Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitbestimmungsrechte der Betriebsvertretung

 

Leitsatz (amtlich)

Auch nach der Neufassung des Unterzeichnungsprotokolls zu Art 56 Abs 9 des Zusatzabkommens zum Nato-Truppenstatut durch die Vereinbarung vom 18. Mai 1981 hat die Betriebsvertretung nach Abs 6a dieses Unterzeichnungsprotokolls ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung der gleitenden Arbeitszeit in der Dienststelle.

Im personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren ist auch die Stufenvertretung berechtigt, die Feststellung zu beantragen, daß dem örtlichen Personalrat ein Mitbestimmungsrecht zusteht (im Anschluß an BVerwG Beschluß vom 4. April 1985 – 6 P 37.82 – PersV 1987, 155).

 

Normenkette

ZA-Nato-Truppenstatut Art. 56 Abs. 9; Unterzeichnungsprotokoll zum Zusatzabkommen zu Art. 56 Abs. 9 i.d.F. des Abkommens vom 18. Mai 1981 (BGBl. 1982 II, S. 530) Abs. 6a; BPersVG § 75 Abs. 3 Nr. 1; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 2; ArbGG § 81

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Beschluss vom 22.03.1989; Aktenzeichen 11 TaBV 20/89)

ArbG Mönchengladbach (Beschluss vom 13.12.1988; Aktenzeichen 3 (2) BV 42/88)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Hauptquartiers gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 22. März 1989 – 11 TaBV 20/89 – wird zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

A. Antragstellerin ist die bei dem Hauptquartier der Britischen Rheinarmee (HQ-BAOR – im folgenden nur Hauptquartier) gebildete Hauptbetriebsvertretung (im folgenden nur HBV). Dem Hauptquartier zugeordnet ist eine Organisation für Liegenschaften und Bauwesen (Property Services Agency = PSA). Oberster Leiter des Hauptquartiers und auch der PSA-Dienststellen ist der “Commander in Chief BAOR”, sein Vertreter nach § 7 BPersVG der “Delegated Military Representative (DMR) for Commander in Chief BAOR”. Mittelbehörde ist das 1 (BR) Corps B… unter Leitung des Commander 1 (BR) Corps, dem als PSA-Dienststelle der “Regional Director PSA” zugeordnet ist. Nachgeordnete örtliche (PSA-)Dienststellen sind u.a. die Area Works Offices (AWO) in B… und H…, denen jeweils ein Area Works Officer vorsteht.

Personalvertretungsrechtlich gehören die PSA-Dienststellen beim Hauptquartier zur Zuständigkeit der HBV, beim 1 (BR) Corps B… zur Zuständigkeit der Bezirksbetriebsvertretung (im folgenden nur BBV). In der AWO B… und H… sind Betriebsvertretungen gewählt worden.

Bei den PSA-Dienststellen werden auch Personen britischer Staatsangehörigkeit beschäftigt, sogenannte “United Kingdom Based Civilians = UKBC”. Einige von ihnen sind britische Beamte der PSA bzw. solche aus dem Ministry of Environment. Diese werden für einen Zeitraum von etwa zwei Jahren zu einer deutschen PSA-Dienststelle versetzt. Nach ihren Verträgen sind sie berechtigt, die zeitliche Lage ihrer Wochenarbeitszeit frei zu bestimmen.

Bei der AWO B… sind 16 UKBC, 47 Zivilangestellte und sechs Zivilarbeiter, bei der AWO H… 17 UKBC, 56 Zivilangestellte und sieben Zivilarbeiter beschäftigt.

