Was die Wohnungswirtschaft braucht: Tatkraft statt Perfektion!

Deutschland zeigt sich von seiner umweltfreundlichen Seite, mit einem CO2-Ausstoß auf Rekordtief im Jahr 2023. Aber Achtung, Spoiler-Alarm – der Ausblick ist düster.
Im Update zu den aktuellen Regularien fühlte sich selbst der erfahrenste Immobilienexperte wie ein Neuling im Regelungsdschungel. GEG, Wärmeplanungsgesetz, WärmelieferV, Wachstumschancengesetz, Solarpaket I, EU-Gebäuderichtlinie EPBD – die Abkürzungen allein könnten eine eigene Sprache sein. Beruhigend: Auch Referentin Dr. Ingrid Vogler, die beim GdW die Abteilung Energie und Technik leitet und kompakt und kompetent Licht in das Regularien-Dickicht brachte, musste an einer Stelle zugeben: "Da kenne ich mich im Detail jetzt auch nicht aus."
Finanzierungsklippen und Wärmepumpen-Bauchlandungen
Die Herausforderungen für die Wohnungswirtschaft sind kein Spaziergang im Immobilienpark: Steigende Baukosten, Finanzierungsbedarf und sinkende Eigenkapitalquoten von teils unter 20 Prozent könnten zu Überschuldung und Handlungsunfähigkeit führen. Über allem strahlt das Ziel Klimaneutralität bis 2045, dessen Nicht-Erreichen hohe Folgekosten birgt.
Eine halb-gute Nachricht kam von Prof. Dr. Norbert Raschper von der iwb Immobilienwirtschaftliche Beratung GmbH: "Technische Lösungen für den Klimaschutz haben wir." Wieso halb-gut? – "… nur an den finanziellen Mitteln scheitert es", sagte er und spielte dabei auf die erforderlichen Baubudgets im drei- bis vierstelligen Bereich für einen Quadratmeter Bestandsmodernisierung an. Felix Lüter, Geschäftsführender Vorstand beim Verein Initiative Wohnen.2050, versuchte den Teilnehmenden Mut zu machen. Er betonte, die Transformation unserer Wirtschaft sei disruptiv – wie der erste Einbau einer Wärmepumpe, der vielleicht eine Bauchlandung werde, aber unverzichtbar für die Entwicklung einer guten Wärmeplanung sei.
ESG-Dreieck, Barrierefreiheit und viele Strategien
Wie schwer es ist, das Ziel der Klimaneutralität unter allen drei ESG-Kriterien zu vereinen, zeigten Stilian Poniros vom vbw Verband baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen, und Sören Gruhl von der Treuhandstelle für Wohnungsunternehmen in Bayern GmbH: Man mische die notwendige Dekarbonisierung des Bestands (E), die Schaffung und den Erhalt von bezahlbarem Wohnraum (S) und eine verantwortungsvolle Unternehmensführung (G) und erhalte, voilà, den Zielkonflikt im ESG-Dreieck.
Prof. Dipl.-Ing. Dietmar Walberg von der TH Lübeck brachte noch eine weitere Dimension ins Spiel: Neben der Balance zwischen der Dekarbonisierung des Bestands und erschwinglichem Wohnen für die Mieterinnen und Mieter sollte bei der Gebäudegestaltung auch auf Barrierefreiheit gesetzt werden: Denn 2045 sollen nicht nur die Immobilien klimaneutral sein, sondern auch die immer älter werdende Bevölkerung in barrierefrei und altersgerecht gestalteten Wohnungen leben.
Unklare Rahmenbedingungen, schwierige Kosten- und Finanzierungssituation hin oder her, die Veranstaltung zeigte einmal mehr, dass die Wohnungsunternehmen in die Puschen kommen müssen. Egal ob Portfoliostrategie, Klimastrategie, Sanierungsstrategie oder Wärmedämmstrategie – in so ziemlich jedem der neun Vorträge der zwei Veranstaltungstage kam das Wort Strategie vor. Ohne klugen Plan geht hier nichts. Ob mit einer Excel-Liste selbst errechnet, durch Unterstützung von Verbänden oder ausgelagert an Consulting-Firmen: Die Erstellung eines Klimapfades ist der erste Schritt auf dem Weg zum klimaneutralen Bestand.
Das sind alles keine Neuigkeiten, aber über die zwei Tage hinweg hat man doch häufig gemerkt: So langsam eilt es. Beziehungsweise – und das ist die letzte schlechte Nachricht – ist die Klimaneutralität des Gebäudebestands bis 2045 laut Professor Walberg ohnehin nicht mehr schaffbar. Maximal möglich sei eine Halbierung der Gebäudeemissionen.
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