Abgesenkte Eingangsbesoldung Baden-Württembergs verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht hat eine baden-württembergische Besoldungsregelung für nichtig erklärt, die eine Absenkung der Beamten- und Richtergehälter für die ersten drei Jahre des Dienstverhältnisses in bestimmten Besoldungsgruppen vorsah.

Zur Begründung hat der Zweite Senat angeführt, dass Beamte nicht dazu verpflichtet sind, stärker als andere zur Konsolidierung öffentlicher Haushalte beizutragen.

Absenkung der Bezüge in bestimmten Besoldungsgruppen

Durch § 23 Abs. 1 des Landesbesoldungsgesetzes Baden-Württemberg (LBesGBW) vom 9.11.2010 in der Fassung des Art. 5 Nr. 1 des Haushaltsbegleitgesetzes 2013/14 vom 18.12.2012 wurden zwischen dem 1.1.2013 und dem 31.12.2017 unter anderem bei Richtern mit Anspruch auf Dienstbezüge aus der Besoldungsgruppe R 1 das Grundgehalt und etwaige Amtszulagen für die Dauer von drei Jahren nach Entstehen des Anspruchs um acht Prozent abgesenkt, nachdem zuvor bereits eine Absenkung um vier Prozent vorgesehen war.

Der Kläger des Ausgangsverfahrens ist seit dem Jahr 2013 – zunächst als Staatsanwalt, später als Richter – im Dienst des Landes Baden-Württemberg tätig. Er erhielt für drei Jahre eine um acht Prozent reduzierte Besoldung nach der Besoldungsgruppe R 1. Hiergegen erhob er nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe. Dieses hat das Ausgangsverfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 23 Abs. 1 LBesGBW in der entscheidungserheblichen Fassung mit Art. 33 Abs. 5 GG vereinbar ist.

BVerfG: Abgesenkte Besoldung ist verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht urteilte, § 23 LBesGBW verstoße gegen Art. 33 Abs. 5 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG.

Die Regelung weicht von der aus dem Alimentationsprinzip hergeleiteten Maßgabe ab, wonach die Besoldungshöhe nach innerdienstlichen, unmittelbar amtsbezogenen Kriterien zu bemessen ist, so das Gericht.

Die vorgelegte Regelung im LBesGBW verstößt nach Auffassung des Zweiten Senats außerdem gegen das Gebot der Besoldungsgleichheit aus Art. 33 Abs. 5 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG. Die Ungleichbehandlung liegt darin begründet, dass die Absenkungsmaßnahme nur einen Teil der Beamten- und Richterschaft trifft. Von der Regelung ausgenommen sind die Besoldungsgruppen bis einschließlich A 8, die Beförderungsämter in den höheren Besoldungsgruppen und die Besoldungsgruppen ab R 2 beziehungsweise W 2. Der Gleichheitssatz ist darüber hinaus dadurch beeinträchtigt, dass die Maßnahme nicht alle Stelleninhaber derselben Besoldungsgruppe betrifft. Namentlich bei Normerlass bereits im Dienst befindliche Beamte und Richter werden von der Norm nicht oder nur mit einer geringeren Absenkung erfasst. Es kommt also bei gleicher Ämterbewertung zu einer unterschiedlichen Besoldung der Stelleninhaber.

Einschränkung für Beamte nur in Ausnahmefällen möglich

Diese Beeinträchtigungen lassen sich nach Auffassung des BVerfG nicht durch sachliche Gründe rechtfertigen.

Eine Einschränkung des Grundsatzes der amtsangemessenen Alimentierung aus rein finanziellen Gründen kommt zur Bewältigung von Ausnahmesituationen nur in Betracht, wenn die Maßnahme Teil eines schlüssigen und umfassenden Konzepts der Haushaltskonsolidierung ist. Das notwendige Sparvolumen ist dabei gleichheitsgerecht zu erwirtschaften.  Ein solches Konzept setzt wenigstens die Definition eines angestrebten Sparziels sowie die nachvollziehbare Auswahl der zu dessen Erreichung erforderlichen Maßnahmen voraus. Diesen Anforderungen wird das Gesetz nicht gerecht.

Die Festlegung der Besoldungshöhe durch den Gesetzgeber ist zudem an die Einhaltung prozeduraler Anforderungen geknüpft. Trifft der Gesetzgeber zur Reduzierung der Staatsausgaben mehrere Maßnahmen in engem zeitlichem Zusammenhang, hat er sich mit den Gesamtwirkungen für die Beamtinnen und Beamten auseinanderzusetzen.

Schlüssiges Sparkonzept lag nicht vor

Vorliegend lassen sich den Gesetzgebungsmaterialien keinerlei konkrete Erwägungen insbesondere zur Ausgestaltung des § 23 LBesGBW sowie dazu entnehmen, welche wirtschaftliche Bedeutung die Norm für sich genommen und im Zusammenspiel mit weiteren Vorschriften für die betroffenen Beamten und Richter hat. Es findet sich etwa keine Angabe dazu, warum der Absenkungsbetrag für die schon vor der Änderung von der Norm erfassten Besoldungsgruppen gerade auf acht Prozent erhöht und somit verdoppelt wurde. Zu den Wechselwirkungen mit den weiteren im Gesetz vorgesehenen Sparmaßnahmen schweigt die Gesetzesbegründung vollständig.

(BVerfG, Beschluss v. 16.10.2018, 2 BvL 2/017)

Pressemitteilung BVerfG