Die Betriebsvertretungen AWO B… und AWO H… begehren für die dort beschäftigten Zivilarbeitnehmer die Einführung der Gleitzeit unter Hinweis auf die freie Arbeitszeit der UKBC. Unter Hinweis auf ihr Mitbestimmungsrecht beantragte die Betriebsvertretung AWO B… am 16. Juli 1987 und die Betriebsvertretung AWO H… am 13. Juli 1987 beim jeweiligen Area Works Officer die Einführung der gleitenden Arbeitszeit. Das wurde von diesen mit Schreiben vom 30. Juli 1987 bzw. 22. Juli 1987 abgelehnt. Die Betriebsvertretungen beschlossen daraufhin am 4. August 1987 bzw. 28. Juli 1987, die Angelegenheit der übergeordneten Dienststelle, dem 1 (BR) Corps B…, vorzulegen. Diese lehnte mit Bescheid vom 22. Oktober 1987 die Anträge ab. Die BBV 1 (BR) Corps B… beschloß daraufhin am 28. bzw. 27. Oktober 1987, die Angelegenheit der obersten Dienststelle, dem Hauptquartier, vorzulegen. Zwischen dem Hauptquartier und der HBV fanden wiederholt Besprechungen über diese Angelegenheit statt, zuletzt am 25. August 1988. Mit Bescheid vom 30. August 1988 lehnte das Hauptquartier die Anträge ab. In diesem Schreiben heißt es u.a.:

  • Der Regional Director PSA hält an der Auffassung fest, daß eine flexible Arbeitszeitregelung für LEC Arbeitnehmer (Locally Engaged Civilians) nicht in Frage kommt; es hat sich daher an der Position nach unserem Schreiben Bezug C nichts geändert. Ihr Standpunkt, nachdem die Praxis der flexiblen Arbeitszeit erfolgreich gewesen sei, ist Ansichtssache und wird vom leitenden Management nicht geteilt, da ein solches System weder verwaltungsmäßige noch finanzielle Vorteile bringt.
  • In Anbetracht des oben gesagten entscheide ich, daß dem Antrag der BBV auf Einführung der gleitenden Arbeitszeit nicht stattgegeben wird.”

Die HBV beschloß daraufhin am 20. September 1988, die Einigungsstelle anzurufen, und teilte dies dem Hauptquartier mit.

Dieses antwortete am 4. Oktober 1988:

“… Nach Auffassung der Geschäftsleitung ist die Forderung nach Einführung der gleitenden Arbeitszeit nicht nach § 75 BPersVG mitbestimmungspflichtig, wenn man dabei das Unterzeichnungsprotokoll Abs. 6a berücksichtigt.

Ich kann der Weiterleitung der Angelegenheit nach Maßgabe des Bezugs B (§ 71 BPersVG) deshalb nicht zustimmen.”

Die Hauptbetriebsvertretung machte daraufhin am 28. Oktober 1988 das vorliegende Beschlußverfahren anhängig. Im Hinblick darauf schrieb das Hauptquartier am 9. November 1988 an die HBV u. a.:

  • … muß ich Ihnen mitteilen, daß, sollten die Gerichte in Ihrem Sinne entscheiden, ich verpflichtet bin sicherzustellen, daß militärische Interessen geschützt werden. Ich werde mich in diesem Falle auf die Bestimmungen des Absatzes 6a des Unterzeichnungsprotokolls zu Artikel 56 NATO SOFA berufen und anführen, daß jedweder Mitbestimmung in diesem Falle zwingende Gründe der Erfüllung der Verteidigungspflichten der Truppe entgegenstehen.
  • … ”

Die HBV hat vor dem Arbeitsgericht zunächst beantragt

  • festzustellen, daß ihr – der HBV- ein Mitbestimmungsrecht zusteht

    • bei der Frage, ob bei der AWO B… und AWO H… für die dortigen Zivilbeschäftigten gleitende Arbeitszeit eingeführt wird und
    • bei der Festlegung der Dauer und Lage der Kernarbeitszeit, der Gleitspanne, der Kontrollbestimmungen sowie der Regelungen des Ausgleichs von Zeitguthaben und Zeitrückständen und
  • festzustellen, daß das Hauptquartier verpflichtet ist, an der Einrichtung einer Einigungsstelle mitzuwirken, die sich mit den obigen Fragen zu befassen hat.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag zu 1) als unbegründet, den Antrag zu 2) als unzulässig abgewiesen. Vor dem Landesarbeitsgericht hat die HBV ihre Anträge geändert und beantragt

  • festzustellen, daß die Einführung und Ausgestaltung von gleitender Arbeitszeit bei der AWO B… und AWO H… für die dortigen Zivilbeschäftigten dem Mitbestimmungsrecht der jeweiligen Betriebsvertretung und der HBV unterliegt,
  • festzustellen, daß das Hauptquartier verpflichtet ist, sofort nach Rechtskraft des Beschlusses, mit dem das Mitbestimmungsrecht bejaht wird, an der Errichtung einer Einigungsstelle, die sich mit der Einführung und Ausgestaltung gleitender Arbeitszeit zu befassen hat, unter Beachtung des Absatzes 6c des Unterzeichnungsprotokolls zu Art. 56 Abs. 9 des Zusatzabkommens mitzuwirken.

