3 Fragen an Dr. Thomas Nern

Die heißeste Kartoffel Deutschlands


Wohnungsbau: 3 Fragen an Dr. Thomas Nern

Konrad Adenauer verankerte den Wohnungsbau fest in der Bundespolitik. Seitdem verlor das Thema an Gewicht – und wurde wie eine heiße Kartoffel durch Ressorts gereicht und schrittweise zur Randnotiz. Ändert sich das jetzt? Drei Fragen an Dr. Thomas Nern, Professor an der HAWK Holzminden.

Das Bundeskabinett hat unlängst das Gesetz für den schnelleren Wohnungsbau beschlossen. Damit kann der Bund zwar den Rahmen verbessern, hat jedoch nicht die großen Möglichkeiten, selbst einzugreifen, oder?

Dr. Thomas Nern: Das ist eine grundlegende und wichtige Fragestellung. Es ist immer interessant, wenn der Bund "Bauen, bauen, bauen" und "Die Bagger müssen rollen" fordert, gleichwohl der Bund ja überhaupt nicht selbst baut. Da stellt sich die Grundsatzfrage: Wie meint der Bund das? Und wenn dann noch diese drei "T" der neuen Bauministerin Verena Hubertz dazukommen – Tempo, Toleranz und Technologie –, ergibt das zwar ein Leitbild, einen Leitcharakter für die Richtung, in die es gehen soll.

Es bedarf mehr als der Idee und der Theorie, dass jetzt mehr gebaut werden soll: Es braucht Überzeugung, es braucht wieder Vertrauen in den Markt, dass sich das Bauen von Wohnungen für die Gesellschaft wie auch für den Einzelnen lohnt. Und da hatte ich in den vergangenen Jahren meine Befürchtung, dass genau das verloren gegangen ist.

Die komplete L'Immo Folge mit Gastgeber Dirk Labusch und Dr. Thomas Nern

"Die Wohnungsbaulandschaft ist extrem komplex"

Sie spielen an auf das Thema Förderpolitik an?

Ja, genau. Ich spreche vom Thema politischer Einflussnahme in den Bereichen Bauen und insbesondere Wohnen. Ich spreche von den Erschwernissen, mit denen diejenigen in den vergangenen Jahren konfrontiert wurden, die am Wohnungsbau und an einer entsprechenden Führungsrolle interessiert sind. Die Wohnungsbaulandschaft ist extrem komplex – dabei geht es nicht nur um den frei finanzierten Wohnungsbau, sondern auch um den geförderten.

Im geförderten Wohnungsbau ist sehr viel Verunsicherung in den Markt gekommen. Investitionen werden aufgeschoben, sie werden zurückgehalten. Und dabei geht es mir gar nicht in erster Linie um das Thema Bürokratie, sondern um das Grundgefühl: Kann ich eine Entscheidung, die ich heute treffe und die Auswirkungen für die nächsten 30 Jahre hat, überhaupt noch positiv bewerten?

"Wenn Wohnen durch die Ressorts gereicht wird…"

Was können Regierungen machen, um da um da Vertrauen wieder zu festigen, vor dem Hintergrund, dass eine Legislatur gerade mal vier Jahre dauert?

Genau das ist das Problem: die fehlende Konstanz. Schauen wir einmal darauf, wo das Thema Wohnen politisch verankert war. 1949 bis 1953 gab es unter Kanzler Konrad Adenauer ein eigenes Wohnungsbauministerium – eine klare Orientierung, weil Wohnen nach dem Krieg als soziales Gut verstanden wurde. In den vergangenen 25 Jahren ist der Begriff "Wohnen" immer wieder verschwunden.

Unter Gerhard Schröder war er immerhin noch im Verkehrsministerium verankert, später wurde das Thema zur Randnotiz. Von 2005 bis 2021 war "Wohnen" gar kein eigenständiger Ressortbestandteil mehr, sondern nur ein Anhängsel unter anderen Bereichen wie Raumordnung und Stadtentwicklung. Erst mit Klara Geywitz kam das eigene Bauministerium zurück.

Das kann schon eine Antwort sein: Wenn "Wohnen" wie eine heiße Kartoffel durch die Ressorts gereicht wird, leidet auch die Dimension des Themas – und das Vertrauen der Menschen.

Das ist ein bearbeiteter Ausschnitt aus dem L’Immo‑Podcast mit Dr. Thomas Nern. Warum der Sozialwohnungsbau immer mehr Investoren anzieht, lesen Sie im Beitrag "Raus aus der Schmuddeldecke" in der neuen Ausgabe 03/25 der Immobilienwirtschaft.


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