normalerweise an bestimmten Wochentagen anfallenden Überstunden sind.

Der Einwand der Revision, insoweit handele es sich nur um ein Beispiel und es seien andere Fallgestaltungen denkbar, ist im vorliegenden Falle nicht begründet. Ein Beispiel stellt seinem Wesen nach zwar keine abschließende Umschreibung oder Definition dar, ist jedoch ein Maßstab und Richtlinie für die Tarifvertragsauslegung (BAGE 51, 59, 87 f. = AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

Begrifflich ist ein Beispiel ein Vorbild, Muster, ein einzelner Fall, der zur Veranschaulichung ähnlicher Fälle dient (Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 1. Bd., S. 582) bzw. ein typischer Einzelfall (Duden, Deutsches Universalwörterbuch A-Z, S. 229). Der vorliegend auf regelmäßig an bestimmten Wochentagen anfallende Überstunden abgestellte Beispielsfall verhält sich aber gegenüber einmaligen oder unregelmäßig anfallenden Überstunden geradezu diametral. Der vorliegende Fall ist damit kein ähnlicher Fall, zu dessen Veranschaulichung der tarifliche Beispielsfall dienen könnte, sondern der genau entgegengesetzte Fall.

3.Der Kläger hat die Voraussetzungen des Überstundenzuschlags für die Feiertagsbezahlung nicht hinreichend dargelegt.

a)Der Kläger hat zwar in der Feiertagswoche eine Zusatzschicht geleistet, die als Überstunden zu bewerten ist. Er hat jedoch nicht einmal behauptet, während der ganzen Woche regelmäßig Überstunden erbracht zu haben.

b)Die Voraussetzungen der Regelung in Abs. 3 Unterabs. 3 b sind nicht gegeben, weil der Kläger nach seinem eigenen Vortrag am Montag, dem 13. März 1989, nur eine Sonderschicht verfahren hat, die zufällig am gleichen Wochentag anfiel, an dem zwei Wochen später Feiertag (Ostermontag) war. Diese Sonderschicht hat aber mit den spezifischen Bedürfnissen der Druckindustrie nichts zu tun.

4.Der Kläger kann sich schließlich nicht darauf berufen, die tarifliche Regelung der Bezahlung der Überstunden sei wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 1 Satz 1 FeiertagslohnzahlungsG unwirksam. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die gesamte Regelung der Feiertagsbezahlung im MTV in allen Einzelheiten den gesetzlichen Regelungen entspricht. Jedenfalls ist gegen die Bemessung der Überstundenvergütung im Rahmen der Feiertagsbezahlung, insbesondere die nur teilweise Einbeziehung von Überstunden, die nicht infolge des Feiertages ausgefallen sind, nichts einzuwenden. Zumindest können die Tarifvertragsparteien für die im Gesetz nicht geregelte Bemessung des regelmäßigen Entgelts Auslegungsregeln schaffen.

5.Da nach alledem schon kein Anspruch des Klägers auf weitere Feiertagsbezahlung besteht, kann es dahinstehen, ob ein derartiger Anspruch vom Kläger rechtzeitig geltend gemacht worden ist.

6.Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Schaub Dr. Etzel Schneider

Dr. Konow Schwitzer

 

Fundstellen

Haufe-Index 439271

DB 1992, 1939-1940 (LT1)

AiB 1992, 544 (LT1)

NZA 1992, 940

NZA 1992, 940-942 (LT1)

RdA 1992, 286

AP § 1 FeiertagslohnzahlungsG (LT1), Nr 64

AfP 1992, 407

AfP 1992, 407 (S)

EzA § 4 TVG Druckindustrie, Nr 23 (LT1)

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