Das Hauptquartier hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Nach seiner Auffassung ist weder die Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage noch die Einführung der Gleitzeit mitbestimmungspflichtig.

Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, daß die Einführung und Ausgestaltung von gleitender Arbeitszeit bei der AWO B… und AWO H… für die dortigen Zivilbeschäftigten der Mitbestimmung der jeweiligen Betriebsvertretung unterliegt, und im übrigen die Anträge der HBV abgewiesen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Hauptquartiers, mit der es seinen Abweisungsantrag weiterverfolgt. Die HBV beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde des Hauptquartiers ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, daß die Einführung der gleitenden Arbeitszeit bei der AWO B… und der AWO H… der Mitbestimmung der dortigen Betriebsvertretungen unterliegt.

1. Zu entscheiden ist im Rechtsbeschwerdeverfahren nur noch über diese Feststellung des Landesarbeitsgerichts. Die weitergehenden Anträge der HBV hat das Landesarbeitsgericht abgewiesen. Dagegen hat die HBV Rechtsbeschwerde nicht eingelegt. Soweit das Landesarbeitsgericht den Antrag der HBV, daß auch dieser ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung der gleitenden Arbeitszeit in den genannten Dienststellen zusteht, nicht beschieden hat, hat die HBV eine Ergänzung der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts entsprechend § 321 ZPO nicht innerhalb der dort vorgesehenen Frist beantragt. Die Rechtshängigkeit dieses Antrages ist damit erloschen.

2. Die HBV ist berechtigt, im Beschlußverfahren vor den Arbeitsgerichten die Feststellung zu beantragen, daß den örtlichen Betriebsvertretungen bei der Einführung der gleitenden Arbeitszeit ein Mitbestimmungsrecht zusteht. Der Senat schließt sich insoweit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluß vom 4. April 1985 – 6 P 37.82 – PersV 1987, 155) an. In dieser Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, die Antragsbefugnis im Beschlußverfahren setze voraus, daß der Antragsteller eine personalvertretungsrechtliche Rechtsposition innehabe, deren Inhalt und Umfang er gerichtlich klären lassen und deren Beeinträchtigung er ebenso gerichtlich abwehren kann. Eine solche Rechtsposition stehe auch der Stufenvertretung zu, wenn das Mitbestimmungsrecht des örtlichen Personalrats erstmals bei der Beteiligung der Stufenvertretung im Stufenverfahren streitig geworden sei. Jedenfalls dann, wenn die Mitbestimmungspflichtigkeit einer Maßnahme erst im Stufenverfahren streitig werde, gehöre es nicht nur zur Aufgabe der Stufenvertretung, die Verhandlungen mit der Dienststelle, der sie zugeordnet ist, zu führen, sondern gegebenenfalls auch selbst eine gerichtliche Klärung der Streitfrage herbeizuführen. Das Bestreiten des Mitbestimmungsrechts im Stufenverfahren führe nicht dazu, daß der örtliche Personalrat das Beschlußverfahren einleiten müsse. Dies würde nicht nur prozeßökonomischen Gesichtspunkten widersprechen, es wäre auch mit dem Grundsatz unvereinbar, daß bei einer Bestätigung des Mitbestimmungsrechts im Beschlußverfahren das Verfahren der Mitbestimmung auf der Ebene fortzusetzen sei, auf der das Mitbestimmungsrecht streitig geworden sei.

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts entspricht der Rechtsprechung des Senats über die Antragsbefugnis im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren. Danach ist – von möglichen Ausnahmen bei einer Prozeßstandschaft abgesehen – antragsbefugt grundsätzlich jede Person und beteiligungsfähige Stelle, die ausweislich ihres Antrages ein eigenes Recht geltend macht, sowie diejenigen Personen und Stellen, denen das Betriebsverfassungs- und Unternehmensverfassungsrecht ausdrücklich ein Antragsrecht einräumt (vgl. zuletzt Beschluß des Senats vom 23. Februar 1988 – 1 ABR 75/86 – AP Nr. 9 zu § 81 ArbGG 1979).

Ein solches eigenes Recht steht auch den Stufenvertretungen im personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmungsverfahren zu. Die Stufenvertretungen entscheiden im Mitbestimmungsverfahren kraft eigenen Rechts über den Inhalt der mitbestimmten Regelung im Falle einer Einigung mit der übergeordneten Dienststelle, der sie zugeordnet sind, sowie im Falle einer Nichteinigung darüber, ob die nächsthöhere Dienststelle angerufen werden soll und ob bei Ablehnung des Antrages durch die oberste Dienststelle die Einigungsstelle anzurufen ist. Voraussetzung dieser eigenen Rechte ist lediglich, daß dem örtlichen Personalrat in der betreffenden Angelegenheit ein Mitbestimmungsrecht zusteht. Dementsprechend ist unter den Beteiligten auch nur das Mitbestimmungsrecht der örtlichen Betriebsvertretungen der AWO B… und der AWO H… streitig, nicht aber die Frage, ob bei Bejahung dieses Mitbestimmungsrechts die Hauptbetriebsvertretung – wie hier – nach Abschluß des Stufenverfahrens die Einigungsstelle anrufen kann.

Weitere Bedenken gegen die Zulässigkeit des Antrages der Hauptbetriebsvertretung bestehen nicht, dieser ist damit zulässig.

3. Der Antrag ist auch begründet. Die Rechte der Betriebsvertretungen der zivilen Arbeitskräfte bei einer Truppe bestimmen sich nach Art. 56 Abs. 9 Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut und nach dem Unterzeichnungsprotokoll zu Art. 56 Abs. 9 dieses Abkommens. Danach findet grundsätzlich das Bundespersonalvertretungsgesetz vom 15. März 1974 Anwendung. Hinsichtlich der im Bundespersonalvertretungsgesetz vorgesehenen Mitbestimmungsrechte bestimmt Abs. 6a des Unterzeichnungsprotokolls, daß das Mitbestimmungsrecht u.a. Anwendung findet “bei der Festlegung des Beginns und des Endes der täglichen Arbeitszeit und der Pausen”, soweit der Mitbestimmung im Einzelfall nicht zwingende Gründe der Erfüllung der Verteidigungspflichten der Truppe entgegen stehen.

Das Mitbestimmungsrecht bei der Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen umfaßt auch das Mitbestimmungsrecht für die Einführung einer gleitenden Arbeitszeit. Das entspricht für die Bestimmung in § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG, wonach Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage der Mitbestimmung des Personalrats unterliegt, der überwiegenden Auffassung im personalvertretungsrechtlichen Schrifttum (vgl. Altvater/Bacher/Sabottig/Schneider/Thiel, BPersVG, 2. Aufl., § 75 Rz 42; Dietz/Richardi, BPersVG, 2. Aufl., § 75 Rz 231 m.w.N.; Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, BPersVG, 6. Aufl., § 75 Rz 90 m.w.N.; Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, Stand Mai 1990, § 75 Rz 118; Meurer, Bundespersonalvertretungsrecht, S. 192; Nufer, Personalvertretungsrecht, S. 49; Söllner/Reinert, Personalvertretungsrecht, S. 190, die die Einführung der Gleitzeit als typisches Beispiel einer mitbestimmungspflichtigen Arbeitszeitregelung anführen; a.A. nur Fischer/Goeres, Personalvertretungsrecht des Bundes und der Länder, in Fürst, GKÖD, Bd. V, Stand Mai 1990, K § 75 Rz 77). Auch das Bundesverwaltungsgericht versteht die Einführung der gleitenden Arbeitszeit als eine Regelung über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage (Beschluß vom 23. Dezember 1982 – 6 P 36.79 – PersV 1983, 413), wenn es auch der Ansicht ist, daß dieses Mitbestimmungsrecht dann eingeschränkt sei, wenn die gleitende Arbeitszeit Auswirkungen auf andere Dienststellen habe (Beschluß vom 13. Dezember 1974 – 7 P 4.73 – PersV 1975, 178). Auch nach der mit § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG wörtlich übereinstimmenden Vorschrift des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG unterliegt die Einführung der gleitenden Arbeitszeit der Mitbestimmung des Betriebsrats (Beschluß des Senats vom 18. April 1989 – 1 ABR 3/88 – AP Nr. 33 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit).

Etwas anderes folgt entgegen der Ansicht des Hauptquartiers auch nicht daraus, daß Abs. 6a des Unterzeichnungsprotokolls anders als § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage nicht ausdrücklich als Gegenstand der Mitbestimmung der Betriebsvertretungen erwähnt. Der Wortlaut des Mitbestimmungstatbestandes hinsichtlich der Arbeitszeit in Abs. 6a des Unterzeichnungsprotokolls entspricht dem Wortlaut in § 67 Abs. 1a des Personalvertretungsgesetzes 1955, der wörtlich mit § 56 Abs. 1a BetrVG 1952 übereinstimmte. Bezüglich beider Bestimmungen bestand Übereinstimmung in Rechtsprechung und Schrifttum, daß dieses Mitbestimmungsrecht sich auch auf die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage bezog (Beschluß des Sechsten Senats vom 21. August 1979 – 6 ABR 77/77 – AP Nr. 4 zu Art. 56 ZA-Nato-Truppenstatut, mit weiteren Nachweisen). Geht man davon aus, so besteht kein Unterschied hinsichtlich der Reichweite des Mitbestimmungsrechts der Betriebsvertretungen nach Abs. 6a des Unterzeichnungsprotokolls und des Personalrats nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG.

Allerdings haben die Vertragsstaaten in der Vereinbarung zur Änderung des Unterzeichnungsprotokolls zum Zusatzabkommen vom 3. August 1959 zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantik-Vertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen vom 18. Mai 1981 – ratifiziert durch Gesetz vom 12. Mai 1982 (BGBl. II S. 530) – die Regelung über Mitbestimmungsrechte der Betriebsvertretungen in Abs. 6a des Unterzeichnungsprotokolls der Regelung in § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG nicht angepaßt, während für die Absätze 1, 2, 4, 5, 7 und 10 Änderungen ausdrücklich vereinbart worden sind. Ob dem zu entnehmen ist, daß den Betriebsvertretungen hinsichtlich der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage anders als nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG kein Mitbestimmungsrecht zusteht, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Die Beteiligten streiten nicht über die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage. In den Dienststellen der AWO B… und der AWO H… wird an fünf Tagen in der Woche gearbeitet. An dieser Regelung wollen die Betriebsvertretungen nichts ändern. Ihr Streit geht allein darum, ob die Arbeitszeit an den festgelegten fünf Wochentagen eine gleitende Arbeitszeit sein soll.

Diese Frage ist eine solche des Beginns und des Endes der täglichen Arbeitszeit und der Pausen, nicht aber eine Frage der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage. Auf die Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen erstreckt sich jedoch das Mitbestimmungsrecht der Betriebsvertretungen nach Abs. 6a des Unterzeichnungsprotokolls auch nach der Vereinbarung zur Änderung dieses Unterzeichnungsprotokolls vom 18. Mai 1981.

Danach haben die Betriebsvertretungen bei der AWO B… und der AWO H… ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung der gleitenden Arbeitszeit.

Daß diesem Mitbestimmungsrecht im Einzelfall zwingende Gründe der Erfüllung der Verteidigungspflichten der Truppe entgegenstehen können, schließt diese Feststellung nicht aus. Über das Vorliegen solcher Gründe entscheidet nach Abs. 6a des Unterzeichnungsprotokolls im Streitfalle das Hauptquartier durch schriftliche, dem Vorsitzenden der betreffenden Betriebsvertretung zuzustellende Erklärung. Bislang hat das Hauptquartier eine solche Erklärung nicht abgegeben. Sein Schreiben vom 9. November 1988 an die HBV enthält lediglich die Ankündigung, daß gegebenenfalls eine solche Erklärung abgegeben werde.

 

Unterschriften

Dr. Kissel, Matthes, Dr. Weller, Gnade, Dr. Giese

 

Fundstellen

Haufe-Index 840988

RdA 1990, 382

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